Historische Blätter 5. (1932)

Georg Wittrock: Gorčakow, Ignatiew und Šuwalow

ist der Kanzler nicht überzeugt, daß die Politik „abdiziert“ habe, die für Rußland einen diplomatischen, nicht aber einen kriegerischen Erfolg er­strebe, denn trotz der Not der Serben sprechen die Telegramme nicht von Krieg, sondern nur von Mobilisierung einesTeiles der kaiserlichen Streitkräfte. Hi * * Wir haben nunmehr fast die Zeit der berühmten Rede Kaiser Alexanders an den Adel und die Stadtverwaltung Moskaus erreicht, die die Erlangung „reeller Garantien“ für die geforderte Verbesserung der Stellung der Christen im Reiche des Sultans zu einer Sache machte, in der es sich um die Ehre Rußlands handelte. („Je désire beaucoup que nous puissions arriver ä une entente générale. Mais si cet accord n’a pas lieu et si je vois que nous n’obtenons pas des garanties réelles de l’exécution de ce que nous sommes en droit d’exiger de la Porte, j’ai la ferme intention d’agir seul et je suis certain que dans ce cas la Russie entiére répondra ä mon appel lorsque je le jugerai nécessaire et que l’honneur du pays l’exigera.“ Übersetzung der Rede vom 29. Oktober/10. November 1876 in „Journal de Saint-Pétersbourg4S.) Es ist notwendig, für einen Augenblick ein paar Monate zurückzugehen, da wir jetzt die wachsende Spannung und den Wechsel der russischen Staatskunst von österreichi­scher Seite aus beleuchten wollen. Die russischen Sympathien Baron Langenaus zeigen sich in seinen Urteilen über England, dessen Politik er, nach seiner Weigerung, dem Berliner Memorandum beizutreten, nur theoretisch friedlich nennt, in der starken Hervorhebung der durch den serbischen Friedensbruch ver­ursachten Gefahren und in seinem eifrigen Verlangen, daß man, auch zum eigenen Besten Österreich-Ungarns, alles tun solle, um dem Kabi­nette von Sankt Petersburg einen Ausweg aus den Schwierigkeiten zu bereiten, die die Verlängerung des Kampfes durch ihre Wirkung auf die öffentliche Meinung schaffen müsse48 49. Es ist darum wertvoll, seine Auffassungen mit denen eines unabhängigen Zeugen vergleichen zu können. Petersburg wurde im August von einer österreichischen Militär­mission mit dem Generalmajor Ludwig Windischgrätz an der Spitze be­sucht. Sowohl der Fürst wie die ihn begleitenden Stabsoffiziere machten Langenau zufolge den besten Eindruck und hinterließen die beste Erinne­48 Ein Ausschnitt findet sich in dem Briefe des Geschäftsträgers Ritter von Mayr an Andrássy St. Petersburg 31. OM./12. Nov. 1876. Wien. 49 Langenau an Andrássy 23. Juni/5. Juli, 4./16. Aug. 1876. Wien. 94

Next

/
Thumbnails
Contents