Pester Lloyd-Kalender 1859 (Pest)

Pester Lloyd-Kalender für das Jahr 1859 - Nekrologie

82 Nekrologie. Republikanern, und wurde von Louis Napoleon an die Spitze der drei Kandidaten gestellt, die er der Nationalversammlung für die Vicepräsidentschaft der Republik vorschlug. Am 20. Januar 1849 ward er wirklich zu diesem Posten ernannt. Als er am 24. November 1858 zu Paris starb, hinterließ er den Ruf eines sehr geachteten, aber politisch wenig ein­flußreichen Charakters. Buffa, Eines der hervorragendsten Mitglieder der zweiten sardinischen Kammer, 1848 Regierungs­bevollmächtigter, später Generalintendant von Genua, erlag in Turin am 19. Juli wiederholten Schlag­anfällen. Cavaignac, Eugen, Sohn des Conventsmit­gliedes Johann Baptist Cavaignac, der nach der Restauration von 1815 verbannt ward und zu Brüs­sel im Exile starb. Cavaignac's Bruder Godefroy, der 1845 starb, war Einer der eifrigsten Republika­ner : und die Errinnerung an seinen Namen ist es hauptsächlich gewesen, die Eugen auf die höchste Stufe der Gewalt erhob. Eugen, am 15. October 1802 ge­boren, wurde von seinem Vater und seiner Mutter, Julie von Corancey, einer für die Freiheit schwär­menden Frau von hohem Charakter und großem Muthe erzogen. Im 18. Jahre trat er in die polytechnische Schule; 1827 machte er als Hauptmann die griechi­sche Expedition mit, wo er sich bei der Einnahme des Schlosses Mora durch Kaltblütigkeit und Bravour hervorthat. Die Julirevolution traf ihn in Arras : sein Einfluß war hier so groß, daß die Soldaten und Offiziere der Garnison, die nach Paris marschiren wollten, ihm den Oberbefehl anboten. Sein republika­nisches Gebahrengefiel der Julimonarchie so wenig, daß sie ihn schon 1831 zur Disposition stellte und im fol­genden Jahre, als sie ihn wieder in den aktiven Dienst berief, auch sofort nach Afrika sandte. Hier zeichnete er sich 1833 vor Oran, 1836 bei der Einnahme und dann durch die Vertheidigung von Tlemcen aus; auch bildete er 1839 aus den Freiwilligen von Tlemcen die ersten Zuaven. Trotzdem ging es mit seinem Avan­cement so langsam, daß er erst damals Bataillons­chef ward; bald darauf erhielt er die Stelle eines zweiten Kommandanten bei den Zephiren.^Jn den Kämpfen unter Marschall Bugeaud stieg er bis zum Obersten; und 1844 ward er zum Brigadegeneral ernannt. Die Februarrevolution fand ihn noch in Al­gier, zu dessen provisorischem Gouverneur er nunmehr ernannt wurde : bald aber ging er nach Paris, um seinen Platz als Volksvertreter in der Constituante einzunehmen, die ihm am 17. Mai das Portefeuille des Kriegsminifteriums übertrug. In dieser Eigen­schaft schlug er die Junischlacht, gab jedoch die ihm übertragenen unumschränkten Vollmachten der Natio­nalversammlung gleich nach Besiegung der Junirevo­lution zurück. Den Marschallstab lehnte er gleichfalls ab, da er dessen Erwerbung nicht einem Siege über Mitbürger verdanken wollte; doch blieb er Chef der Exekutivgewalt bis zum 10. December 1848, wo er mit seiner Candidatur um die Präsidentschaft der Republik, Louis Napoleon unterlag. In der Legisla­tive saß er ebenfalls : am 2. December 1651 in der Nacht des Staatsstreiches ward er früh Morgens verhaftet — wie der Commandant des, mit seiner Arretirung beauftragten Piket's ihm erklärte „damit seine Partei ihn nicht zwänge dumme Streiche zuma­chen." Oft hörte man ihn seitdem klagen „daß er im Juni allzu gründlich Ordnung geschafft." Von da ab lebte er als einfacher Privatmann abwechselnd in der Hauptstadt und auf seinem Schlosse Ourne bei Fiáé im Sarthedepartement, wo er am 28. Oktober 1857 in Folge einer Herzhypertrophie eines jähen Todes starb. Er kam eben mit einem Freunde von der Jagd zurück, als er plötzlich an der Treppe seiner Wohnung mit dem Ausrufe „je me meurs“ zusammenbrach und augenblicklich verschieden war. Seine Gattin, die viel jüngere Tochter des Bankiers Odier, die er bald nach dem Staatsstreiche geheirathet und mit welcher er in der glücklichsten Ehe gelebt, reifte voll Verzweif­lung, mit dem Leichnam des Verstorbenen in ihren Armen, nach Paris; der gegenübersitzende vierjährige Sohn glaubte „Papa schlafe nur" — bis die Mut­ter ihn, als man zur Bestattung schritt, über den Sarg ihres Gatten hob mit den Worten : „sieh dir den Vater gut an, es ist das letzte Mal!" Gewalt­sam mußten die Freunde der Familie das unglückliche Weib von dem leblosen Körper fortreißen. Unter dem Vorwände, dem Dahingeschiedenen die seinem Range gebührenden Ehren zu erweisen, hielt die Regierung während seiner Bestattung 12,000 Mann in Paris unter den Waffen. Den wahren Gedanken, der die Bonapartisten bei diesem Ereignisse beseelte, sprachen sie nach der Leichenfeier aus, als sie dem Kaiser von dem ruhigen Verlaufe der großartigen Prozession mit der Äußerung Rechenschaft ablegten: „Sire! man hat die einzig mögliche Republik beerdigt!" Sie hatten Recht! Mit Böranger war im Sommer die Leier, mit Cavaignac im Herbste das Schwert der Republik eingescharrt! Trotz der Tapferkeit und Red­lichkeit Cavaignac's kann man indeß nicht verkennen, daß er der hohen Stelle, auf' die das Schicksal und der Ruf seines Bruders ihn gehoben, nicht gewachsen und deshalb oft dem Fluche ausgesetzt war, mit all' seinen trefflichen Eigenschaften nur der Deckmantel fremden Ehrgeizes zu sein. Creuzer, Georg Friedrich, großherzoglich ba­discher Geheimerath, am 10. März 1771 in Mar­burg geboren, und seit 1804 ordentlicher Professor der klassischen Philologie in Heidelberg, Mitglied vie­ler gelehrter Gesellschaften, Doctor der Philosophie, der Theologie und beider Rechte, besonders bekannt durch seine Mythologie, welche die griechische Religion vom symbolischen Standpunkte aus auffaßt, starb nach seiner Versetzung in Ruhestand am 16. Februar im Heidelberg.

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