Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1835 (Pesth)

Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1835. - Manningfaltigkeiten

42 ----­Gedanken spä ne und Aphorismen. Schmarotzer sind wie Fische, die nur dann die Köpfe aus dem Wasser heben , wenn man ihnen Brocken hinwirft; sonst lassen sie sich wenig sehen. Viele Thüren springen von selbst auf, wenn man mit Gold anklopst. Der Kopf ist die Festung, die dem Eingang zum Herzen vertheidigen soll; aber heut zu Tage umgeht man die Festungen. Warum hat denn der Mensch eine Farbe für den Schmerz, und keine für die Freude bestimmt? — Scheint es doch , als wolle ec mit dem Schmerze prahlen — schäm­te sich aber der Freude. Sobald es eine Farbe gibt, die Jedem, der uns begegnet, zuruft: „Sieh her, wir sind traurig"; warum gibt es nicht auch eine, die Jeden erin­nert : „Sieh her, wir sind lustig!" — das Letztere wür­de fürwahr schnellere Theilnahme erwecken; dem Trauri­gen geht man gerne aus dem Wege, der Lustigeist über­all willkommen. Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können. Das Herz einer gallanten Dame ist eine Nose. Jeder Liebhaber empfängt ein Blatt. — Dem Gatten bleiben die Dornen. Die eingesperrten Narren, sind die erträglichsten. Das Talent hat nur eine, das Genie aber viele Sei, Len, — jenes entdeckt, dieses erfindet. Die Sonne und die Frauen scheinen sich in die Herr­schaft der Welt getheilt zu haben; die eine gibt uns die Tage und die andern verschönern sie. Herzlich zu lieben, ist ein schönes ehrliches Versprechen edler Seelen; — Zeitlebens zu lieben, ist eine Zusage auf's Goradewohl; — Ewig zu lieben, — das verspricht nur die Unbesonnenheit, die weder von Zeit noch von Ewigkeit Begriffe hat. — Viel und gut sprechen, ist Talent des schönen Gei­stes ; — wenig und gut sprechen, ist Charakter des Wei­sen; — viel und schlecht sprechen, ist Thorheit des Tho­ren; — wenig und schlecht sprechen, ist Unglück des Dum­men. — Eine häßliche Frau, sagt irgend ein griechischer Phi­losoph, macht Augenweh; eine schone — Kopfweh! — Unsere Vollkommenheit bestehet darinn, daß wir uns immer mehr von unfern natürlichen und erworbenen Feh­lern, von Unwissenheit, Jrrthum, Eitelkeit, und von al­len unrichtigen und übermäßigen Affecten reinigen. Die Künste des Lebens sind nicht so verwickelt, daß nicht auch der Einfältige soviel daran sollte lernen können, als er in seiner Spähre, die ihm Natur und Schicksal an­weisen, zu wissen braucht; und die Einzige Kunst besteht darinn: dieser Spähre treu zu bleiben. — Fliegen wollen, wo man zu krichen; — herrschen, wo man zu gehorchen; — reden, wo man zu schweigen; — genießen, wo man zu entbehren bestimmt ist, — das sind Abweichungen die Keinem gelingen. Keinem dem Ziele näher bringen. — Während der Feuergeist seiner Bestimmung immer voran­strebt, Berge vor sich aufthürmt, Steine vor sich wälzt, alle Elemente wider sich empört, — schlendert der Indo­lente nachläßig auf seinem Wege fort, müht sich nicht ge» gen den Strom zu steuern, unterwirft sich dem eisernen Scepter des Schicksals, vergißt das Vergangene, duldet das Gegenwärtige, hofft und fürchtet das Zukünftige nicht, und gelangt so leichter zum Ziele wie Jener! — Das Leben im Mittelstände, zwischen Sorge und Er­werb , ist das Glück; es blüht nur in dem beschränkten Kreise einer schönen Häuslichkeit, wo jede frohe Stunde eine voll Sorgen kostet, wo jedes Vergnügen mit einem kleinen Opfer erkauft werden muß, wo das Herz in einer beständigen Bewegung zwischen Liebe und Sorge gehalten wird, wo jeder Tag ein kleines Leben ist, das seine Ar­beit fordert, aus dem eine kleine Sorge und eine schöne Hoffnung auf Morgen den Menschen in seine Schlafkam­mer begleitet. — Es gibt eine Gattung Leute, welche immer im Strei­te unter sich, und immer in Frieden mit ihren Feinden sind. Nichts verträgt sich besser, als ein Verständiger und ein Schwachkopf; — man stelle einmahl drey Verständig» zusammen, und sehe dann zu! — Die Bäume geben uns Schatten im Sommer und Feu­er im Winter; die Tugend" mildert unser Feuer in der Ju­gend , und erwärmt uns im Alter. Das Glück gibt verständigen Leuten Annehmlichkeit, den Dummköpfen — Unverschämtheit. Die Welt kennt kein Erbarmen, wenn es gilt über an­derer Thaten zu richten; — die edelsten Thaten fallen leicht der Vergessenheit anheim, aber die Schande lebt ein un­verwüstliches Leben. Sey sie auch unverdient, sie wird das traurige Erbtheil der Kinder und Enkel. Der Mensch und die Sonne erscheinen uns gerade in der Mitte ihres Laufes, wenn sie im vollsten, allerrein- sten Lichte stehen, am allerkleinsten. Nur dann, wenn un­ser Nebenmensch beide Augen zudrückt, drücken wir ein Auge zu , nur wenn ihm die l e tz te. G r u b e ge­graben wird, graben wir ihm keine Grube mehr; und unser Herz schlägt nicht eher für ihm, bis sein Herz gar nicht mehr schlägt. Die Menschen sind in der Hand des Schicksals nur Kar- tcnblätter, da st'guriren sie eine Weile, bis sie ausgespielt haben, und von dem Tode gestochen werden.

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