Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1837 (Pesth)

Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1837. - Allerlei zum Zeitvertreib

38 D er bittende Bauer. Ein Bauer, der schon lange seinem Gutsherrn eine Angelegenheit vorzutragen wünschte, begegnete ihn eines Tages zufällig. — Kaum hatte er; ihn erblickt, als er sich ihm näherte, nach vielen Bücklingen seinen Hut fallen ließ «nd dann regungs­los stehen blieb. Will er etwas? — fragte der Gutsherr, -der die plötzliche Versteinerung feines Unterthans einiger­maßen befremdet. — Mein Gesuch — antwortete der Bauer — werde ich bei Euer Gnaden bei nächster Ge­legenheit anbringen, denn der Richter, mein Schwager, sagte mir ausdrücklich: bei der ersten Gelegenheit soll ich nur etwas fallen laßen. Drei Mittagmalzeit-An st alten in Parts. In Paris findet sich immer etwas Neues und Ungewöhn­liches; an keinem andern Orte dürfte, besonders die Specu- lation, in seltsamern Weisen sich offenbaren. Sv haben sich seit kurzem wieder drei Anstalten zur Befriedigung des Magens aufßethan. Treten wir in die erste; cs ist fünf «nn &KÍU,dn9e "nd zwölf Fnß breite Saal ist von ungrigen gcfiuic. zdit |tn v oei remim yiivvr/imu/m Restaurateur. Uiberall ißt man, wenn man will; hier wird gegessen, wenn der Wirth will. Alle zehn Minuten beginnt tie Speisung der hungrigen Magen; wer in der Zwischen­zeit kommt, erhällt nichts, er mag bitten oder drohen. Speisezettel gievt cs nicht, also auch keine Auswahl; man ißt, was der Wirth auftragen laßt. Dies ist: — ein Achtzcnhtel von einer Flasche Wein, ein Teller voll Boh. nen und ein anderer mit einem Ungeheuern Roastbeef. Al- leS zusammen kostet 20 Sous. Zßt man auch zehn Jahre lang bei diesem Wirthe, so erhält man jeden Tag Bohnen und Roastbeef. — An einem andern Orte zahlt man für das Mittagsessen ebenfalls 20 Sous und kann essen so viel als man will, hat aber nur 25 Minuten Zeit dazu. Die Tafel ächzt unter der Last der Braten und Kartoffeln. Alle Augen sind mit Verlangen nach dem unglücklichen Schöps gerichtet und alle Gabeln erhoben; man erwartet nur das Signal. Es wird endlich gegeben, und nun sollte man den Eifer der Essenden sehen! Zur Unterhaltung ist durchaus keine Zeit, denn jedes Wort ist ein verlorner Bissen. Der kluge Wirth setzt die Speisen kochend heiß auf, ist aber sehr geizig mit Wein und selbst mit, dem Wasser. Man würde zu viel essen, wenn man nach Belieben trinken könnte. Ach! die verderbliche Minute ist gekommen, und augenblicklich hört das Essen auf; es wird kein Augenblick zugegeben. Was gegessen ist, ist ge­gessen, und damit Punctum. — Aber noch ist eine Spccu- lativn übrig für die Liebhaber der Lotterie. Man kauft ein Loos um 1 Sou; damit kann man eine Cvtelette von irgend cinem Thiere gewinnen , und Nieten giebt es nicht, denn einen Löffel voll Fleischbrühe erhält Jeder. Der Unter« nehmet' dieser Küchenlvtterie hat seine Anstalt unter freiem Himmel. Die Urne ist ein großer Topf mit einer Flüssig­keit, die man Bouillon nennt, weil sie doch einmal einen diamen haben mußte. In dieser Urne schwimmen verschie­dene Stücke Fleisch herum, welche dasselbe Wohlwollen Beefsteaks, Cvlcletts, Fricandellen :c. getauft hat. Jetzt wird gezogen.'Jeder hat fein Loos; sobald die Reihe an ihn kommt, erhält er eine große Gabel, die er itt den Topf steckt, und das Stück, welches die Gabel anspießt, ist der Gewinn. Erhalt der Unglückliche kein solches Stück, was sehr oft geschieht, so giebt man ihm einen Löffel voll von der Flüssigkeit in dem Topfe, welche, wie erwähnt, Fleisch­brühe genannt wird. Unnatürlicher Durst. Schon vor einiger Zeit horte man von dem unlvschbarenDnrste eines jungen Bauern- burschen in der Gegenovon Doitzenburg. Er ist der blindgebor- ne Sohn einer armen Familie.Er klagt über ewigen Höllen- brand im Magen lind in der Kehle. Zweibis drei Eimer Wasser vermögen als tägliche Quantität kaum seinen brennenden Durst zu stillen. Was er zu trinken bekommt, ist ihm gleichgültig; wenn es nur naß ist, sagt er. In seinem zehnten Jahre trank er eine ganze Flasche Branntwein, ein anderes Mal eine Kruke voll Thran aus, ohne daß es ihm schadete. Der jetzt cilfjährige Knabe ist sonst von guter Geistes- und Gemüthsbeschaffenheit. Mann will eine Hinneigung zur Musik und zum Gesänge in ihm wahr- neyincn. Es ergiebt sich daraus, wie sehr diese Jdecuasso- liation in der Natur begründet liegt. Cantores ainant , Eine musikalische Kehle will immer flüssig erhalten seyn. Der moderne Einsiedler. Nicht in Wüsten und Wälder fliehen die Einsiedler heut zu Tage; der, von dem wir hier sprechen wollen, floh in ein Belt, worin er seil drei und fünfzig Jahren wohl und munter liegt. Er ist nämlich in seinem 18 Jahre einmal zu Belt gegangen und ist jetzt, da er 71 alt ist, noch nicht wieder aufgestan- dcn. Dieses seltsame Wesen wohnt in dem französischen Orte Mesnil-sous-Jumieges. In seiner Jugend konnte et sprechen, lesen und schreiben, allein er war stets zur Me­lancholie geneigt gewesen. Als er großjährig geworden war, überließ er sein Vermögen einem nahen Verwandten unter der Bedingung, ihn zu beherbergen und zu ernähren bis an sein Ende. Hierauf glnz er zu Bette, und verließ cs nur, um den nothwcndigstcn thierischen Bedürfnissen zu genügen. Er ist stumm geblieben, und entzieyt sich dem Anblick der Leute. Dann und man Hort man ihn einige Worte vor sich hinmurmeln. Er hat guten Appetit und scheint einer vollkommenen Gesundheit zu genießen. Wenn man ihm seine Nahrung bringt, so verbirgt er das Gesicht; er macht selbst das Bett; weiße Wäsche »vird ihm hinge­legt, und er zieht sie an wenn er allein ist. Nur wenig Personen konnten ihn sehen, und dieses nur durch zufällige Uiberraschung. Die ihn bedienen, machen sich ihm durch Zeichen verständlich. Man weiß durch diese Personen, daß, als man ihm den Tod einiger Verwandten meldete, unter Andern auch jenes, dem er fein Vermögen vermacht hatte, er kein Zeichen der Theilnahme oder des Bedauerns gab. Der Beifalls-Spender. Im k. k. Hofburg­theater zu Wien befinden sich Thüren, welche von den Garderobe-Zimmern der Hvsschauspieler nach den obern Gallerien des Schauspielhauses führen; sie sind verschlossen, doch haben die Regisseure Schlüssel dazu. Brockmann hatte eines Abends eine angrcifende Rolle gespielt, war jedoch vom Publikum nicht eben sehr lebhaft applcrudlrt

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