Pester Lloyd-Kalender 1861 (Pest, 1861)

Pester Lloyd-Kalender für das Jahr 1861. - Budapest

28 Budapest. faunt, und dennoch geben wir Euch — indem wir das Blutvergießen einstellen wollen — zu wissen, daß, wenn Ihr die Festung übergeben wollt, Ihr unge- schädigt ausziehen dürfet, wie dieß bei Gran, Visegräd und anderen Festungen geschehen. Wo nicht, werdet Ihr den Schaden Eurer Halsstarrigkeit sehen." — Ab­durrahman antwortete am nächsten Tage: „Wir haben (Eitern Brief erhalten und daraus entnommen, daß Ihr uns wieder zur Uc6ergäbe der Festung drängt. Die Uebergabe ist in Gottes Hand, nicht in der unsri- gen. Wenn Euch das Blutvergießen widerstrebt, so gebt die Belagerung auf, und geht an das Werk des FriedenschließenS, damit die Unterthanenschaft nicht ganz zu Grunde gehe. Gott lösche je eher das Feuer des Krieges aus.. Amen!" Auch weitere Verhandlungen fruchteten nichts, indem Abdurrahman zwar andere feste Plätze, nur Ofen nicht herausgeben wollte, wäh­rend der kaiserliche Feldherr nur auf der Basis der Uebergabe Ofens zu unterhandeln bereit war. Mitt­lerweile langte das türkische Entsatzheer an und nahm, 80,000 Mann stark, Stellung vor Promontorium, doch gelang es den Osmanen trotz aller Anstrengungen nur 6000 Reiter in die Festung zu werfen; da jedoch der Herzog auch Verstärkungen aus Oberungarn und Siebenbürgen (Caraffa und Scherfenberg) erhielt, be­schloß er den entscheidenden Sturm. Pabst Jnnocenz XI. hatte an Kaiser Leopold geschrieben: „Budáin Virginis dabit auxilium“, die Hilfe der Jungfrau werde Ofen zurückgeben, und die Belagerer waren voll der besten Hoffnung. Am 2 September erfolgte die entscheidende Waffcnthat. Den Hergang der­selben schildert S z a l a y folgendermaßen: Von der Armee des Herzogs waren 6000, von den Truppen des Churfürsten 3000 Mann als Sturmcolonnen designirt, und als neue Methode wurde ihnen die Anwen­dung des Bajonettes empfohlen, die übrigen Thetle des Heeres nahmen zur Deckung des Sturmes und zur Ab­weisung etwa von Außen kommender Angriffe ihre Auf­stellungen bei den Linien ein. Nachmittags 3 Uhr gaben 6 Kanonenschüsse das Zeichen zum Angriffe. Die Batterie auf dem kleinen Schwabenberge eröffnete mit 16 Kanonen ihr Feuer, aber nicht mehr um die Mauer zu brechen, sondern um die Paliffaden zu zerstören, und die mittlere Sturmcolonne von dem Obersten S p i n o l a geführt, drang von der Besatzung unbemerkt und so beinahe ohne jeglichen Verlust, gegen die Palltsaden an dem nordwestlichen Hauptsegmente der Festung. Hier wurden sie vom Feinde empfangen und fanden so lange Wider­stand , bis die rechte Sturmcolonne, unter General S o u ch e s Commando , welcher im Westen die von Eckrondeau rechtsgelegene Bresche belagerte, und wo Oberstlieutenant Asti mit einigen Freiwilligen tödtltch verwundet ward, die Bastei erstieg und die dort aus­gestellten türkischen Posten von der Seite und im Rücken faßen konnte. Der erste der in die Festung drang und so seinen Namen verewigte, war David Petnehäzi, der von Pest herübergekommene tapfere Oberst der Haiducken?) Jetzt erklomm die mittlere Colonne gleich­*) So erzählt Cserei und nach ihm A r » e t h Letzterer bemerkt jedoch, daß in einer im k. k. Kriegs­archive befindlichen Denkschrift eilt Sohn des Generals S t r a u ß e r diesen Ruhm für sich beansprucht. Nach falls die Bresche, und vertrieb, nachdem es ihren län geren Anstrengungen, die S p i n o l a das Leben kosteten, gelungen war, sich mit der beim Wiener Thore über die Leichen Abdurrahmans und anderer vornehmer Türken vordringenden linken Sturmcolonne zu verbinden, den Feind aus dem zweiten noch nicht vollendeten Walle. Der floh von den Christen verfolgt, durch die Juden- gaffe, die heutige Herreugaffe, gegen das Schloß. Dieses, öder eigentlich der innere Theil desselben leistete noch immer den Truppen des Churfürsten Widerstand, in deren Rethen der bairische Graf T e t t e n b a ch den Tod fand und Oberstwachtmeister Z a c c o vom Regi­mente Aspremont tödtlich verwundet ward. Jetzt als die Belagerer des Schloßes auch von den Truppen des Herzogs unterstützt wurden, warf sich die Besatzung in den großen Thurm hinter dem Castelle , wo sie sich mit den aus der Stadt gekommenen Flüchtlingen ver­einigen konnte. Hier in ein schmales Viereck eingekeilt mußten sie sich schließlich mit Weib und Kindern, 2000 an der Zahl ergeben. Unter ihnen befand sich ein Ja- nitscharenage* *) und der Mufti. Auf die Vermittelung Strattmanns hielt der Churfürst den Zorn seiner Truppen im Zügel, und denen die darum flehten, ward, das Leben geschenkt. — In fünf Stunden war Ofen erobert. Des Nachts stand die Stadt in Flammen. Die Ermordung und Plünderung der Bewohner währte die ganze Nacht hindurch und wurde auch noch am anderen Tage fortgesetzt. Unter den Beutesuchenden finden wir auch Oberst M a r si g l i, einen Edelmann aus Bologna, der unter den Leichen und brennenden Waaren überall nach Manuscripten und Büchern fahndete. In der Haupt­kirche seit 145 Jahren die erste Moschee der Stadt, welche das Feuer verschont hatte,**) wo er jedoch bei seinem Eintritte einen Hausen Mordbrenner begegnete, der eben den Imam köpfte, fand er zwei Kammern mit orientalischen Manuscripten, in einer zweiten Moschee kam er einigen anderen auf die Spur/ Im Ganzen belief sich der kostbare Fund auf 150 Bände, die Marsigli der von ihm in seiner Geburtsstadt gegründeten gelehrten Akademie zum Geschenke machte. In einem Keller des Schloßes stieß M ar si g l i auf einige Ucberbleibsel der Bibliothek des Königs Mathias, er machte davon dem Armee-Obercom- miffär R a b a t t a die Anzeige, der dieselben nach Wien transportirte. Am Morgen des 4. September schickte der Herzog v. Lothringen 500 türkische Gefangene in die Stadt, damit sie die Todten begraben und den von Zeit zu Zeit auflodernden Brand er­sticken. 214 größere und kleinere Geschütze fielen als P o d h r a c z k y soll ein gewisser F i 4 t h der erste auf dem Wall der Festung gewesen sein. Nach Cserei wurde Pethnehäzi von den Türken gefangen und aufgeknüpft, doch seien die nach ihm in die Festung dringenden Hayduken noch rechtzeitig genug angelangt, um ihn vom Hollunderbaume heruutcrzunehmen und dem Leben zurückzugeben. P e t n e h a z i setzte durch seine Tapferkeit die deutschen Generale so sehr in er­staunen, daß sie, als sie ihn im Kampfe sahen, aus­riesen : „Das ist kein Mensch, sondern ein Löwe". Als Lohn seines Heldenmuthes erhielt Pethnehäzi von Kaiser Leopold ein Gut zum Geschenke. *) Der also in Gefangenschaft gerathene Janit pcharenaga Csonka Beg, soll in der Folge das Christen thunt angenommen und in der Taufe nach seinem Tauf- pathen dem Kaiser, den Namen Leopold erhalten haben. **) Die Marien-(Pfarr-)kirche blieb vom Bela­gerungsgeschütze verschont, und ward nur sehr wenig beschädigt, desto mehr aber hatte die Kirche Johann des Evangelisten (die heutige Garnisonskirche) gelitten, da sich dieselbe in der Nähe des Hauptangriffes befand.

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