Pester Lloyd-Kalender 1861 (Pest, 1861)

Pester Lloyd-Kalender für das Jahr 1861. - Gesetzhalle

1. Das neue Gewerbegefetz. 3 Teilung nicht in Betrieb setzt, oder später durch eben so lange Zeit den Betrieb aussetzt. Marktverkeh r. (§ 62. bis 71.) Jedermann ist berechtigt, die Märkte mit allen im Verkehre gestatteten Maaren zu beziehen, so weit selbe nach der Gattung des Marktes zum Verkehre auf demselben zugelassen sind. Maaren, deren Verkauf an eine Concession gebunden ist, können jedoch auch auf Märkten nur von dem mit der be­züglichen Concession versehenen Gewerbsleuten feilgeboten werden. Ausländer werden rücksichtlich des Rechtes zum Marktbesuche wie Inländer behandelt, so weit nicht eine Abweichung hiervon in Anwendung der Recivrocität ver­fügt wird. Gegenstände des Wochenmarktver- kehr es sind ; Lebensmittel und rohe Naturprodukte, Wirtbschafts- und Ackergeräthe, Erzeugnisse, welche zu den landesüblichen Nebenbeschäftigungen der Landleute der Umgegend gehören, und gemeine Artikel des Verbrau­ches. Andere als diese Artikel auf Wochenmärktcn in Bu­den und Ständen feil zu halten, ist in der Regel nur den in der Gemeinde selbst wohnhaften Gewerbetreibenden rücksichtlich der Gegenstände ihres Gewerbes gestattet. Al­len Marktbesuchern stehen im Betriebe ihrer Marktgeschäfte die gleichen Befugnisse zu. Einrichtungen, wonach die ersten Stunden des Marktes für die Einkäufer im Kleinen Vorbehalten werden, dürfen nur bei Wochen­märkten und in Anwendung auf Lebensmittel stattfindcn. Der Marktverkehr darf von den Gemeinden mit keinen anderen, als solchen Abgaben belegt werden, welche eine Vergütung für den überlassenen Raum, den Gebrauch von Buden und Geräthschastcn, und für andere mit der Abhaltung des Marktes verbundene Auslagen bilden. Gewerbliches Hilfspersonal. (§ 72. bis 105.) Gehilfen sind die Handlungsdiener, Gesellen u. Fa­briksarbeiter, so wie die in gleichen Dienstverhältnissen stehenden weiblichen Hilfsarbeiter; aber weder die für hö­here Dienstleistungen angestellten Individuen, wie Werk­führer, Buchhalter — noch die für Handlangerarbeiten auf­genommenen Taglöhner — noch Personen, die blosie Haus­gesindedienste verrichten, wie Kellner. Fuhrknechte. Die Art der Verwendung eines Gehilfen, seine Bezüge und sonstige Stellung, die Dauer des Dienstverhältnisses, die allfällige Probezeit und die Kündigungsfrist sind G e- g e n st a n d freien Ueber einkomme n s. In Ermangelung eines solchen wird die Bedingung wöchent­licher Ablöhnung und eine vierzehntägige Kündigungsfrist vorausgesetzt und in den anderen Beziehungen der Orts­gebrauch zur Richtschnur genommen. Es ist den Gehilfen verboten, willkürliche Feiertage und sogenannte blaue Montage zu halten, ohne Einwilligung des Dienstgebers für eigene Rechnung oder für fremde Ar­beitsgeber zu arbeiten, und unter sich Verabredungen zu treffen, um d u r ch gemeinschaftliche A r- beitsver Weigerung oder durch andere Mittel von ihrem Dienstherrn Bedingungen zu erzwingen. Das A r b e i t s- oder Dien st verhält n iß kann aus wichtigen Gründen vor Ablauf der ausdrücklich oder still­schweigend bedungenen Dauer und ohne Aufkündigung so­gleich aufgelöst werden. Wenn der D i e st g e b e r ohne einen gesetzlich zulässigen Grund einen Gehilfen vorzeitig entläßt, oder durch Verschulden von seiner Seite Grund zur vorzeitigen Auflösung des Diestverhältnisses gibt, so ist er verpflichtet, dem Gehilfen den Lohn und die sonst be­dungenen oder eingeführten Bezüge für den noch übrigen Theil der Kündigungsfrist zu vergüten. Wenn ein G e- h i l fe seineen Dienstgeber ohne gesetzlichen Grund vor­zeitig verläßt, so ist der Dienstgeber berechtigt, denselben durch die Behörde zur Rückkehr in die Arbeit für die noch fehlende Zeit zu verhalten und den Ersatz des erlittenen Schadens zu verlangen. Ueberdieß ist ein solcher Gehilfe angemessen zu bestrafen. Zur Arbeit in g r ö ß e­ren Gewerbsunternehm ungen (d. h. wo gewöhnlich mehr als 20 Arbeiter in gemeinschaftlichen Werkstätten Zusammenwirken) dürfen Kinder unter 10 Jahren gar nicht, Kinder über 10 Jahre, aber unter 12 Jahren, nur gegen Beibringung eines von dem Gemein- devorstande ausgefertigten Erlaubniß schein es ver­wendet werden , der blos dann auszustellen ist, wenn für den Unterricht der Kinder nach den Anordnungen der Schulbehörde genügende Vorsorge getroffen ist. Für In­dividuen unter 14 Jahren darf die Arbeitszeit täglich 10 Stunden für solche über 14, aber unter 16 Jahren, täglich 12Stunden nicht übersteigen. Zur Nacht­arbeit, d. i. zur Arbeit nach 9 Uhr Abends und vor 5 Uhr Morgens dürfen Individuen unter 16 Jahren nicht verwendet werden. Doch kann bet Gewerben, wo Tag und Nacht gearbeitet wird, und wenn sonst der Betrieb gefährdet wäre, die Behörde auch die Verwendung der Ar­beiter unter 16 Jahren, aber nicht unter 14 Jahren, zur Nachtzeit unter der Bedingung gestatten, daß eine ange­messene Abwechslung in der Tag- und Nachtarbeit slatt- finde. Eben so kann die Behörde in Fällen eines außeror­dentlichen Arbettsbedürfnisses eine vorübergehende Ver­längerung der Arbeitszeit um 2 Stunden für die Arbeiter unter 16 Jahren, jedoch nur für die Dauer von höchstens vier Wochen gestatten. Als Lehrling wird angesehen, wer bei einem selbstständigen Gewerbetreibenden zur praktischen Erler­nung des Gewerbes m Verwendung tritt. Um m i n- derjährige Lehrlinge halten zu dürfen, muß der Gewerbsinhaber das 24. Lebensjahr zurückgelegt haben. Jene, welche wegen eines Verbrechens überhaupt, oder wegen eines aus Gewinnsucht begangenen oder gegen die öffentliche Sittlichkeit gerichteten Vergehens oder einer derlei Uebertretung verurtheilt wurden, sowie jene, wel­chen das Recht, Lehrlinge zu halten, entzogen wurde, dür­fen weder minderjährige Lehrlinge aufnehmen, noch die bereits aufgenommenen länger behalten. Die Aufnahme minderjähriger Lehrlinge hat auf Grund eines, die Bedin­gungen der Aufnahme und Behandlung und insbesondere die Dauer der Lehrzeit festsetzenden Vertrages zu geschehen, der, wenn der Lehrling einer Genossenschaft angehört, vor der Borstehung dieser letzteren, sonst aber vor der Gemeindevorstehung abzuschließen ist. Bei der Aufnahme eines Lehrlings kann eine Probezeit be­dungen werden, während welcher jeder der beiden Theile nach Belieben zurücktreten kann. Die Probezeit darf zwei .Monate nicht übersteigen. Die Dauer des Lehrverhältnis- ses, das Lehrgeld, die Bedingungen der Verköstigung, Wohnung, Je. sind Gegenstand freier Ueberein- k u n ft; doch darf eine längere als die für das Gewerbe ortsübliche längste Dauer der Lehrzeit nicht stipu- lirt werden. In Ermanglung besonderer Verabredun­gen ist sich an den Ortsgebrauch zu halten. Auch das Lehrverhältniß kann aus wichtigen Gründen vor Ablauf der ausdrücklich oder stillschweigend bedunge­nen Dauer sogleich aufgelöst werden. Gegen eine vierzehn tägige Aufkündigung kann der Lehrling die Lehre verlasen, wenn er sei­nen Beruf ändert oder zu einem anderen Gewerbe über­geht ; wenn er durch die Aushaltung der ganzen Lehrzeit verhindert wäre, von einer sich ihm darbietenden Gele­genheit der Versorgung Gebrauch zu machen ; oder wenn derselbe von seinen Eltern wegen eingetretener Verände­rung ihrer Umstände zu ihrer Pflege oder zur Führung ih­rer Wirthschaft oder ihres Gewerbes benöthigt wird. Ein Gewerbsmann, der wissentlich einen entwiche­nen Lehrling aufnimmt, macht sich strafbar und hat mit Letzterem vem vorigen Lehrherrn für den ihm durch die Entweichung des Lehrlings erwachsenen Schaden zu hasten. Der entwichene Lehrling wird auf Verlangen des Lehrherrn in die Lehre zurückgebracht und unterliegt einer a*

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