Folia archeologica 25.
Éva B. Bonis: Ritzzeichnungen auf frühkaiserzeitlichen Gefäßfragmenten aus Tokod
RITZZEIC HN l.'NGEN AI S TOKOD 95 zu dem Greifen an der Schnalle von Somme-Bionne 2 3 (Abb. 6:1). Aus einem venetischen Grab des Gräberfeldes von Este stammt ebenfalls eine mit ähnlichen Ungeheuern verzierte Schnalle (Abb. 6:3). Die Darstellung des Greifaugen auf der Ritzzeichnung des Gefäßes ist noch übertriebener als an den Schnallen. Das sich weit öffnende Auge verdient eine eigene Aufmerksamkeit. Laut Bezeugung der irischen Epen schwoll das eine Auge des tapferen Cuchulain zur Schüsselgröße an, was die übernatürliche Kraft manifestierte. 2 4 Das riesengroß geöffnete, kreisrunde Auge taucht auch in der Römerzeit immer wieder auf. Auf Kleinbronzen, 2 3 emaillierten bronzenen Tierfibeln 21 1 und sogar auf Mosaiken ist das kreisrunde, ausgeweiterte Auge zu finden. Auch W. Deonna, der Kenner der Frage 2' sieht in solchen Augen aktive Kraft, anziehend und abstoßend, in Notfällen sogar apotropäisch. Neben dem Fabeltier —Ungeheuer und seinem Verfolger sind die von den bemalten spâtlatènezeitlichen Gefäßen bekannten Motive sichtbar, Punktkreisverzierungen, ein auf Streifen geteiltes Dreieck und kleine Bäume (von dem einen rechterseits sind nur die Enden der Äste erhalten geblieben). Falls wir vor allem mit dem Totenkult im Zusammenhang in norditalischen und alpinischen Gegenden bleiben, greift die Darstellung des Kriegers oder Jägers aus dem Jenseits noch auf älteren Ursprung zurück. Die italischen Grabstelen,8 Graburnen, 2 9 Situlen 3 0 und vor allem die frühkaiserzeitlichen Grabstelen 3 1 zeigen das hier besprochene Thema in zahlreichen Varianten. Die unter dem figürlich verzierten Feld der Scherbe von Tokod eingeritzte Schrift besteht aus verschiedenen Elementen. Da sich mit dem Wortfragment von linguistischem Gesichtspunkte aus J. Flarmatta befaßt, wird im nachstehenden nur über den Charakter und vom vermutlichen Ursprung der eingeritzten Schrift die Rede sein. Die auf den Tongefäßen vorkommenden Schriften trennen sich in der Kaiserzeit in zwei Hauptgruppen sowie auf die Schriften vor und nach dem Brand. Vor dem Brand weisen insbesondere die Schriften der Negativformen oder die Texte der eingedrückten Stempel auf den Besitzer der Werkstätte oder auf den herstellen2 3 Déchelette , /., а. а. С). 742, 743., Abb. 524.: 1. Somme Bionne, 3: Este, Villa Benvenuti. Die Reproduktion des Bildes s. hier auf Abb. 6.\ Bret^-Mabler , D., La civilisation de La Tène I en Champagne. Le faciès Mamién. XXIII e suppl. à Gallia. (Paris 1971) 87., Pl. 81:10. 2 4 S^abó, AL, a. a. O. 52.; Bronzeschnalle, auf dem großäugige Ungeheuer eine menschlichc Gestalt angreifen: Early Celtic Art. Exhibition cat. (Edinburgh 1970) 5., Abb. 17. (Fo. Hölzelsau, Unterinntal. München: Prähist. Staatssamml.) 2 5 Espérandien, E. —Rolland , H., Bronzes antiques de la Seine Maritimes. XIII e suppl. à Gallia. (Paris 1959) Fig. 152. 2 6 Sellye, 1., Les bronzes émaillés de la Pannonié romaine. DissPann 11:18. (Bp. 1939) Pl. XIII. 13. 2 7 Deonna, IÍ 7., Les symbolisme de l'oeil. (Paris 1965) 111. 2 8 Bri^io, E., Notizie degli Scavi di Antichità 1893. 181. Fig. 5.; An^jani, D., Démonologie étrusque. MélAH 30(1910) 271. 2 9 Arte e civilta dei vencti antichi. (Padova 1968) Nr. 11. Ossuarium aus Este. 3 0 Situlenkunst zwischen Po und Donau. Katalog z. Ausstellung in Wien. (Wien 1962) Nr. 5, 52. 3 1 Schober, A., Die römischen Grabsteine von Noricum und Pannonién. (Wien 1923) 202. Nr. 120, 125, 136, 267. Vor allemim norisch-pannonischen Grenzgebiet.; Barkóc^i, L., Brigetio. I—II. DissPann 11:22. (Bp. 1944,1951) Taf. II. 1., Taf. X.3.; Hofflller, V. — Saria, E., Antike Inschriften aus Jugoslavien. (Zagreb 1938) 107. Nr. 236. usw.