Folia archeologica 40.
Gáspár Dorottya: Lituus vagy baculus vagy...?
NEUERE SILV ANUSRINGE AUS PANNONIÉN 121 Abb. 4: 4. ábra: Zwei weitere Silvanusringe: 1. von unbekanntem Fundort, 2. aus der Umgebung von Iovia (Alsóhetény). Két újabb Silvanus-gyűrű: 1. ismeretlen lelőhelyről, 2. Iovia — Alsóhetény környékéről. Riten — der Liturgie — stellte die Wiederholung des irdischen Dramas des Gottessohnes dar. Das rituelle Treffen, der Kontakt zwischen Gott und Mensch beschränkte sich hauptsächlich auf die wichtigsten Ereignisse des Lebens (Geburt, Tod), und weniger auf die zwischenmenschlichen Beziehungen (Eheschließung). Die Frömmigkeit hat sich ebenfalls gewandelt: aus den früheren heidnischen Handlungen, die praktischen Zwecken zu dienen hatten, wurde eine geistige Aktivität. Der Mensch traf Gott zwar auf immer persönlichere Weise, doch nur durch das Gebet. Das bittende, danksagende, verbindende Gebet offenbarte sich vielmehr durch den Geist - für seine gattungschaffende Kraft spricht die Geburt der christlichen Hymnendichtung — als durch die Kraft des gesprochenen Wortes, durch die Magie. Für die verstärkt ritualisierte römische Religiosität und den Volksglauben war aber die große Bedeutung der magisch-rituelIen Handlungen charakteristisch. Zwischen cier Art und Weise der religiösen Praxis, d. h. zwischen dem Erleben und der Verehrung Gottes durch Gebet im christlischen Glauben und den Riten des Volksglaubens besteht ein so krasser Gegensatz, den die Kirche auch im Laufe mehrerer Jahrtausende nicht auflösen konnte. Da die Gesellschaft der Spätentike — auch die der Stadtbewohner — eine hauptsächlich bäuerliche Gesellschaft war, und die Basis des Einkommens die Erzeugnisse des Ackerbaus lieferten, waren die Riten, die aufgrund der Analogie der Geburt, des Lebens und des Todes, die Fruchtbarkeit des Menschen und des Bodens zu gewährleisten hatten, von grundlegender Bedeutung. Die Hinnahme des christlichen Glaubens, der Lehre, und die Alleinherrschaft des Christentums wurden in erster Linie dadurch behindert, daß sein Glaubenssystem und seine Riten überhaupt nichts mit den Agrarkulten, den Fruchtbarkeitskulten und mit deren ritueller Praxis gemein hatten. Deshalb lebten die Agrarriten auch nach der Konvertierung zum christlichen Glauben notgedrungen weiter. In dieser religiöse Umgebung sind die Silvanusringe des 4. Jahrhunderts zu deuten.