Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1834 (Pesth)

Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1834. - Allerlei zum Zeitvertreib

" DerRuf ist geflügelt, und trägt eine Trompete, oder setzt sie an den Mund. Der Sieg ist geflügelt, und hält einen Palm- zweiq nnd einen Lorbeerzweig, und hat eine vollstän­dige Waffenrüstnng neben sich stehen. Zuweilen fährt sie auf einen Wagen, den geflügelte Rosse ziehen; wenn nämlich die Schnelligkeit des Sieges angedeutct wenden soll. Die Schönheit. Diese ist beiden Dichtern die Venus, die den Preis der Schönheit den goldenen Apfel, den sie erhalten hat, in der Hand hält. Die Klugheit hält einen länglich runden, metal­lenen Spiegel, dessen Stiel mit einer Schlange, dem Kennzeichen der Schlauigkeit, umwunden ist. In dem Spiegel sieht die Göttin was hinter ihr ist; — so wie ein Kluger aus dem Vergangenen ans das Zukünftige schließt. Die Weisheit wird durch die mehr oder weniger gewaffnete Minerva vorgcstellt, die den schlangenhaari­gen Medusen Kopf entweder auf dem Brustharnische oder auf dem Schilde führt. Neben derselben steht mehren- thcils eine Eule, das Sinnbild des Nachtwachens oder det Scharfsichtigkeit, weil dieser Vogel im Finstern sieht. Die Gerechtigkeit wird unter dem Bilde der Themis oder der Afträa mit Schwert und Wage vorge- stctlt. Die Keuschheit. Diese Göttin wird jung und sehr sittsam abgebildet. Sie trägt einen Schleier nnd cf•? weißes Gewand, und hält in der Hand eine weiße Lilie, das Sinnbild der Reinigkeit. Die Verschwiegenheit wird mit dem Zeigefin­ger auf dem Munde abgebildet. Einige geben der Göttin in die andere Hand ein Vvrlegschloß. D i e Treue ist weiß gekleidet, hat einen Hund ne­ben sich, und hält einen Schlüssel in der Hand. Die Wahrheit ist unbekleidet, und trägt das Bildniß der Sonne vor der Brust. Die Großmuth ist an einem Löwen zu kennen­der die Klauen eingezvgcn hat. Die Wachsamkeit hat einen Kranich neben sich, der einen Stein in der Klaue hält. — Weil der Kranich überhaupt ein wachsamer Vogel ist, so hat man es auch seiner Wachsamkeit zugeschrieben, daß er, wenn er ruht, nur auf einen Bein steht. Auch hat man geglaubt, er nehme aus Vorsicht einen Stein in die Klaue, damit ihn die­ser im Herunterfatlen wieder anfwecke, wenn er ja einschlum­mern sollte. D i e Geduld, eine ehrwürdige Frau, die an ei­nem Schafe und an einem Kreutze zu erkennen ist. Die Hoffnung stützt sich aus einen Anker, und hebt die Augen zum Himmel. Die Unschuld ist jung, und sehr einfach weiß ge­kleidet , hält eine Lilie in der Hand, und spielt mit einem kleinen Lamm. Die Verzweiflung hat einen zerbrochener- Anker neben sich liegen, und kehrt sich den Dolch gegen die Brust. Die Faulheit liegt oder sitzt schlafend neben ei­nem schlafenden Esel. Die Plauderhaftigkeit hat einen Papagey auf der Schulter stehen, und hält ein Gefäß, aus wel­chem von allen Seiten Wasser rinnt; neben ihr steht eine schnatternde Gans. Aphorismen und Notizen. Die Tugenden verlieren, gleich wohlriechenden Sa­chen ihren Duft, wenn man sie zu frey hinstettt. Es sind reizbare Pflanzen, die keine zu familiäre Berührung ver­tragen können. In der Natur ist keine Freude so erhaben rührend, als die Freude der Mutter über das Glück ihres Kindes. Der größte Haß ist, wie die größte Tugend und die schlimmsten Hunde still. Die Frauen sind 10 - mal listiger und falscher gegen einander als gegen uns, wir aber sind gegen uns fast noch redlicher als gegen sie. Eine große Veränderung in unserer Lebensweise gleicht einem kalten Bade im Winter; wir zaudern lange, ehe wir uns hinein begeben. Nichts kommt so rasch in Umlauf als ein Geheimniß. Die Gewohnheit versteinert das Gefühl. Wenn ein Mann eine höhere Würde hat als ein Weib, so ist gewiß ein Weib eben so sehr über einen wei­bischen Mann erhaben. Folgende Regel in Lilly's Gram­matik hat diese Unterordnung gut beobachtet: »Das Mas­culinum hat mehr Werth als das Femininum, und das Femininum mehr als das Neutrum!« Der Knabe ist Most, der Jüngling Gährwein, der Mann Klarwein und der Greis das Weinstein-Lager des Lebens. Das Mädchen ist eine Idylle, die Jungfrau eine Ode, das Weib ein Lehrgedicht und die Matrone das Re­gister ihres eigenen Lebensbuches. Man sagt: wenn dieser Mann, der seinen Posten so ganz ausfüllt, sterben sollte, wie wird es dann werden? Es kommt ein Anderer an seine Stelle, und es geht. — Man sagt: wenn wir dies nicht in diesem Jahre thun. was wird dann geschehen ? Nichts. — Wenn diese Ver­änderung nicht vorgeht in der Verwaltung, so ist Alles verloren. Nicht doch, Alles findet sich. Man muß seine Pflicht thun, und Jeden dazu anhalten. Das Vergnügen des Lobes kommt dem Schmerze der, Tadels nicht gleich: das Lob nehmen wir für eine Höf- lichkeit, den Tadel für etwas Wahres. Fange deine Herzenskultur nicht mit dem Anbau edler Triebe, sondern mit dem Ausschcioen der schlechten an. Wenn dumpfe,^ namenlose Schmerzen um dein Herz sich legen, so gib ihnen größere Stacheln, damit sie es tiefer reizen, und das wegfließende Blut macht den Bu>en weicher, so wie ein kleiner Riß einer Glocke einen dum- pfen Klang uachläßt, bis ihr ein weiterer den hellen wie- der gibt.

Next

/
Thumbnails
Contents