Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1844 (Pesth)
Der Pesther Stadt- und Landbote für das Königreich Ungarn 1844. - Das neuerbaute Stadthaus zu Pesth
36 Das neuerbaute Stadthaus zu Pesth. ex8n Riesenschritten eilte Pesth vorwärts auf der Bahn der Vergrößerung und höher» Bedeutsamkeit nicht nur im Vaterlande, sondern auch in der Reihe der europäischen Städte überhaupt. Kein Wunder also, trenn auch der Raum, in welchem die OrtS- behörde der aufstrebenden Stadt ihre Wirksamkeit auszuüben berufen war, wenn das Ruthhaus Pesth's nach und nach zu eng ward für die Bedürfnisse der immer größer, immer bedeutsamer werdenden Stadt. Eine Erweiterung der bisherigen Räumlichkeiten ward dringend nothwendig, und das Gefühl dieser Nothwendigkeit führte den Umbau des bisherigen Rathhauses herbei. Begonnen im vorigen Jahre, ist es zwar zur Zeit noch unvollendet, doch stellt unser Titelkupfer das Bild desselben vollkommen dem Auge deS Lesers dar. Es ist ein von allen vier Seiten freistehendes Gebäude, dessen dem Hauptplatze zugewendete Hauptfronte 17 Klafter 5 Fuß 9 Zoll, die hintere Seite aber 16° 3' 9" in der Länge mißt. Die Tiefe des Gebäudes beträgt auf der Seite gegen die Rathhausgasse 31" 3' 2", auf der Seite gegen das Piaristenkloster aber 31° 7". Das Gebäude enthält einen unterirdischen Bau, ein Erdgeschoß, zwei Stockwerke und einen Thurm. 3m Souterrain (Unterbau) befinden sich an der Vorderseite die Keller, an den Neben- und der Rückseite aber 38 wohlverwahrte, aber eben nicht sehr lüftige Gefängnisse. Im Erdgeschoße finden sich an der Hauptfronte unter der Thorfahrt die Hauskapelle, ferner der Reihe nach: das Ctadthauptmannamt mit 8 Zimmern, daS Fiskal amt mit 6 Zimmern; ferner 2 Bürger-, l Quartiermeister-, 2 Wacht- und ein Kommissions-Zimmer. Die Rückfronte wird von 10 kleinern Gefängnißzellen eingenommen. Die Höhe dieser Zimmer beträgt 16 Fuß. Vom Erdgeschoße führt die 8 Fuß breite Haupt-, ferner eine 4 Fuß breite Nebenstiege in die obern Stockwerke. Das erste Stockwerk enthält auf der Platzseite: das 6° 2' 9" lange und 5° breite Rathszimmer, dann das eben so große Bürgerschaftszimmer, beide mit Vorzimmern. Nach der Rathhausgasse zu befinden sich: das Amtszimmer des Vormunds, dann daS des Aktuars; ferner 3 JntabulationSzimmer; weiter das Watten amt, bestehend ans einem Amts- und einem gewölbten Kassenzimmer; endlich das Stadtarchiv, bestehend aus 4 eingewölbten Zimmern. Nach den beiden übrigen Seiten finden sich: daS Grundbuchamt mit 2 Amts- und 1 gewölbten Kassenzimmer, ferner das Stadtgericht mit 2 Zimmern. Im 2. Stockwerke befinden sich folgende Lokalitäten: Die Stadtkanzlei 3° 3' 2" lang, 5° l' breit, mit 7 Fenstern und l Vorzimmer; ferner dem Amtszimmer des Erpeditorö und der mit dem Erpedite gleich großen Prokuratorie. Gegen die Rathhausgasse hin finden sich: das Steueramt, 1 Amts- und 1 Kassenzimmer, 1 Bürgerzimmer; dieStadtbuchhaltung, 2 Zimmer und l Kommissionszimmer. Nach der Pfarrkirch e hin liegen: 6 Zimmer, davon 2 für das Magistrats-Notariat, l für den Vicebürgermeister, l für den Ingenieur, I für den Oekonomen und 1 für den Stadtlieutenant bestimmt find. In der Rückfronte liegen: 2 Amtszimmer für die Manipulirung der 2 proc. Anleihe nebst 1 Kassenzimmer, 2 Amtszimmer für das Gerichts- Notariat, dann l Amts- und l Kassenzimmer für das städtische Kammeramt. Die Höhe des ganzen Gebäudes vom Fußboden bis zum Hauptgesimse beträgt 9° 5'. DaS Havptgesimse ist von einfacher Schönheit und 15 Zoll hoch. Das Dach ist flach construirt und mit Eisenblech bedeckt. An der Vorderftonte deS Gebäudes wird auf die Hauptmauer eine 5 Fuß hohe Antikmauer gesetzt, welche mit ll Statuen verziert werden wird. — Die Gänge im Innern des Gebäudes haben alle eine Breite von 6 Fuß und werden durchaus mit Glasfenstern verschlossen sein. Eine Hauptzierde des Gebäudes bildet der in der Mitte der Vorderfronte sich erhebende alte, nun aber durchaus umgestaltete und bedeutend erhöhte Thurm. Cr bildet in seiner Grundfläche ein fast voll^mmenes Quadrat von 16 Klaftern Fläche, und hat vom Skraßenpflaster bis zur Helmstange eine Höhe von 23° 5' 8". Seine Seiten sind ganz einfach und glatt gehalten, und nur mit sehr wenigem architektonischen Schmucke verziert. Unmittelbar über der Antikmauer deS Gebäudes befindet sich eine lS’/a Fuß hohe Nische und hinter dieser ein Zimmer für den Thurmwächter. Darauf folgt der gegen fünf Fuß breite Raum für das Stadtwappen, sodann ein 13 Fuß hohes Glockenfenster und endlich die Uhr, dessen Zifferblatt 8 Fuß im Durchmesser hat. Heber der Uhr befindet sich in einiger Höhe die marmorbelegte, und von einer 3' 3,z hohen steinernen Brustwebre umgebene Plattform, von der man die Aussicht über alle Theile der Stadl Pesth und einen großen Theil des Ofner-Ufers genießt. In der Mitte dieser Plattform erhebt sich daS 12 Fuss hohe, im Innern 10 Fuß weite achteckige Wächterhäuschen, das mit einem kuppelähnlichen Dache und einer 3 Fuß hohen und 2l/t Fuß weiten Laterne bedeckt ist, über welcher sich noch die 8 Fuß hohe Helmstange erhebt, welche den Blitzableiter aufzunehmen bestimmt ist, unv von welcher herab auch bei besonders festlichen Gelegenheiten das Banner der Stadt flattern soll. Den Umbau des ganzen Gebäudes leitet unser verdienter Baumeister Herr Joseph Kasselik, und man kann wohl sagen, daß er Alles geleistet hat, waö unter den vorhandenen OertlichkeitS- und ökonomischen Verhältnissen zu leisten möglich war. Möge Gott stets den Geist der Gerechtigkeit und der Bürgertugend in diesen neuhergestellten Räumen walten lassen. Dr. Fr. Albert.