Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1837 (Pesth)

Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1837. - Allerlei zum Zeitvertreib

27 Entgegengesetzte Auslegung. Als König Ja­kob VI. im Begriffe stand, London auf einige Zeit zu ver­lassen, erhielt er einen Besuch von dem spanischen Gesand­ten, einem sehr unterrichteten Manne, welcher übrigens die seltsame Idee hatte, jedes Land müsse einen Professor der Zeichensprache haben, um nöthigenfalls die Wünsche eines jeden, der Landessprache unkundigen Fremden ver- dollmetschen zu können. Im Laufe der Unterredung kam der Gesandte auch auf sein Lieblingsthema zu sprechen, und bedauerte den fortwährenden Mangel an einer solchen Ein­richtung, als der König, dem es an Schlauheit nie gebrach, j ihn mit den Worten unterbrach; „Sie sollten doch wissen, , daß ich auch wirklich einen Professor der Zeichensprache in | meinen nördlichsten Besitzungen, und zwar in Aberdeenj habe; es ist freilich etwas weit von hier, denn man zählt | bei sechs hundert Meilen dahin." — „Und sollten es sechs j tausend seyn, erwiederte schnell der erfreute Spanier, so muß ich ihn sehen, und daher in zwei Tagen höchstens dahin aufbrechen.« Der König, welcher nun cinsah, daß er blos- gestellt war, ließ den Fall der Universität von Aberdeen berichten, mit dem Aufträge, der Sache nach thnnlicher Weise abzuhelfen. Der Gesandte kommt an, und wird mit großer Feierlichkeit empfangen; bald aber stellte er die Frage, wer von ihnen der Professor der edlen Zeichenspra­che sey; als ihm nun bedeutet wurde, dieser habe eine Reise nach den Hochlanden unternommen, und Niemanden wäre der Zeitpunkt seiner Rückreise bekannt, elwicdcrte der enthusiastische Gesandte, er wolle auf ihn warten, und sollte das Ausbleiben des ersten ein ganzes Jahr dauern. Als nun der gelehrte Körper einsah, daß es auf diese Art nicht ginge, und er den Herrn Gesandten längere Zeit hindurch erhalten müßte, verfiel er auf ein anderes Mittel. Es war im Orte ein einäugiger Metzger, Namens Geordy, ein loser Geselle, der mehr Mutterwitz und Schelmerei, als je einer im Lande, besaß. Diesem wird der Sachverhalt entdeckt, und die Rolle des Professors mit der Weisung übertragen, in Gegenwart des Gesandten ja kein Wort zu sprechen. Der Spanier wird nun benachrichtigt, daß der Professor am nächstfolgenden Tage an kom men würde, worüber jener sein Wohlgefallen äußerte. Geordy wird mit dem Dvctormantel und einer Perücke versehen, dann in einem der Zimmer des Collegiums auf eine Kanzel gestellt, während sämmtliche Professoren sich mit dem Gesandten im anstossenden Zimmer befinden Nun wird der Spanier in Geordy's Zimmer geführt, um mit diesem zu conver- firen; das gelehrte Mittel schwebt indessen in Furcht und Schrecken über den Atisgang der Posse, im Ncbengemache. Der Gesandte tritt ein, hebt einen Fmger in die Höhe; Geordy hebt deren zwei auf. Der Gesandte erhebt nun drei Finger; Geordy streckt mit grimmiger Miene die geballte Faust in die Höhe. Der Gesandte holt nun eine Pomeranze aus der Tasche, und hält sie in die Höhe; Gc- v rd y langt seinerselts ein Stück Brot hervor, und hält es ebenfalls in die Höhe. Nun verneigt sich der Gesandte vor ihm, und zieht sich in's Nebenzimmer zurück, wo ihn die Professoren um seine Meinung über ihren College« emsig befragen. „Er ist ein wahres Wunder, antwortete der Spanier, und ich würde ihn gegen alle Schätze Indiens nicht vertauschen; ich hob zuerst einen Finger in die Höhe, um anzudeutcn, daß cs nur einen Gott gebe; er erhob deren zwei, um zu zeigen, diese wären Vater und Sohn; ich erhob nun drei Finger, auf die Dreieinigkeit anspielcnd, als er jetzt die Faust emporhvb, zum Beweise, daß alle drei doch nur Eins wären. Ich zog eine Pomeranze hervor, um gleichsam zu sagen, Gott versehe seine Geschöpfe nicht blvs mit dem Nvthwendigen, sondern auch mit den feiner« Genußmitteln des Lebens, worauf der wundervolle Mann ein Stück Brot aus der Tasche zog, deutend, dies solle dem Menschen hinreichen, und alles andere sey entbehr­lich.« — Die Professoren waren höchst erfreut, daß die Sache einen so günstigen Ausgang genommen habe, und daß sie auf eine so wohlfeile Art sich den Gesandten vom Halse schafften. Am folgenden Tage ließen sie Geordy holen, um ihn über den Sinn seiner Zeichen zu befragen. »Nun, Geordy, sprach der Rector, wie ist es euch ergangen, und wie seyd ihr mit dem Manne zufrieden?« — „Der Elende! rief Geordy aus; was glauben Sie, was er that? Er hob einen Finger in die Höhe, um mich daran zu mahnen, daß ich nur ein Auge habe, aber ich hob bald deren zwei auf, um ihm verständlich zu machen, mein Auge wäre vielleicht eben so gut, als seine zwei. Sodann bob der Tropf drei Finger in die Höhe, um neuerdings auf das Kapitel der Augen zu kommen, und mir zu sagen, wir zwei hätten zusammen deren nur drei; darüber wurde ich so aufgebracht, daß ich schon die Faust streckte, und wenn ich nicht davon Gebrauch machte, so war es nur ans Rücksicht für Sie. Er stand aber von seinen Aufreizungen nicht ab, denn jetzt zog er prahlend eine Pomeranze aus der Tasche, und bedeutete mir gleichsam, wir in nnserm elenden Lande können so etwas Edles nicht erzeugen. Ich zeigte ihm jetzt ein Stück Gerstenbrod, um ihm verständlich ' 311 machen, daß, so lange ich so Etwas habe, ich keinen ' Heller von ihm brauche, und mich eben so wenig um sein schwammiges Nasch werk kümmere; aber wahrlich , jeyl reuet es mich, daß ich mich nicht handgreiflicher ausdrückte! Es war zu früh. Ein Kaufrnan ivari um fünf Uhr Abends in einer Vorstadt vor Paris von Dieben an- gefallen. — „Meine Herren,« sagte er gelassen, „sie gehen heute sehr früh an ihr Geschäft«. Die Vorsorge. „Jakob! hole mir drei gesperrte Sitze bei der Theaterkasse,« befahl ein Herr seinem schwä­bischen Bedienten, und dieser entgegnete: „„ErlaubeSie, gnädiger Herr! sage Sie mir, ob ich im Stande sey, die drei Sitze zu trage, oder ob ich gleich ’n Schubkarre mit* nehme solle? « « D ie richtige Antwort. Ein Dorflehrer in Schwa­ben erklärte den seiner Führung anoertrauten jungen Welt­bürgern die Begriffe von Recht und Unrecht. „Siehscht Du, Peter,« sprach er zu einem der talentvollsten, „wenn zum Beispiel Steffel eine Semmel von seiner Mutter zum Ves­perbrote bekomme hätte, und Du möehtescht hingehe, und sie ihm aus der Tasche rausch nehme, was würdischt Du da thun?« Chic sich zu besinnen, gab Peter die richtige Ant­wort: „Ich würde se zusamme fresche.« 4*

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