Folia archeologica 40.

Gáspár Dorottya: Lituus vagy baculus vagy...?

124 RNDRF. TÓTH die Tatsache bei, daß die lokalen Bauern, die Ackerbau treibende Urbevölkerung, darin die Merkmale ihres eigenen Hauptgottes erkannte, das heißt, daß der Prozeß der „interpretation Romana" die Verbreitung der Verehrung des ursp­rünglich italischen Gottes auch hier förderte. 2 7 Eine Form der römischen religiösen Ehrenbezeugung als Kultbrauch wurde von den Neuansiedlern mitgebracht, u. zw. die Götterstatuetten des Schreins im Inneren des Hauses. Dieser Brauch hat sich in Pannonién, wie die große Zahl der freigelegten Statuetten belegt, im Laufe der Verschmelzung der Neuansiedler und der Urbevölkerung in der ganzen Provinz eingebürgert und verbreitet. Unter diesen Götterfiguren fehlt jedoch die Darstellung des Silvanus vollkommen. Wenn wir das Fehlen dieser Gottheit mit kultischen Gründen erklären würden, dann müßte man annehmen, daß diese Gottheit über solche Merkmale und einen solchen Kult verfügte, die die bildliche Darstallung über­flüssig machten. Man könnte sogar die Kenntnis der Götterstatuetten aus den Hausschreinen oder ähnlicher Phänomene noch schärfer formulieren und das Fehlen der Silvanus — Statuetten ausschließlich mit einem hemmenden, kultischen Grund erklären. In Kenntnis der Silvanus —Verehrung können wir jedoch keinen Grund finden, der der römischen Religiosität so fremd wäre. Außerdem müßten wir ebenfalls annehmen, daß der Urbevölkerung keltischen Ursprungs die bildliche Darstellung der Gottheit so fern gestanden hat, daß es trotz der „interpretatio Romana" kein Anspruch auf die Darstellung der Gottheit Silvanus bestanden hat. Die Beliebtheit anderer Götterfiguren verweist jedoch darauf, daß auch diese Annahme jeder Grundlage entbehrt. Das stimmt umso weniger, als aus Pannonién zahlreiche Steinmetzarbeiten mit Silvanus — Dar­stellungen bekannt sind. Den Wunsch nach der Beschaffung von Götterstatuetten belegt das bisher einzige durchbrochene Votivbild aus Blei 2 8 (MNM Inv. nr. 83. 1. 1. Abb. 7-8). Zusammenfassend: Wir verfügen über keine Angaben, aufrund derer das Fehlen der bronzenen Silvanus—Statuetten mit kultischen ober überhaupt mit Gründen aus dem Bereich des religiösen Lebens erklärt werden könnte. 2. Es stellt sich auch die Frage, ob die Verehrer des Silvanus in Pannonién 2 7 Zuletzt: Tóth 1980, 99. 2 8 Neuerdings hat das Ungarische Nationalmuseum zwei Votivobjekte aus Blei, von unbe­kannten Fundorten gekauft. Diese Funde gehören zu den in der Provinz ziemlich häufig auftretenden durchbrochenen gegossenen Votivobjekten aus Blei, deren kultische Funktion zwar aufgrund der Gottheitdarstellung außer Zweifel steht, deren Herstellungsgrund und An­wendungsweise jedoch unbekannt sind. Aufgrund ihres hohlen Endes nimmt man an, daß sie auf einem Stock befestigt waren, was der ähnliche Fund aus Brigetio, der zum Bestand des Wiener Kunsthistorischen Museums gehört, eindeutig belegt. Bei diesem Objekt ist auch der Beinstock erhalten geblieben. Durchbrochenes Votivobjekt aus Blei, Inv. nr. 83.1.1. In der oberflächlich gestalteten Ädi­kula, durch Säulen umrahmt und mit gewölbten Abschluß, ist Silvanus dargestellt. Der Gott ist nackt, er trägt einen Bart. In der linken Hand hält er einen Zweig, sein rechter Arm ist abge­brochen. Auf seiner rechten Seite saß ein Hund, von dem nur das Brustteil als Fragment erhal­ten blieb (Abb. 7, Nr. 1). Durchbrochenes Votivobjekt aus Blei, Inv. nr. 84.8.1. Zwischen den oben doppelten Säulen mit gewölbtem Abschluß stehen drei Frauengestatlten, das Gesicht dem Betrachter zugewandt. Sie tragen eine lange Kleidung. Dieses Objekt stellt aller Wahrschein­lichkeit nach Silvanae dar. Es ist ein Ausschußprodukt, die Gießnähte sind nicht entfernt wor­den. (Abb. 7, Nt. 2)

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