Historische Blätter 7. (1937)
Lothar Gross: Ein kassiertes Privileg Kaiser Leopolds I.
seigneur et propriétaire“ und „en tout droit de regale“ besitzen. Am 30. November 1670 nahm Karl Y. zu Kostheim bei Mainz diese Verfügungen seines Oheims an und versprach, sobald er in den tatsächlichen Besitz von Lothringen gelangt sein werde, dem Prinzen von Vaudémont und der Tochter Karls IV. Anna von Lillebonne, die einige Herrschaften als Apanage erhalten hatte, alle von ihnen geforderten Bestätigungsurkunden darüber auszustellen. Karl Heinrich von Vaudémont, dem diese Zusicherungen noch nicht ausreichend scheinen mochten, wußte dann durch Vermittlung des ihm nahestehenden kaiserlichen Reichshofrats und Obersten Otto Heinrich Carretto Marchese di Grana zu erreichen, daß Karl V. am 7. Januar 1675 zu Bonn mit ihm einen in fünf Artikel gegliederten Vertrag schloß, der eine förmliche Bestätigung der Vaudémont von Karl IV. in den verschiedenen Urkunden überlassenen Gebiete mit der ausdrücklichen Zusicherung der Souveränität, wie sie bisher den Herzogen von Lothringen zugestanden hatte, enthielt. Im letzten Artikel wurde vereinbart, die Bestätigung dieses Vertrages, den Karl Heinrich am 17. August 1675 zu Brüssel ratifizierte, durch den Kaiser zu erwirken. Nach dem am 18. September 1675 erfolgten Tode Karls IV. bemühte sich dessen Sohn sogleich, die Ratifikation des Bonner Vertrags von Karl V. in seiner nunmehrigen Eigenschaft als Herzog von Lothringen zu erlangen und dessen Zustimmung zur Einholung der Bestätigung durch den Kaiser zu erwirken. Karl V. verweigerte jedoch beides. Er erklärte, seinem Vetter sehr gerne eine entsprechende Apanage zusichern zu wollen, aber die dauernde Gebietsabtretung und die Bildung eines eigenen souveränen Staates lehnte er als mit dem Wohl Lothringens unvereinbar rundweg ab und erklärte sich durch seine früheren Versprechungen, zu denen er nicht berechtigt gewesen sei, nicht für gebunden. Nach dieser entschiedenen Ablehnung unternahm Karl Heinrich keine direkten Schritte mehr, um Karl V. zur Anerkennung seiner Ansprüche zu bewegen. Da ganz Lothringen in der Hand der Franzosen war, hatte die Sache zunächst keine praktische Bedeutung und es schien, als hätte sich der Prinz mit seiner Lage abgefunden. Erst siebzehn Jahre später, als Karl V. bereits tot war, mußte sich dessen Witwe Eleonore, Schwester Kaiser Leopolds I. und Witwe des Königs Michael von Polen, die für ihren Sohn Leopold die vormundschaftliehe Regierung führte, überzeugen, daß der Prinz von Vaudémont nicht verzichtet hatte und daß er'vielmehr versucht hatte, auf krummen Wegen zu seinem Ziel zu gelangen. Ein Titelstreit rollte die ganze Frage von neuem auf. Als 1692 der Herzog von Elboeuf, der Vater der Prinzessin von Vaudémont, gestorben war, beschwerte sich diese, daß ihr in dem offiziellen Beileidschreiben der Königin Eleonore nicht der 48