Folia archeologica 52.

Tóth Endre: III. Béla vagy Kálmán? A székesfehérvári királysír azonosításáról

160 TÓTH ENDR F. BÉLA III. ODER KOLOMAN? (Zur Identifizierung des Königsgrabes von Székesfehérvár) Die meisten Könige aus dem Arpádenhaus im 12. Jahrhundert wurden in Székesfehérvár (Stuhlweißenburg), in der Probstkirche der Heiligen Jungfrau Maria bestattet. Die Kirche und die in der Kirche errichteten Grabdenkmäler gin­gen zur Zeit der türkischen Eroberung im 16. Jahrhundert zunichte. Unter den erhalten gebliebenen, unter dem Boden befindlichen Bestattungen blieb nur das Grab eines Ehepaares ungestört erhalten, wo die Kronen auf dem Kopf verrieten, dass es sich um eine königliche Bestattung handelt. Der Sarkophag des Königspaars wurde aus roten Marmorplatten zusammengestellt. Die Gräber wur­den 1848 aufgeschlossen, und man identifizierte die Skelette als Uberreste des Königs Béla III. (+ 1196) und seiner ersten Gemahlin Agnes Chatillon. Diese alte Identifizierung des königlichen Paares scheint aber zweifelhaft zu sein. Im 12. Jahrhundert wurde nämlich noch ein solcher Herrscher in dieser Kirche bestattet, mit dem man bei der Personenidentifizierung rechnen könnte. Er ist Koloman (+1116), der früher der Bischof von Nagyvárad (Großwardein, heute Oradea, Rumänien) gewesen ist. Da Ladislaus I. keinen Sohn hatte, wählte er den Sohn seines Bruders Géza I. zu seinem Nachfolger. Koloman heiratete die Tochter unbekannten Namens von Roger I. Graf von Sizilien und Kalabrien. Es ist sehr wichtig, wer im Grab ruht, die Person bildet nämlich den Ausgangspunkt für eine ganze Reihe von Folgerungen. Die dreifache Fassung des Ringes am Finger des Königs ähnelt der Fassung der Steine am unteren Teil der heiligen Krone, des Kronreifs griechischen Ursprungs ( corona graeca). Die Datierung des Anfangs der Verwendung des roten Marmors in Ungarn hängt von der Identifizierung des Grabes von Székesfehérvár ab. Auch für die Datierung der typisch süditalienischen Zellenschmelzverzierung bildet die Datierung des Grabes von Székesfehérvár den „sicheren Ausgangspunkt". Und zuletzt ist die überzeu­gende Identifizierung sowohl für die Datierung des genauso aus roten Marmorplatten zusammengestellten Erzbischofsgrabes von Kalocsa, wie auch für die Baugeschichte der Basilika von Székesfehérvár wichtig. Die Identifizierung des Königspaars hängt davon ab, auf welche Zeit die Grabbeigaben — die zur Tracht gehörigen Gegenstände und Hoheitsinsignien ­datiert werden können, und was sie von den Verstorbenen verraten. Das königliche Paar wurde mit symbolischen Hoheitsinsignien zusammen begraben. Diese Insignien können innerhalb des 12. Jahrhunderts nicht näher datiert wer­den. Die Zellenschmelzverzierung der Enkolpion am Hals des Königs, die arabis­che Inschrift des Ringes, das dem Grab beigegebene Prozessionskreuz und der Ring der Königin ermöglichen die Identifizierung der Verstorbenen. Die Form des Kreuzes hilft bei der Datierung, das Kreuz als Grabbeigabe spricht dafür, class der König ein Geistlicher war, während die Emailplatten der Enkolpion, sowie beide Ringe tragen zur Feststellung des Herkunftsortes der Königin bei. Daher gibt es zwei Möglichkeiten: entweder König Koloman oder König Béla III. Es ist wichtig, dass das Prozessionskreuz nicht zu den Beigaben der Königsgräber gehört. Aber die Anfertigungszeit des Kreuzes hilft uns die Person des Verstorbenen näher zu identifizieren. Im Falle des Königs Béla III. ist die Beigabe des Kreuzes ins Grab nicht begründbar. Bei Koloman ist es aber zu ver­stehen, da er Bischof gewesen war, bevor er den Thron bestieg. Das einfache Kreuz kann übrigens ganz leicht auf das 11. Jahrhundert datiert werden: es ist das

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