Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1837 (Pesth)

Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1837. - Allerlei zum Zeitvertreib

----- 36 ----­Das Blinden » Institut. Ein Fremder ließ sich in Berlin von einem Lvhnlakci umherführen, um die Merkwürdigkeiten dieser Residenz zu besehen. Unter andern verlangte er auch, daß er ihn nach der Blinden­anstalt führen sollte. Als beide dort angekommen waren, fragte der Fremde den Führer: „Ist hier das Blinben­Jnstitut?« — „Ja, mein Herr!« versetzte der Lvhnla- kei: „Sehen sie denn nicht, da sehen just zwei Blinde aus dem Fenster.« Die Widerlegung. Der Schauspieler Reizen­berg war nach Prag gekommen, um daselbst Gastrollen zu geben. Als er aber zum erstenmal Auftreten sollte, hatte er sich dermaßen im Wein übernommen, daß er kaum lallen konnte. Der Direclor, der nur zu deutlich einsah, es sei) leider unmöglich, den Trunkenen spielen zu lassen, erklärte ihm solches mit dürren Worten und kündigte dem Publiko an: „Herr Rcizenberg könne heute nicht in der versprochenen Rolle erscheinen, weil er an einem Zun- genübel leide.« Dieser , der in den Coulissen staub, stol­perte aber hinaus und stammelte: „VerehrungSwürdigcs Publikum! Das ist nicht wahr! Ich bin blvs besoffen.« — D e r geschmeichelte B e t t e l v v g t. Ein ar­mer Reisender bettelte in einer Stadt, wo es sehr streng verboten war- Ehe er sich's versah, ertappte ihn der Bettelvogt, der nur ein Auge hatte. Der Bettler bat: »Ach gnädiger Herr Bettelvogt, thue er mir nur nichts.« »»Run da mag's dießmal seyn; wenn man einem den rech­ten Titel glebt, so kann man wohl ein Auge zudrücken.«« — »Ach ja ,« versetzte der Bettler, „wenn er doch das thäte, bis ich die Stadt durchgebettelt habe.« S e l t' n e s S i l b e r S e r »> i c e. Es isi vor einiger Zeit in Paris ein dem Lord Pembroke gehöriges kost­bares Silberservice, im Wcrthe von 700,000 Franken, angekommen, dessen Besichtigung der eleganten Welt ge­gen Einlaßkarten gestattet ist. Wan denke sich eine Masse von 415 Kilogrammen Silber, die in unzählige guillv- chirte, gravirte, ausgeschnittene, gepreßte und pvlitirte Stücke vertheilt sind. Was besonders auffällt, ist ein imposanter Candclabcr, als Mittelstück, im Werthe von 40,000 Franken. Ein Dessert-Service en vermeil, ver­vollständigt dieses glänzende Geräthe, und ein Credenz- Kasten (Buffet), der durch eigens gezeichnete Zierrathen noch mehr hervorge!)vben wird, verleiht der Pracht des Ganzen einen unbeschreiblichen Glanz. Dieses luxuriöse Geschirr, welches auf 30 Personen eingerichtet ist, und Alles übcrtrifft, was man bisher in dreier Art in Frank­reich sah, kam so eben aus den Werkstätten der Her­ren Storr und Montimer zu London. Es wurde ta einer besondern Fabrik, nach den modernsten Zeich, Bungen , und von den geschicktesten Arbeitern verfertiget, die zwei volle Jahre dabei beschäftiget waren. Die ei «gebildete Kranke. Ein junger Mensch hatte eine alte, sehr reiche Wiltive geheirathet und ge­noß auf ihre Kosten das Leben. Nicht sowohl die Nicht­achtung mit der ihr Mann sie behandelte, beunruhigte sie, sondern mehr noch der Gedanke, er möchte sich ihrer zu entledigen suchen. Eines Tages, da sie diesen Träumen mehr als gewöhnlich nachhing, und sich etwas unpäßlich befand, rief sie aus: „Ich bin verloren! Ich bin vergif­tet! « „„Vergiftet?«« fragte der junge Mann erstaunt, „„und wen klagst du dieses Verbrechens an?«« „Dich?« rief die Alte mit zerstörten Blicken. — „„Wie? fuhr die­ser entsetzt auf, wie kannst du das von mir denken? Ich gehe sogleich zum Arzt, und bestehe darauf, daß man dich augenblicklich öffnet!«« Unglück beim Schlittschuhlaufen. Cin schmerzlicher Unglücksfatl, welcher eine große Anzahl von Familien in Trauer versetzte, hat sich am 25. December 1035 zu London auf dem Serpentinewasser im Hyde-Park ergeben. Die Festigkeit des EiseS hatte in dem Vormit­tage eine bedeutende Anzahl von Menschen bewogen, auf dem genannten Wasser Schlittschuh zu laufen, und meh­rere Tausend Personen waren bereits auf'demselben ver­sammelt, als man um ein Uhr nach Mittag ein durch­dringendes Geschrei vernahm, welches aus dem, am nörd­lichen Ufer des Flusses befindlichen Rettungsgebäude der königlichen Humanitäts-Gesellschaft herkam. Viele Hun­derte eilten dahin, und fanden, daß eine ungeheure mit Schlittschuhläufern bedeckte Eisdecke eingcbrochen, und mit ihrer Last gesunken wa>-. Dev Vovstehe* j^umauitätd. Gesellschaft rief mit Hülfe eines Sprachrohrs seine Leute zusammen, die üiiitels ihres flachen Boots, ihrer Kram­pen und Stricke in weniger als zwanzig Minuten fünf­zehn Personen heraushvlten, und nach dem Rettungshause brachten, wo mehrere Ärzte und Chirurgen in Bereitschaft standen. Man verwendete alle möglichen Mittel; leider muß man aber hinzusügen, daß jede Mühe, sieben da­von in's Leben zu rufen, fruchtlos blieb. — Auch am St. James-Kanal haben sich mehrere Unglücksfälle ereignet. Zwei Personen ertranken, und achtzehn andere erlitte» gefährliche Beschädigungen. Macht des Gesanges. Als bei der letzten Aus- führung der Oper ,,die Belagerung von Corintlfi' in Paris der gefeierte Sänger Rubini durch seinen seelenvvllen Vortrag fämmtlichen Zuhörern Thräneu der Rührung ent­lockte, riefein auf der Gallerte wachhabender Veteran, sich die Augen abwischend : C’est aprés trente ans de ser­vice , que ce gaiflard me fait pleurercomme unerecrut! (Rach 30 Dienstjahren muß ich beim Gesänge dieses Men­schen , wie ein Rccrut weinen!) Einladungs-Brief. Trauter Freund! Zum großen Leidwesen der Seiuigen wurde ein Lands* mann von uns in einem, etwa zehn Meilen von hier entfernten Gebüsche, und zwar mittelst eines Schusses, ermordet. Man brachte die Leiche zu mir, die aber irgend schon länger gelegen fein mochte , maaßen sie schon riecht. Heute Abend soll die feierliche Bestattung seyn. Da ersuche ich Sie denn, mit dem Schlage sechs bei mir zu diesem Zwecke einzutressen, indem der Entseelte erst nach Ihrer Ankunft aufs Paradebett gelegt werden kann. Es werden, außer mir, nur noch zwei gute Bekannte sich einfinden, weil dieß Geschäft der Art ist, daß man es wohl nicht Jsdem anvertraucn darf. Trauerkleider brauchen Sie

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