Historische Blätter 5. (1932)

Ferdinand Bilger: Karl Albert von Sardinien und General Thurn

punkt der entscheidende in unserem Kriegsarchive geworden ist, eine Ehrenpflicht des österreichischen Historikers, den wahren Sachverhalt mit aller Sorgfalt ergründen zu helfen. Warum war bei der Durch­forschung der Feldakten damals im Jahre 1909 nichts gefunden worden? Der Grund lag, wenn man von dem Gedanken einer gewollten Unauf­findbarkeit absieht, darin, daß man nur die Akten bis zum 25. März 1849 aushob. Der Bericht Thurns aber über die Begegnung mit dem Conte di Barge ist erst vom 27. März. Wir werden noch sehen, weshalb dieser so wichtige Bericht erst vier Tage nach dem Ereignisse von dem Korpskommandanten an den Feldmarschall erstattet wurde. Zunächst möge die Meldung in ihrem vollen Wortlaute die weitere Untersuchung einleiten. Sie ist datiert „Corpsquartier Novara am 27. März 1849“, trägt die Nummer 506 Adjutantur des 4. Armee Corps-Commando, ist an Radetzky gerichtet und am 28. März unter Nr. 740/op. von Feldmarschall­leutnant Hess unter die Akten des Hauptquartiers aufgenommen. Ge­neral Thurn meldete: „Als ich mich in der Nacht vom 23. auf den 24. d. Mts. in einem Maierhofe beiläufig auf 1200 Schritte von Novara auf der Straße von Vercelli dahin befand, kam gegen 3 Uhr morgens eine elegante Equi­page mit 4 Postpferden daselbst an, welche von den Vorposten ange­halten, dahin geführt worden war. Da ich eben ruhte, ward mir erst gegen 5 Uhr früh davon Kunde. Der Reisende, welcher aus dem Wagen ausgestiegen zu mir kam, war ein sehr großer etwas gebückt gehender Mann blassen Angesichts, hoher Stirne und mit wenigen Seiten-Haaren. Er gab sich mir als einen Grafen De Bars zu erkennen und sagte, er wäre piemontesischer Oberst gewesen, und habe in dieser Nacht seine Demission gegeben. Er fügte bei, wir hätten die Schlacht vollkommen gewonnen — der König Karl Albert habe zu Gunsten des Herzogs von Savoyen abdiziert, und er selbst wünsche sich nach Nizza zu begeben, und seine Reise nach Vercelli fortsetzen zu können. Ich erwiderte ihm, daß dies nicht wohl in diesem Augenblicke angehe, und er die nahe Entwicklung der Ereignisse einstweilen bei mir abwarten möge, indem ich die Befehle des Feldmarschalls in seiner Beziehung einholen wolle. Der Maierhof, in welchem ich mich befand, war von den Piemon- tesen ganz geplündert worden; der beste Aufenthalt war eine schlechte Küche mit gebrochenem Mobilár. Ich lud ihn ein sich zum Feuer zu setzen, was er, so wie auch etwas Kaffee annahm. Ich benützte diese Gelegenheit ihn über die Örtlichkeit und die Um­gebung von Novara — die Umfassung Bastions u. dgl. — auszufragen, was er mir, wie ich mich später überzeugte, auch richtig beantwortete. ll

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