Folia archeologica 41.
Kemenczei Tibor: Stanczik Ilona emlékére
FOLIA ARCIIAEOLOGICA XLI. 1990. BUDAPEST EINE BRONZEZEITLICHE RARITÄT: ASKOS MIT MENSCHLICHEM GESICHT VON TISZAFÜRED UND SEINE SÜDÖSTLICHEN BEZIEHUNGEN Tibor KOVÁCS In Tiszafüred (NO-Ungarn) stießen wir im Jahre 1966 auf einen seltenen Fund, auf einen Askos mit Menschengesicht (Abb. 1 — 5). Die Frage, die sich fast im Augenblick des Auftindens des Gegenstandes gestellt hat, ist die folgende: welche und aus welcher Richtung kommende geistige und formbildende Wirkung hat die in der Kunst des Karpatenbeckens vom II. Jahrtausend die vorgeführte Menschendarstellung ins Leben gerufen. Und insofern diese Frage konkret nicht beantwortet werden kann, ob es sich vorstellen läßt, daß die sich aus fernen Wurzeln ernähernde Glaubenswelt der bronzezeitlichen Völker des Karpatenbeckens — hier möchten wir an die Möglichkeit der Konvergenz verweisen — ihre eigene doppeiförmige Gottheit geschaffen hat? Oder handelt es sich eventuell davon, daß eine von anderen Gebieten ausgehende geistig-gedankliche Strömung in der Formensprache der örtlichen darstellenden Kunst eine Gestalt angenommen hätte ? Auf diese und noch auf zahlreiche andere, stellbare Fragen können wir vorläufig noch keine eindeutige Antwort geben. Dennoch sind wir der Ansicht, daß gerade der individuelle Charakter des betreffenden kultischen Gefäßes eine detailliertere Vorführung durchaus begründet. Unser Askos lag in sekundärer Lage im Humus, in eingestürztem Zustand. Auf dem Fundort, wo wir etwa 18 000 m 2 erschlossen haben, sind mehr als tausend Gräber der chronologisch einander folgenden Füzesabony-Kultur und der karpatländischen Hügelgräberkultur zum Vorschein gekommen. In dem erschlossenen, verhältnismäßig großen Gebiet haben wir stellenweise neolitische (Linearkeramik der Ungarischen Tiefebene) und kupferzeitliche (Hunyadihalom-Gruppe, Badener Kultur) Siedlungsspuren gefunden. 1 Diese Tatsache erschwert die Bestimmung der Herstellungszeit bzw. der kulturellen Zugehörigkeit des bisher — zumindest in Europa sicherlich — als Unikum betrachtbaren Askos. Sein individueller Charakter gibt sich aus Merkmalen sowohl des Gehaltes (kombinierte Menschen-Tierdarstellung) als auch der Form. Im Vergleich zu den meist stark stilisierten süd- und mitteleuropäischen Askossen ahmt das 14 cm hohe und 17,5 cm lange Exemplar von Tiszafüred realistischer 1 Kovács 1975, 5-8.