Historische Blätter 5. (1932)

Georg Wittrock: Gorčakow, Ignatiew und Šuwalow

Für die deutsche Regierung, die von beiden Seiten von dem Inhalt der Konvention Kenntnis erhielt, war ihr Abschluß eine große Erleichte­rung. Die neulich noch so drohende Gefahr eines Konfliktes zwischen den beiden Nachbarn und Freunden konnte jetzt als beseitigt gelten, und der Reichskanzler ließ seinem Kollegen an der Donau seine lebhafte Zufriedenheit bezeugen. Aus den Äußerungen Oubrils hatte er überdies den Eindruck bekommen, daß die russische Regierung überhaupt, je näher die Entscheidung heranrückte, um so weniger das Ergreifen der Waffen willkommen heiße. Oubril, läßt er sagen, erkläre offen, daß die militärischen Vorbereitungen noch nicht fertig seien und daß Rußland wenigstens einen Aufschub von einigen Monaten wünschen müsse. Auch Nachrichten von anderen Seiten gäben zu verstehen, daß die Kriegslust, besonders in militärischen Kreisen, immer mehr der Ansicht weiche, daß Rußland durch die schwankende und oft widerspruchsvolle Leitung seiner orientalischen Politik vor eine Aufgabe gestellt sei, die die Kräfte des Landes immer noch übersteige. Auch in Betracht der Haltung Eng­lands dürfe Gorcakow sich der Einsicht kaum verschließen, daß eine einigermaßen ehrenvolle, friedliche Lösung sowohl für die Behauptung seiner eigenen Stellung wie für die Interessen des Zarenreiches das Erwünschteste sei 63. Fürst Bismarck sah doch ein, daß die Ereignisse am Bosporus eine entscheidende Wirkung ausüben müßten, und die Friedensaussichten verfinsterten sich, als der Sultan, wahrscheinlich durch Beaconsfield und k e i t e n, I S. 354, 369. Vgl. die günstige Einstellung Nowikows zu der Politik Andrássys bei Goriainow. Le Bosphore et les Dardanelles, S. 323f. 332, 351 f. (l:i B. v. Bülow an den Gesandten in Wien Graf Stolberg 1. Jan. 1877 (Tele­grammkonzept), Stolberg an Bülow Wien 2. Jan. (entziffertes Telegramm), Bülow an Stolberg Berlin 3. Jan. (Konzept). Berlin. In Historisk Tidskrift 1931, S. 399 ff., als Anlage 10 a—c abgedruckt. — Alexander II. an Wilhelm I. St. Petersburg 15./27. Dez. 1876 (Abschrift): „Malgré quelques nuances d’appré ciation, qui ne sont pas sans importance, j'ai aecepté le projet de Convention. J’ai voulu surtout constater l’entente des deux Gouvernements en presence des graves éventualités de l’avenir et consolider ainsi edle des trois Empereurs, oil je continue ä voir le gage de la paix du monde.“ Wilhelm I. an Alexander II. Berlin 13. Jan. 1877: „Je continuerai ä unir mes efforts aux Vötres dans ce sens [c: la paix de l’Europej et mon gouvernement s’empressera de consentir ä toutes les decisions sur lesquelles tomberont d’accord les cabinets qui se trouvent plus directement intéressés ä la solution des difficultés aduelles en Orient.“ (Rein­konzept; außerdem finden sich zwei frühere mit Bleistiftverbesserungen von der Hand Bismarcks und ein erster Inhaltsentwurf in deutscher Sprache.) Berlin. 102

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