Pester Lloyd-Kalender 1861 (Pest, 1861)
Pester Lloyd-Kalender für das Jahr 1861. - Gesetzhalle
1. Das neue Gewerbegesetz. 5 Nisse, mit welchen dieselbe wegen einer durch die allgemeinen Straf- oder Steuergesetze verpönten Handlung von der betreffenden Behörde ausgesprochen wurde. Sie ist aber auch selbstständig von der Gewerbs- b e h ö r d e für eine bestimmte Zeit oder auf immer zu verfügen : a) wenn der Gewerbtretbende wegen eines Verbrechens überhaupt, wegen eines Vergehens oder einer Uebertretung aus Gewinnsucht oder gegen die öffentliche Sittlichkeit,wegen Schleichhandel, wegen schwerer Gefälls- übertretung oder wegen schuldbaren Konkurses verurtheilt worden ist, und unter den gegebenen Umständen von dem Fortbetriebe des Gewerbes Mißbrauch zu besorgen wäre; b) wenn vorausgegangene wiederholte Bestrafungen wegen Nichtbeachtung der auf die Ausübung seines Gewerbes bezüglichen Vorschriften sich als fruchtlos erwiesen haben; c) bei c o n c e ssi o n i r t e n Gewerben insbesondere, wenn der Gewerbtreibende nach wiederholter schriftlicher Warnung sich Handlungen zu Schulden kommen läßt, durch welche das gesetzliche Erforderniß der Verläßlichkeit beeinträchtigt erscheint. Bet Realgewerben wird in den Fällen, wo der Gewerbsverlust einzutreten hätte, der Besitzer des Rechtes der Ausübung verlustig und bleibt ihm nur die Veräußerung seines Gern erbsrechtes unbenommmen. Behörden und Verfahren. (§. 141 bis 152.) Die politischen Verwaltungsbehörden erster Instanz sind auch die erste Instanz in Gewerbsan- gelegenheiten (G e w e r b s b e h ö r d e n). Die politischen Länderstellen bilden die zweite Instanz. Sie sind unmittelbare Verleihungsbehördcn; für alle Preßgewerbe in Orten, wo eine politische Behörde Ihren Sitz hat, mit Ausnahme der beschränkten Befugniß zum Verkaufe von Gebet- und Schulbüchern; für Unternehmungen von Leihbibliotheken und Lesekabineten; für das Baumeistergewerbe; für jene periodischen Personentransportsunternehmungen, welche auf Poststraßen und mit gewechselten Pferden betrieben werden; dann für alle, welche sich auf mehrere Bezirke desselben Kronlandes ausdehnen. Die oberste Instanz in Gewerbeangelegenhetten ist das Ministerium des Innern. Es ertheilt die ausnahmsweise Bewilligung zur Errichtung von Preßge- toerben außerhalb der Orte, tn welchen eine politische Behörde sich befindet, und bewilligt jene periodischen Personentransportsunternehmungen, welche sich über die Verwaltungsgebiete mehrerer Grönländer erstrecken. Bei der Untersagung eines Gewerbsbetriebes, bet der Verweigerung einer Concession und bei der Zurücknahme einer G e w e r b s - Lerechtigung sind die Gründe der Partei bekannt zu geben; dieser steht binnen 6 Wochen der Rekurs an die Oberbehörde frei. Das Verfahren in Gewerbs- st r a f f ä l l e n ist in der Regel mündlich, lieber die Verhandlung wird ein Protokoll ausgenommen, in hieses die Entscheidung eingetragen und der Partei bekannt gegeben. Auf ihr Verlangen oder wenn sie abwesend ist, wird die Entscheidung sammt den Motiven auch schriftlich eröffnet. Rekurse in Straffällen müssen binnen 14 Tagen nach der Jntimation bei der Gewerbsbehörde erster Instanz eingebracht werden. Die rechtzeitige Einbringung des Rekurses hat aufschiebende Wirkung, doch bleibt eine allenfalls verfügte Einstellung des Gewerbes aufrecht. Gegen ein tn zweiter Instanz bestätigtes oder gemildertes Straf- crkenntntß findet ein weiterer Rekurs nicht statt. Ein Finanzministerialerlaß vom 25. April bestimmte: 1) Alle von Gemeinden aus Anlaß des Antrittes eines freien Gewerbes oder der Ertheilung von Gewerbsconcessionen unter was immer für einem Titel bisher erhobenen Taxen und Gebühren werden aufgehoben. 2) Aus Anlaß der Anmeldung eines i freien Gewerbes oder des Ansuchens um eine Gewerbecon- I cession sind folgende Gebühren anden Staatsschatz j zu entrichten : ») Jede bezügliche Eingabe unterliegt einer ; fixen Stempelgebühr in Wien von 6 fl., in anderen Orten mit mehr als 50,000 Seelen von 4 fl., mit 10,000 bis 50,000 Seelen von 3 fl., mit 5000 bis 10,000 Seelen von 2 fl., in allen übrigen Orten von 1 fl. 50 kr. Dieses Gebührenausmaß hat nur für den ersten Bogen zu gelten, die weiteren Bogen unterliegen dem Stempel von 30 kr. nebst dem Zuschläge, b) Für den Fall als zehn Prozent des Jahresbetrages der von dem bezüglichen Gewerbbetrieb entfallenden direkten Steuern (ohne Zuschläge) die nach Absatz a) für den ersten Bogen der Eingabe zu entrichtende fixe Stempelgebühr übersteigen, wird dieser Mehrbetrag als weite reunmtttel bareGeb ühr festgesetzt. 2. Sonstige Gesetze, Erlässe und Verordnungen. a) Agricultur. Tabakbau. Zur Erleichterung des Tabakbaues in Ungarn u n d d e f f e u ehemaligen Neb enl ändern publicirte eine kaiserliche Verordnung vom 27. März folgende Bestimmungen : Der Tabakbau ist in allen jenen Ortsgemeinden unter der Bedingung gestattet, daß daselbst wenigstens zwanzig Kataftraljoche dem Tabakbau gewidmet werden, welche in dem Jahre 1858 in den sogenannten geschlossenen Rayons Tabak gebaut haben, und nicht wegen Heber- handnahme des Unterschleifes von. dem Tabakbau ausgeschlossen worden sind, oder in den vereinzelt liegenden sogenannten Oasen bereits vor der Einführung des Monopols Tabak zum Handel gebaut haben. Das Finanzministerium ist ermächtigt, auch in anderen Ortsgemeinden die Ermächtigung zum Tabakbaue zu ertheilen. In den Orten, wo der Tabakbau gestattet ist, kann Jedermann die Bewilligung (Ltcenz) zum Tabakbau erlangen, welcher a) weder eines Verbrechens, eines aus Gewinnsucht entsprungenen Vergehens, oder des Schleichhandels, oder einer schwerenGefällsübertretung schuldig erkannt, noch blos wegen Abgangs rechtlicher Beweise von der Untersuchung entbunden worden ist, b) dem Tabakbau eine zusammenhängende Fläche, und zwar beim Feldbau von wenigstens achthundert Quadratklafter, beim Gartenbau von wenigstens dreihundert Ouadratklaster widmet, und c) die Nachweisung liefert, daß er entweder selbst ein vorschriftsmäßiges Magazin besitzt, ober daß seinen Tabak die Regie oder ein befugter TabakhÄrdler übernehmen werde. Die Ltcenzgebühr wird nach nachstehender Skala bemessen : Für das Joch, in Gemeinden, wo die mit Tabak bebaute Zusammenhängende Grundfläche beträgt: Anbaufläche eines von über über Pflanzers: 20 40 40-200 200 Joche 300-800 Quadratklafter . 1 fl. 10 kr. 80 kr. 65 kr. über 800 Quadratkl. bis 2 Joch 1 „ — „ 75 „ 60 „ über 2 Joch bis 10 Joch. . — „ 90 „ 70 „ 55 „ über 10 Joch . . . . . — „ 80 „ 65 „ 50 „ DieKosten der U e b e r w a ch u n g in den Pri- v a t m a g a z i n e n hat der Eigenthümer des Tabaks nach Maß der Zahl der zur Ueberwachung der Magazine nöthigen Finanzwachen und der Tage ihrer Verwendung zu vergüten. Die Bewilligung zum Tabakhandel wird Jedem ertheilt, der a) weder eines Ver-