Historische Blätter 5. (1932)
Ferdinand Bilger: Karl Albert von Sardinien und General Thurn
duziert, in welchem dieser von seiner Reise in die Verbannung fragmentarisch erzählt, er sei bestrebt gewesen, jede Berührung mit den österreichischen Offizieren zu vermeiden („d’éviter tout rapport avec les offi- ciers autrichiens“ 7). Wichtiger und mit der eben gehörten Äußerung sogleich in gewissem Widerspruch ist das Zeugnis des Carabinieri- Majors Ceva, welcher am 27. März 1849 von Nizza aus an seinen Freund Michelangelo Castelli schrieb, daß der König eben die genannte Stadt passiert und mit dem Grafen Santarosa und dem General Olivieri lange über das Schicksal des Krieges gesprochen habe: Der König schien ruhig, er hatte fünf Stunden inmitten der feindlichen Armee zugebracht, ohne im mindesten erkannt worden zu sein, sich mit Generalen und anderen Offizieren unterhalten, bis ihm ein Paß ausgestellt wurde, mit dem er das österreichische Heer „traversierte“ 8. Schon hier erscheint das Zeugnis Gamalleros erschüttert. Es bricht vollständig zusammen, wenn wir den Bericht des Grafen Cibrario über die Fahrt des Königs in seine Verbannung lesen. Cibrario war einer der Vertrauten Karl Alberts gewesen und diesem im Jahre 1849 nach Oporto in das Exil gefolgt, um ihn, wenn auch ohne Erfolg, zur Rückkehr nach Turin zu bewegen. Die Erinnerungen an diese Mission in Portugal hatte er 1850 niedergeschrieben und ihnen 1861 seine „Nachrichten über das Leben Karl Alberts“ folgen lassen. Wenige Jahre später, 1868, war er dem österreichischen Historiker Alfred von Arneth in Mailand als Unterhändler begegnet — über die Auslieferung venezianischer Kunst- und Archivschätze — und Arneth hatte dabei von dem gelehrten Grafen den Eindruck eines klugen, geistig gewandten, etwas behäbigen Mannes empfangen, dessen vorsichtiger und überlegter Rede man es ansah, daß er lange Zeit am Hofe gelebt habe. Ich fasse aus dem Berichte Cibrarios, der in wichtigen Punkten mit Schönhals übereinstimmt, das sachlich Belangvolle heraus 9. 7 Mitgeteilt von A. Luzio in „Studi e bozzetti di storia letteraria e politica“ (Mailand 1910), Vol. II, S. 128, Anm. 1 (Radetzky-Biographie). 8 Carteggio politico di Michelangelo Castelli I, 30. Vgl. dazu A. Luzio a. a. O. 9 Mitgeteilt von A. Luzio a. a. O., S. 129 f. — Luzio führt die Quelle leider nicht genau an, sagt bloß: „Finisco riportando da un libro raro del Cibrario su Carlo Alberto il capitolo III, che tratta appunto del viaggio del Re da Novara a Oporto“ und bringt dann den Bericht Cibrarios in extenso. Es ist mir gegenwärtig leider nicht möglich, festzustellen, welcher der Schriften Cibrarios die Stelle entnommen ist. Es kommen hiefür drei Publikationen in Betracht: 1. Ricordi di una missione in Portogallo al re Carlo Alberto. — Torino 1850. 2. Notizie sulla vita di Carlo Alberto. — Torino 1861. 3. La vie e la mort de Ch. Albert (zitiert bei Carlo Tivaroni, Storia del Risorgimento Italiano). — Zur Begegnung Arneths mit dem Grafen Cibrario siehe A. R. v. Arneth, Aus meinem Leben, Bd. 2, S. 210 ff. 7