Folia archeologica 44.
Tóth Endre: Ókeresztény ládikaveretek Ságvárról
ALTCHRISTLICHE KÄSTCHEN BESCHLÄGE AUS SÁGVÁR Im runden, östlichen, aus der II. Periode stammenden Seitenturm des westlichen Tores in der spät römischen Festung von Ságvár erschlossen wir eine Müllgrube, aus der außer verschiedenen, eisernen Gebrauchsgegenständen und Fensterglasbruchstücken Kästchenbeschläge ans Tageslicht kamen. Wir fanden ein aus Bronzeblech gefertigtes Schöpfgefaß mit Stiel, einen Eisenlöffel und eine kleine, aus zwei Teilen bestehende Bronzebüchse vor, in deren Inneren die Spuren einer geschmolzenen Versilberung noch festgestellt werden konnten. Die Gegenstände kamen in zugrunde gegangenem Zustand in die ursprünglich wahrscheinlich nicht für diesen Zweck ausgeworfene Grube. Die IL Periode der den militärischen Nachschub als Hauptaufgabe versehenden Festung wurde mit aller Sicherheit nach 374 erbaut. Infolge der Störung der Schichten konnten keine weiteren chronologischen Beobachtungen angestellt werden. Da Valeria von den Römern um 430 aufgegeben wurde, dürfte man diese Grube vor diesem Zeitpunkt ausgegraben haben, möglicherweise um die Spuren der Kriegsvcrwüstimgen wegzuräumen. In der Grube stießen wir auf zwei völlig gleiche, vom selben Prägestock heruntergekommene, aus Bronzeblech erzeugte, getriebene Beschläge. Auf diesen finden sich in einem rechteckförmigen, umrahmten Feld drei stehende Figuren: der bei ihrem Kopf sichtbaren Inschrift nach Petrus, Timotheus und Paulus, also die zwei Hauptapostel und ein gewisser Timotheus. Im vorliegenden ersten Teil der Abhandlung führe ich die ikonographische Untersuchung der Kästchenbeschläge durch. Im II. Teil befasse ich mich mit der Identifizierung des Timotheus. Die gegenwärtige Länge der Kästchenbeschläge beträgt 23,5 cm. An beiden Platten fehlt das reentseitige vierte Feld. Da es keinerlei Holzreste zum Vorschein gekommen sind, bleibt ihre Rekonstruktion insofern problematisch, da wir nicht wissen, ob sie auf ein oder auf zwei Kästchen montiert waren. Die Größe der Bildfelder beträgt 93x61 mm. Die Beschläge gehören also in die Gruppe der spätzeitigen Kästchenbeschläge von großem Bildfeld, die sich in die zweite Hälfte des 4. Jh. datieren läßt. Die Tracht entspricht der der Apostel: sie waren mit Tunika und Palla bekleidet. Der Saum der Palla war gestickt. Die Besonderheit der Darstellungen ist die in der rechten Hand des Apostels Petrus herunterhängende, entfaltete Schriftrolle. Die Darstellung läßt sich aus dem Bildtyp der Traditio legis ableiten. Der Goldschmied interpretierte aber die Manifestation des christlichen Gesetzes im Gegensatz zur heutigen Auffassung so, daß der Herr die Schriftrolle dem Petrus übergab. Nur so kann die entfaltete Rolle in der Hand des Apostels Petrus verstanden werden, mit der der Goldschmied ausschließlich Petrus charakterisieren wollte. Endre Tóth