Historische Blätter 7. (1937)

Paul Kletler: Karl der Grosse und die Grundlegung der deutschen Kultur

und das schließlich trotz aller Zersplitterung der späteren Jahrhunderte in alle Zukunft weiterlebt! Wir kommen nun zur kulturellen Seite des Werkes Karls des Großen. Er hat Sachsen christianisiert und damit dem letzten Hort deutschen Heidentums den Todesstoß gegeben. Er hat bei allen übrigen Stämmen und'Völkern seines'Reichs das Christentum gefördert, Synoden einberufen und geleitet, über die Reinheit des Glaubens gewacht. Seine Münzen tragen die Aufschrift „Christiana religio“. Wenn daher auch bei seinem Regierungsantritte bereits alle deutschen Stämme außer den Sachsen christlich waren, so ist es doch gerechtfertigt, ja geboten, wenn man über Karl den Großen spricht, die Weltfrage „Christentum—Germanentum“ zu erörtern. Karls Verantwortung wird von vornherein dadurch verringert, daß der „christliche“ Weg der Frauken seit Chlodwig und Kg. Pippin festgelegt war und im besonderen auch die Christianisierung der Sachsen, wie wir sahen, unabwendbar schien; es handelte sich nur darum, welche Folgen für die politischen Machtverhältnisse aus ihr erwachsen sollten. Nebeneinander arbeiteten die angelsächsische und die fränkische Mission. Es bestand die Gefahr, daß die Angelsachsen den Franken mit der Christianisierung der Sachsen zuvorkämen. Das aber war — wenn wir zunächst von der kulturellen Seite ganz absehen — eine politische Frage von größter Bedeutung. Seit Karlmann und Pippin war die Bekehrung mit der Unterwerfung, also mit machtpolitischer Eroberung verknüpft. Ja, die Franken waren in dieser Hinsicht nur sich selbst treu geblieben: Bei der Landnahme rotteten die salischen Franken in Flandern das Christentum aus, weil es als Eigenheit des romanischen Volkstums ihre Eroberungen gefährdete 19 — dreihundert Jahre später zwang Karl der Große, erfüllt von demselben alt­fränkischen rücksichtslosen Eroberungswillen, den Sachsen das Christentum auf, weil es seine Eroberungen endgültig sicherte. Die Religion war hier nur Mittel zum Zweck, sie leistete der weltlichen Machtpolitik gute Dienste. Aber die Christianisierung der Sachsen — wie der Germanen überhaupt — war auch noch aus einem anderen, negativen Grunde auf die Dauer kaum zu verhindern. Die altgermanische Religion befand sich bereits im Niedergang. Mag man als Beweis hiefür den Zweifel an der Macht der alten Götter, den der Glaube an ein unausweichliches, Götter wie Menschen beherrschendes Schicksal verrät20, für die deutschen 18 18 Gamill8cheg 1. c. I, 46. 20 Vgl. A. Dörries, Germanische Religion und Sachsenbekehrung, (1934), 19 ff. und Hanns Rückert, Die Christianisierung der Germanen, 1932 (Sammlung gemeinverständ­licher Vorträge u. Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte, 160), 18­13

Next

/
Thumbnails
Contents