Folia archeologica 40.

Gáspár Dorottya: Lituus vagy baculus vagy...?

120 ENDRE TÓTII ringe kamen in Pannonién nördlich der Drau zum Vorschein, und wurden mit einer einzigen Ausnahme im 4. Jahrhundert getragen. Aus dieser Zeit sind wenige Funde, die auf die heidnische Glaubenswelt, auf den Volksgaluben verweisen würden, bekannt 2 1, obwohl außer Zweifel steht, daß die schnelle Verbreitung des Christentums nicht mit der vollständigen oder teilweisen Verdrängung der heidnischen Riten aus dem praktischen Leben einherging. Das Erscheinen des Attributs Silvestris , das von den früheren kaiserzeitlichen Inschriften wohlbekannt war, auf einem Ring, weist darauf hin, daß die Gläubigen die Silvanusringe als eine Form des Kultes bereits vor dem 4. Jahrhundert anfertigten. Der Beiname „ viator " ist nur von einem Silvanus-Altar der Severer-Zeit aus Gerulata 2 2 (Wohn­gebiet der Bojer) bekannt. Im 4. Jahrhundert war jedoch dieser Beiname mehr verbreitet. Das belegt vermutlich, daß sich der Kern des Silvanuskultes, sein Hauptverbreitungsbereich, in Nordwestpannonien befand. Im verstärkten Kult läßt sich die Verschmelzung der Glaubensvorstellungen der sich ansiedelnden Italiker und der Urbevölkerung nachweisen. Es ist eine ungelöste Frage, warum nicht die früher sehr verbreiteten, mit den Epiklesisen silvestris und domesticus bezeichneten Aspekte des Silvanus' erhalten blieben, und warum im 4. Jahrhundert gerade die früher recht seltenen, mit dem Beinamen „viator" bezeichneten Aspekte in den Vordergrund getreten sind. Der Prozeß selbst kann im großen und ganzen verfolgt werden, obwohl sein religiöser Inhalt ungelöste Fragen aufwirft. Die Verehrung von Silvanus — Silvanae war gerade in Nordwestpannonien, in den von Bojern bewohnten Gegenden mit den Wegegöttern, den Gestalten unter dem Namen Triviae — Quadriviae, — mit einer interferierenden Glaubensvorstel­lung zu anderen Götternverbunden. Das ist also kein Zufall, daß der Beiname von Silvanus, „Viator", gerade in dieser Gegend verbreitet war. 2 3 Was für eine Religiosität war für das Pannonién des 4. Jahrhundert charak­teristisch? Diese Frage läßt sich wegen mangelnder archälogischer und Quelle­nangaben kaum beantworten. Die Forscher befaßten sich bisher mit der religiösen Situation eher von den Aspekten des Christentums ausgehend. Mit Hilfe der Silvanusringe kann nun das religiöse Leben nach den Aspekten des Heidentums, des Volksglaubens erforscht und aufgedeckt werden. Die Haupttendenzen des sich verbreitenden Christentums und des immer mehr in den Hintergrund ged­rängten Heidentums können folgendermaßen skizziert werden. Die Grundfrage der Beurteilung der heidnischen Religiosität hatte für die Christen, hauptsächlich im 1. —4. Jahrhundert, bis zum Ende der Verfolgungen, einen theologischen Charakter. Der Polytheismus war mit deren eigener Auffas­sung nicht vereinbar — und zwar auf keine Weise. Der Glaube an viele Götter konnte aus der Sicht der Christen nur abgelehnt werden. Für die Heiden der Spätentike stellte in erster Linie nicht die Hinnahme des Glaubens an einen Gott das Problem dar, sondern die christliche Deutung des sakralen Charakters des Weltalls, die Umwandlung der Heiligkeit des Weltalls. Der Inhalt der Beziehungen zwischen Mensch und Gott, Mensch und Weltall, und damit im Zusammenhang die Form der Religiosität, haben eine Veränderung erfahren. Bei letzterer wurden die kultischen Handlungen eingeschränkt. Die Hauptidee der christlichen 2 1 Vgl. Tóth 1980, 100. 2 2 Hosek 1977, 425. 2 3 Tóth 1980, 95-98.

Next

/
Thumbnails
Contents