Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1834 (Pesth)

Der Pesther Stadt- und Landbothe für das Königreich Ungarn 1834. - Allerlei zum Zeitvertreib

38 nicht let geringsten Anstrengung bedürfen. Herr Noir, Schneidermeister in Straßburg, hat die taktmäßige Bewe­gung auch in seiner Werkstätte eingeführt und 20 Schnei- dcrgesellen bewegen rüstig die Nadel nach dem Takte, den der Altgeselle auf einer Tribüne mit der Elle schlägt. Durch diese Manipulation soll jeder Geselle eine besondere Lust zum Arbeiten bekommen, und des Tages gegen 1000 Na­delstiche mehr machen, als auf dem gewöhnlichen Wege. Fra neu Huld u n b M i l d t h ä t i g k e i t. M. Sedpard, der berühmte Fußreisende, entwirft von der Frauen - Milde folgendes merkwürdige Bild : »Ich habe überall, in allen Ländern die Bemerkung gemacht, daß die Frauenzimmer höflich, verbindlich, zartfühlend und men­schenfreundlich sind; daß sie in der Regel fröhlich, schüch­tern und sittsam sind. Sie finden nicht, gleich den Män­nern, Bedenken eine großmüthige That zu vollziehen. Sie sind nicht anmaßend, sie sind voller Gefälligkeit und lie­ben die Gesellschaft, sie sind im Allgemeinen dem Fehler mehr unterworfen, als die Männer, aber sie sind auch in der Regel tugendhafter und verrichten mehr gute Wer­ke. Ich habe mich nie an ein gesittetes oder rohes Frauen­zimmer mit der Sprache des Anstandes und der Freund­schaft gewendet, ohne eine anständige oder freundschaftliche Antwort zu erhalten. Mit den Männern war es oft ganz anders. Die Frauen sind im Ganzen reich an Huld, gut» muthig und hochherzig. Launiger S ch i ck s a l s w e ch s e t — eines H a- sen. Bei der im Jäner 1820 plötzlich eingetretenen gro­ßen Neberschwcmmnng am Rheine, hatte ein Hase, der nicht mehr durch das Wasser auf die Anhöhe kommen konn­te , sich auf einem in viele Stämme auslaufenden Baume über dem Wasser gehalten. Einer der Schiffer, welche die überschwemmte Gegend mit Nachen üderfnhrcn, um den Nvthleidenden zu Hülfe zu kommen, bemerkte dieses, er fuhr an den Baum und stieg begierig nach dem Fang hinan, ohne den Nachen zu befestigen. Da der geängstig- te Hase, von dem Schiffer verfolgt, keine Rettung mehr sah, sprang er aus der Baumzwiesel gerade in den Na­chen, der durch den Sprung in Bewegung gesetzt wurde, und mit dem wohlerhaltenen Hasen davon schwamm, in­dessen der Schiffer an des Hasen Stelle auf dem Baum sitzen bleiben, und die Furcht anshalten mußte, daß der Strom den Baum niederreißen könnte, bis nach mehreren angstvollen Stunden andere Schiffer den um Hülfe Rufen­den retteten. Doppelte Luft reise ganz eigener Art. Lizakewitz, Sekretär der russischen Ambassade in Lvnden erzählt, daß, da während seines Anfenthaslt bei der rus­sischen Flotte im Archipel, im I. 1773 die türkische Flot­te vor Smirna verbrannt wurde, stch zwey Kanoniere auf dem russischen Admiral-Schiffe befanden, als dieses eben­falls während des Treffens Feuer fieng und in die Luft sprang. Die beiden Kanoniere flogen also auch in die Luft, und stürzten nicht weit von einem türkischen Schiffe in's Meer zurück. Sie wurden gerettet; man machte sie zu Gefangenen, und brachte sie in Ketten auf's Verdeck. Drey Tage nachher wurde das Schiff, worauf sie waren, ebenfalls von den Russen im Hafen in den Brand gesteckt. Es ward gesprengt. Die beiden unglücklichen Kanoniere flogen wieder in die Luft, und fielen nahe bei der russi­schen Flotte in's Meer. Sie wurden aufgefischt. Aber da jedem beide Beine durch die Fesseln, mit denen sie ange­kettet gewesen, zerrissen und gebrochen waren, mußten ih. neu die Beine unter den Knien abgenommen werden. Sie überstanden die Schmerzen der Amputation, und lebten noch mehrere Jahre nachher. B a u m w v l l - G e w i n n. Der erste Betrag der jährlich in England verarbeiteten Baumwolle wird ans 6 Millionen Pfd. St. angeschlagen; der an 833,000 Men­schen während des Fabrizirens bezahlte Arbeitslohn macht 20 Millionen Pfd. St., und der endliche Gewinn der Fa­briksherren besteht mindestens in 6 Millionen. Hieraus ergibt sich ein jährlicher Netto-Gewinn von 20 Millio­nen auf ein angelegtes Kapital, welches nicht den dritten Theil so viel beträgt. Es bleibt beim Alten. Der verstorbene Fürst Esterhazy hatte im Jahre 1772 beschlossen, seine auscr- l'esene, wvhlbesetzte Kapelle aufznlösen. Dadurch wären viele Künstler, Gehülfen und Familien brodtvs geworden. Haydn zwar für seine Person gegen dieses LvS bereits ge- sichert, aber gerührt durch das Schicksal der Uebrlgen, suchte er den Fürsten von diesem Gedanken abzubringvn, und that es auf eine höchst eigene ehrenvolle Weise. Sein musikalisches Genie schuf nämlich eine neue Symphonie, in welcher am Schlüße — ein Instrument nach dem an­dern verstummte. Wie nun bei der Produktion ein Künst­ler seinen Part vollendet hatte, löschte er das Licht aus, nahm sein Instrument und entfernte stch. Endlich stand Haydn allein da, machte seine Verbeugung und wollte sich ebenfalls entfernen. In großer Bewegung rief er aus: »Haydn! E s bleibt beim Alten." Grabstätten und G r abm ä le r im Orient. Den Neugriechcn und Türken erscheint der Tod unter kei­nem Bilde der Furcht und des Schreckens, er ist für sie ein Zustand sanfter Ruhe, —deßwegen beerdigen sie auch ihre Todten in offenen Särgen, mit kostbaren Stoffen um­geben , den Leichnam bekleiden sie mit den besten Kleidern des Verstorbenen, und bestreuen ihn mit Blumen. Sv tragen sie die letzten Ueberreste zu den Grabstätten, welche wie bei den Alten außer den Städten, an ven Landstraßen oder auf Anhöhen, von Cypressen umgeben, liegen, und gewöhnlich zu öffentlichen Spaziergängen dienen. Die Grabmäler sind von denen anmuthigsten Formen. — Der Turban bedeutet einen Mann, — eine Art von Urne die Frau', — eine Rose das Mädche n Die Peterskirche Roms. Die Peterskirche Roms äst der größte, schönste und prachtvollste Tempel, und ein Meisterstück der Baukunst. Die größte Länge die­ses Riesengebäudes beträgt 112 Klafter. Innere Länge, von der metallenen Pforte bis zum äußersten Altar 99

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