Pester Lloyd-Kalender 1861 (Pest, 1861)

Pester Lloyd-Kalender für das Jahr 1861. - Budapest

Eine historische Skizze.­25 und kleinen Häusern. Die Vornehmen halten auf Gärten und Bäder, und nach der Zahl der Dienerschaft haben sie auch weitläufige Gebäude; darin ist aber weder ein prachtvoller Säulengang noch Saal zu sehen, oder etwas anderes Großartiges zu bewundern. Sie machen es hier wie die Ungarn, denn außer Ofen und allen­falls Preßburg ist kaum in ganz Ungarn eine Stadt mit ansehnlichen Gebäuden. Welche Gewohnheit sie von alter Zeit her zu haben schienen. Denn das Volk ge­wohnt im Feldlager und langen Kriegen zu leben, vernachlässiget die Obsorge für Gebäude und bewohnt Städte nicht anders, als wenn cs selbe bald verlassen wolle. Auch der Teich außer dem Thore von Konstan­tinopel mit siedendem Wasser (der Teich an der Straße dem Kaiserbade gegenüber) ist sehenswerth, auf dessen Grunde Fische schwimmen, von denen man glauben möchte, daß sie gesotten wären". Cuspianus äußert sich in seiner Oratio an die Fürsten des heiligen römischen Reiches folgender- massen: „Wenn Ihr Fürsten und Großen des heiligen Reiches, die Ihr Euch früher einmal in Ofen nmge- than, in dieser reichen Handelsstadt, wo Euere Unter» thanen aus Schwaben, Baiern und der Rheingegend ihre Lebensmittel bezogen, wenn Ihr sehen wurdet, wie schmutzig und häßlich sie jetzt geworden, wo sie keinem Dorfe vielweniger einer Stadt zu vergleichen ist, ohne Basteithurme mit gesprungenen und zerfallenden Mauern, ist sie nur eine Ruine und keine Königsstadt." Auf der prächtigen Burg des Corviners ver­kündigte die Aufschrift: „Kein Gott außer Gott und Mohamed sein Prophet" die Herrschaft des Halbmonds. Salomon Schweiger, der im Jahre 1577 auf seiner Reise nach Konstantinopel Ofen be­rührte , schildert uns den Zustand des königlichen Palastes in einer Weise, die nur zu deutlich zeugt, daß der allgemeine Verfall auch den Stolz und die Zierde der Hauptstadt nicht unberührt ließ: „Die Treppen, heißt es in dieser Schilderung, waren größtentheils ausgebrochen, die Thüren nnd Fenster bis ans kleine Löcher zugemauert. In den Btbliotheksälen lagen einige zerstreute Manuscripte. Ein anderes, noch zierlicheres Gemach, vermuthlich das Schlafzimmer'der Königin, bewohnte ein vornehmer Türke; dort waren mit einem Messer in der Wand die Worte geritzt, noch lesbar: „Isabella Regina“, „Sic fata volunt“, — Ober der marmornen Thüre hatten sich auch das korvinische Wappen und mitunter auch die Aufschrift: „Mathias Corvinus Rex Hungáriáé“ erhalten. Die Decke des rö­mischen Saales, zu der ein Gang 300 Schritte lang führte, war etngestürzt, und die Malerei durch Staub nnd Spinnengewcbe beinahe unkennbar. Besser erhalten waren die Appartements von der entgegengesetzten Seite des Schlosses, vermuthlich die Zimmer des Königs; denn in einem waren die Wandgemälde: Klugheit, Mäßigkeit, Glaube, Kühnheit, Stärke u. a. M. vorstellend, noch gut conservirt, und im anderen der gestirnte Himmel sehr lebhaft colorirt. Die Malereien'des Himmelskörpers schienen schon etwas verdunkelt, doch war darin noch deutlich zu lesen: Aspice Mathia raicuit quo tempore Regis, Natali s Coeli qualis utroque fuit. (Siehe, so glänzte der Himmel, als König Mathias geboren wurde). Im daranstoßenden Gemache präsentirte sich aber­mals eine ähnliche gemalte Himmelsgestalt, wie sie zu Zeiten Wladislans am Firmámét sichtbar gewesen sein soll, als dieser König gekrönt wurde. In einer Gcstirn- sphäre standen noch die Verse: „Magnauimus prinueps diademate gaudet utroque Wladislans tollit ad astra Caput“. (Der großmüthtge Fürst Wladislans, mit doppelter Krone geschmückt, hebt sein Haupt zu den Sternen). Alles Uebrtge war durch gänzliche Verwüstung unkenn­bar und die schönen Schloßcapellen waren in schmutzige Vor­rathskammern verwandelt. An der Westseite waren unter­irdische Gefängnisse, die besser für wilde Thiere als für leidende Christen gepaßt hätten". Die werthvolle Bibliothek des Königs Mathias, die aus 50,000 Büchern bestand, zumeist in präch­tigen Gold-, Silber- und Sammet-Einbänden, ging wahrend der Türkenherrschaft vollends zu Grunde; die eigentliche Vernachlässigung dieses Bücherschatzes be­gann jedoch schon unter den Nachfolgern des Corviners, wo die Büchersäle nicht selten durch auswärtige, namentlich Wiener Gelehrte geplündert wurden. Unter den Türken wurden die Bücher , welche den Rest der werthvollen Bibliothek bildeten, ihres prächtigen Ein­bandes beraubt, und verschleppt, den Christen war, wie Lambecius der Custoö der Wiener Bibliothek er­zählt , sogar der Anblick dieser Schätze nicht gestattet, und Peter Pázmán both dem Türken vergebens , für die Ueberbleibsel der einst so vielgepriesenen Sammlung den damals hohen Betrag von 30,000 fl. Im Jahre 1686 , welches die Hauptstadt von der Herrschaft des Halbmonds befreite, fanden sich, wie wir später sehen werden — von der großen Bibliothek kaum einige hundert Bücher und Manuscripte vor. Der Zustand von P e st war während der Türkenzeit wo möglich noch kläglicher, als der von Ofen. Derselbe Schweiger, dessen wir oben erwähnten, erzählt uns hierüber in seinem orientalischen Reisebuche vom Jahre 1577 : „Pest kleiner als Ofen, tn einem weiten Felde gelegen, hat ziemlich hohe und dicke starke Mauern, ist unzerbrochen. — Wir zogen in einer Stunde um die Mauern. Inwendig sind aber schlechte niederträchtige Gebäude und liederliche Häuslein, auch sehr kothige und wüste Straßen, darin einige Christen gewohnt, die eigene evangelische Kirchen und Pfarrer, aber keine Glocken noch Schlaguhr gehabt, welche Uhren man damals nur zu Gran nnd Ofen, sonst aber in der Türkei nirgends geduldet hatte. Es bat eine hölzerne Schiffbrücke nach Ofen, die ans 63 Zillen liegt." Während der türkischen Occupation schrumpfte die Zahl der christlichen Bewohner von Budapest immer mehr zusammen. In Ofen waren Protestanten und Katholiken gemeinsam auf die jetzige Garni­sonskirche beschränkt, während in Pest, wie wir aus dem Schweizerischen Berichte ersehen, die Evan­gelischen mehrere Gotteshäuser besaßen. Dagegen bemächtigte sich der Islam fast der gesammten Kirchen von Ofen, um dieselben in Moschee n zu verwandeln. Es gab deren 12, davon 6 tn der Oberstadt (so hieß der auf dem Festungshügel lie­gende Stadttheil mit Ausnahme des Königsburg) und 6 in der Wafferftadt. Die Namen dieser Moscheen sind folgende: in der Oberstadt lagen: 1. Die Moschee des kaiserlichen Schloßes (Serailik djamisi).

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