Historische Blaetter 3. (1921-1922)
A. F. Pribram: Milan IV. von Serbien und die Geheimverträge Österreich-Ungarns mit Serbien 1881-1889
ten (Art. I). Das wechselseitige Versprechen, politische, religiöse oder anderweitige Umtriebe gegen den Bundesgenossen nicht zu dulden, wird erneuert; Österreich-Ungarn übernimmt jedoch1 jetzt speziell die Verpflichtung, wenn nötig mit bewaffneter Macht, feindlichen Unternehmungen Montenegros gegen Serbien und die dort herrschende Dynastie entgegenzutreten und die Türkei zu einem gleichfen Vorgehen zu bestimmen (Art. II). Die Abmachungen über eine eventuelle Gebietserweiterung Serbiens werden erneuert und dahin ergänzt, „daß diese Ausdehnung sich in der Richtung des Wardartales, soweit es die Umstände gestatten sollen, erstrecken könne“ (Art. IV). Schließlich wird den Serben eine zu ihrem Vorteile gereichende Abänderung des geltenden Handelsvertrages in Aufsicht gestellt (Art. V). Die Verhandlungen, die diesen Verträgen vorangegangen sind, werden im zweiten Bande der „Politischen Geheimverträge“ eingehfend geschildert werden. Die nachfolgenden Erörterungen bezwecken nur, die höchst merkwürdige Haltung zu charakterisieren, die Milan IV. persönlich1 beim Abschlüsse dieser Verträge und in dieser Epoche der österreichisch-ungarisch-serbischen Beziehungen überhaupt eingenommen hat. I. Über die Gründe, die Milan veranlaßt haben, die russophile Richtung, in der sich die serbische auswärtige Politik seit seiner Thronbesteigung bewegt hatte, zu verlassen und ein inniges, freundschaftliches Verhältnis zur Donaumonarchie anzubahnen, obgleich diese durch die Okkupation Bosniens und der Herzegowina der großserbischen Idee den empfindlichsten Schlag versetzt hat, hat er sich in einem Schreiben vom 2. Oktober 1881 an den österreichisch-ungarischen Minister des Äußeren, Baron Haymerle, eingehend geäußert.1 Tiefe Abneigung gegen den „großen Bruder im Norden“, der Serbien seit dem Frieden von San Stefano im Stiche gelassen, die wesentliche Unterstützung, die es ihm im Kriege gegen die Türkei geleistet, mit Undank gelohht habe, indem er es um die erhoffte Siegesbeute betrog und es auf dem Berliner Kongreß zurückstieß; Haß und Eifersucht gegen Bulgarien, das neue Schoßkind der russischen Politiker, und Furcht vor weitgehenden, den Serben gefährlichen Aspirationen diestes ehrgeizigen Volkes; die Meinung, daß eine Annäherung der Serben an die Rumänen nur mit unerträglichen Opfern seitens der ersteren zu erreichen wäre; daß Griechenland und Montenegro die feindselige Hal1 Eigenhändiges Schreiben Milans d. d. Belgrad 20. September/2. Oktober 1881. St.-A. (Geheimakten V, Serbien.)