Historische Blaetter 3. (1921-1922)

Heinrich R. v. Srbik: Die deutsche Einheitsfrage in der Frankfurter Nationalversammlung

union, eine Rechtsminderung der österreichischen Fremdvölker, die dauernd undurchführbar war. Dieser Plan war verurteilt, Papier zu bleiben. Eine alte Großmacht fügt sich nur unter dem äußersten Zwange solchem Schicksale. Der Rheinländer Beckerath hat im Jänner 1849 als Reichsminister mit Recht gesagt: „Jeder organische Körperbau kann nur einen Schwerpunkt haben; es ist nicht denkbar, daß die deutschösterreichischen Länder zugleich nach dem Zentral­punkte der österreichischen Regierung und zugleich nach dem Zentral­punkte der deutschen Regierung gravitieren. Das erstere will Öster­reich, es kann also das letztere nicht wollen; Österreich will daher nur einen Staatenbund, nicht aber einen Bundesstaat für Deutschland. Das aber ist für Deutschland unmöglich, das deutsche Volk will ein selbständiges Bestehen und selbständige Lebensäußerung. Das .Warten auf Österreich ist das Sterben der deutschen Einheit.“ Angesichts der Ablehnung der Personalunion durch das Ministerium Schwarzenberg hat dann zu Beginn des Jahres 1849 G i s k r a den Stremayrschen Plan wieder aufgenommen und den Notwendigkeiten Österreichs mehr anzupassen gesucht. Die vier Ländergruppen Öster­reichs haben nun nicht lediglich den Monarchen gemeinsam, ihre vier Volksvertretungen sind1 nicht nur durch Delegationen zu einem Reichs­rate föderativ verbunden, sondern auch die Zentralverwaltung für Heer, Finanzen und Äußeres ist ihnen gemeinsam und einem Zentralmini­sterium zugewiesen. Die Personalunion, die schon Stremayr „innig“ ge­stalten wollte, ist hier zur engeren Realunion verdichtet, zum legislativen Einheitsbande tritt das administrative hinzu. Den deutschen Provinzen Österreichs ist eine Doppelstellung zugedacht, da sie als Gliedstaat des deutschen Bundesstaates in Bundessachen der Zentralgewalt, dem Direktorium unterstehen; eine „Unions“akte verbindet die nichtdeut­schen Teile Österreichs mit den deutschösterreichischen Ländern, über­dies soll ein Staatenbundverhältnis zwischen den fremdvölkischen drei Vierteln Österreichs und Deutschland, dem das vierte Viertel ange­hört, geschlossen werden. Die lebensunmöglichen Konstruktionen Stre- mayrs sind hier teils wiederholt, teils überboten: die schweren Wider­sprüche, die sich nüs dem Rechtsverhältnis der deutschen zentral- gesetzgebenden Gewalt, der deutschösterreichischen Volksvertretung und des gesamtösterreichischen Roichsrates, dann der deutschen bundes­staatlichen Direktorialröglerung und der österreichischen Zentralre­gierung ergeben hätten, wären angesichts der engeren staatsrechtlichen Verbindung der vier österreichischen Ländergruppen noch größer ge­wesen als im Falle der bloßen Personalunion. Die Kompliziertheit und Kreuzung der von den Großdeutsch'en ge­*

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