Historische Blaetter 2. (1921)

Eduard v. Wertheimer: Neues zur Orientpolitik des Grafen Andrássy (1876-1877)

Franz Josef, die russischen Pläne abzulehnen. Die Mission Sumarokows erlitt einen vollständigen Mißerfolg1. Kurz nach diesem Ereignisse äußerte Andrássy zu dem1 sich im November 1876 in Wien auf Ur­laub befindlichen Gesandten Freiherrn v. Langenau: er werde nie eine Politik gegen Rußland befolgen, wie die des Grafen Buol im Jahre 1854 gewesen. Als aber der Minister des Äußern hieran die geheimnisvolle Bemerkung knüpfte: „Wenn ich schon belle, beiße ich fast lieber,“ dünkten Langenau diese Worte ein wenig tröstliches Symptom für die Zukunft zu enthalten. Den Petersburger Gesandten beruhigten jedoch rasch die von ihm wahrgenommenen wohlwollenden Gesinnungen des Kaisers und Andrássys für den Zarenhof, insbeson­dere als ihm der Leiter der österreichisch-ungarischen Politik ver­sichert hatte: er sei bereit, bis an die äußerste Grenze des Möglichen mit Rußland zu gehen2. Zu diesem Entgegenkommen bewog An­drássy in erster Reihe die Erwägung, daß ein Zusammengehen mit Rußland die Garantie der Erhaltung des europäischen Friedens ver­bürge, während das Gegenteil unbedingt den Beginn des europäischen Krieges bedeute. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, glaubte er sich, gerade wegen Sicherung des allgemeinen Friedens, gegenüber den russischen Anschauungen zu mannigfachen Konzessionen ver­pflichtet 3. Andrássy hegte keinen Zweifel darüber, daß Rußland eä nicht bei einer Ablehnung seiner Anträge bewenden lassen, sondern zu einer neuen Aktion schreiten werde, um seine Absichten auf einem anderen Wege durchzusetzen. Er hielt es daher für nötig, sich mit Bismarck ins Einvernehmen zu setzen, um dessen Ansichten über die Lage kennen zu lernen. Deshalb wurde fast unmittelbar nach Empfang des ersten, durch Graf Sumarokow-Elston erhaltenen Schreibens Alexan­ders II. und nach erfolgter Antwort Kaiser Franz Josefs vom 3. Ok­tober Baron Münch in geheimer Mission zu dem damals in Varzin weilenden deutschen Reichskanzler gesandt. Beide Schreiben — das Alexanders vom 23. September und Franz Josefs vom 3. Oktober — wurden ihm zur Mitteilung an den Reichskanzler mit auf den Weg gegeben. Sie hatten die Grundlage der Besprechungen zu bilden. Baron Münch fand Bismarck wegen eines Anfalles von Hüftenweh ans Krankenzimmer gefesselt. Er traf ihn gerade bei Einnahme der Afahlypdf an dpr tnil'znnnlimnn nr \rrm Ricm-inrnlr oinimlarlnn wnrrlp 1 Siehe „Graf Andrássy“, II. Band, 13. Kapitel: „Die Mission des Grafen Sunia- rokow-Elston.“ * Langenau, Mein Wirken usw. W. St. A. 3 \ n rl i» n nnTT nn D Anni \\71 nn Q Tnli t Q*7ß TLidnm

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