Historische Blaetter 2. (1921)
Berthold Molden: Das Schicksal der Deutschen und der Weltkrieg
Türken, die Ungläubigen, vorstellte, so konnte man ihn doch auch zum Krieg gegen den Deutschen begeistern, allerdings erst, nachdem eine jahrelange deutschfeindliche Propaganda vorangegangen war. Der Panslawismus, die zweite große Nationalströmung, war nicht in dem Sinne volkstümlich wie die durchaus religiös gerichtete türkenfeindliche, und man suchte sie volkstümlich erst zu machen, indem man auch ihr eine religiöse Färbung verlieh. Aber der Panslawismus war seit lange populär in einem großen Teile der Intelligenz; er beschäftigte die Phantasie, er eröffnete weite Horizonte, man konnte ihm in Gedichten, Büchern, Artikeln und unendlichen Gesprächen einen großartigen Inhalt geben. Die Regierenden haben sich des Panslawismus lange Zeit nur bedient; noch Ignatiew hat ihn in diesem Sinne behandelt, und Iswolski stand ihm innerlich fern bis zu seinem Mißgeschick in der bosnischen Angelegenheit. Die Zaren waren ihm nicht günstig gesinnt, sie hatten das richtige Gefühl, daß er Europa zu sehr Umstürzen wolle, um nicht auch ihre eigene Macht ins Wanken zu bringen. Aber Nikolaus II. war ein schwacher Herr, und die neue Generation von Diplomaten und Ministern war selbst von der Strömung ergriffen oder suchte mit ihrer Hilfe Befriedigung ihres Ehrgeizes und Karrierebedürfnisses, wozu das neue parlamentarische Leben beitrug. Dieses wurde auch sonst dem Panslawismus förderlich; er war ein vortrefflicher Agitationsstoff und anderseits erleichterte der Hinweis auf die freiere Regierungsform die Propaganda für Rußland im Auslande und bot der russischen Regierung eine brauchbare Deckung. Insofern war die russische Revolution von 1905, die neben den Zaren und den Reichsrat eine Duma, setzte, ebenso eine Etappe auf dem Weg zum Weltkrieg, wie die türkische Revolution von 1908. Die den Osten ergreifende antidespotische, antiabsolutische oder liberale oder demokratische Bewegung, oder wie sonst man sie nennen will — hat, so viel Unrat auch wegzuschwemmen und so viel Erneuerung nötig war, ihren Anteil an der Entstehung dieses Menschheitsunglücks. Sie hat ihn auch darum, weil sie den Zaren mit einer durch fortwährende Attentate verstärkten Angst vor einer neuen Revolution erfüllte, einer Angst, die dann dazu gebraucht wurde, ihn für den Fall, daß er nicht Krieg wegen Serbiens führe, einzuschüchtern. Der Panslawismus also drang vorwärts, und das erste Ergebnis davon war in Rußland selbst, daß die Regierung die Polen zu versöhnen suchte, allerdings mit sehr kargen Mitteln, die aber immerhin neben dem Unterdrückungssystem gegenüber den Ukrainern und neben der Konfiskation der Rechte Finnlands als auffallendes Entß-e<renkommen