Folia archeologica 25.
József Korek: Archäologische Forschungsberichte aus dem Bereich der zweiten Theiß-Staustufe
ZWEITE THEI ß-STAUSTUFE 253 viel zusammengesetzter ist, als in der Beigabe bloß ein im Jenseits gebrauchtes Gerät des Bestatteten zu erblicken. Der andere einräumige Haustyp ist eckig mit vier Pfahlstellen und in der Mitte mit einem Feuerplatz. Aus den 5x3,5 m großen Maßen geschlossen, dürfte das Haus von mittlerer Größe gewesen sein. Die eckig gestalteten Pfahlstellen sind auffallend groß, jedoch waren sie zum Aufstellen der 15—20 cm dicken Pfähle in der lehmigen Füllungserde die angewandten Maße notwendig. Dies ist eine neue Beobachtung in der Erforschung der jungsteinzeitlichen Behausungen. Eine entschiedene Tendenz zeigt auch das Auftreten der zweiräumigen Gebäude. Bei einem ziemlich gut beobachtbaren Objekt teilt eine in der Mitte sichtbare Pfahlreihe das Haus in eine 4x 4 m und eine kleinere, 2x4 m große Räumlichkeit. Aus kleinen Lehmbewurfstücken beurteilt, war die Seitenwand aus Flechtwerk und das Dach mit Schilf bedeckt. Es gibt größere einräumige Gebäude, deren Länge auch die 10 m übertroffen hat und mit diesen Maßen gehört es zu dem sog. Großhaustyp der Kultur der Linearbandkeramik. Leider ist das Gelände von der Erosion ziemlich abgetragen, in den meisten Fällen konnten wir nur die unter dem Fußbodenniveau befindlichen Pfahlgruben beobachten und mußten uns hinsichtlich der Gebrauchsbestimmung bloß auf Anmutungen beschränken. Sie konnten gleichfalls Magazin-, Stallungsbzw. Wohnungszwecken gedient haben, was neben den Wohngruben ein anderes Charakteristikum der Siedlung ist. Ziehen wir sämtliche rekonstruierbare Gebäude in Betracht, so kann die Siedlung aufgrund der 10 Wohngruben, der 2 sicher für Häuser zu haltenden Gebäude bzw. der 6 verschiedenem Zwecke dienenden Bauten, femer der 4 nicht rekonstruierbaren Baureste, als dichtbesiedelt bezeichnet werden. Ihr System weicht jedoch von dem des südlichen Teiles des Alföld ab, wo man dicht nebeneinander gebaut bzw. eine in Reihen gebaute Siedlungsform angewendet hat. Dort ist die aus Gebäuden von anderem Typ bestehende Siedlung lokkerer, zerstreuter. Diese Siedlungsform hat sich aus den Traditionen der früheren Bewohnerschaft und infolge der wirtschaftlichen Verschiedenartigkeiten ausgebildet. An der Mittleren Theiß, im Gebiete der Landschaften Nagykunság (Großkumanien) und Hajdúság finden wir seit dem Neolithikum den Stammsitz der Völker der Kultur der Linearbandkeramik des Alföld vor. Die Merkmale der Kultur der Linearbandkeramik dominieren auch bei den Haustypen, die mit der Lebensweise zusammenhängen. Die eine Eigenartigkeit der neolithischen Entwicklung ist sowohl im Ackerbau als auch in der Viehhaltung die differenziertere Wirtschaft. Im Laufe des Mesolithikums spielte in der Mittleren Theißgegend die Viehhaltung eine größere Rolle, als im südlichen Teil des Alföld, und für je eine Siedlung ist die Bevorzugung je eines Nutzviehes charakteristisch. In Kisköre erscheint das Schaf in einer viel größeren Anzahl, als in den Siedlungen des Südalföld und auch in diesem nähert sich diese Siedlung dem Modell der Siedlungen der Linearbandkeramik. Während laut der Untersuchungen von S. Bökönyi das Schaf im südlichen Teil des Alföld unter den domestizierten Tieren 1—2% vertritt, erreicht es in Kisköre sogar die 10%. l c Außer der Siedlungsform und der Viehhaltung zeigt sich auch in den Größenmaßen der Vorratsgefäße ein Unterschied, der auch die in der Wirtschaft vorausgesetzte Abweichung untermauert. Während auf den Siedlungen im Südalföld der Gebrauch der Vorratsgefäße, sebst in einer Größe über 1 m allgemein ist, und auch die Kornspeicher charakteristisch sind, finden wir an der Mittleren Theiß keine ähnlichen Formen. Es fehlen die eckigen Lehmkisten und selbst der Rauminhalt der größten Vorratsgefäße übertrifft kaum die 30 1. Dies weist darauf hin, daß dort der Ackerbau nicht sehr intensiv betrieben wurde bzw. daß man keine so große Vorräte produziert hat, zu deren Aufbewahrung die größeren Gefäße oder besondere Bauten nötig gewesen wären. Über die intensivere Viehzucht zeugt in indirekter Form ferner noch der Umstand, daß auf den Siedlungen an der Mittleren Theiß die zum Fischfang benötigten Knochengeräte nur zerstreut zum Vorschein kommen und daß es dort viel weniger Fischreste gibt, hingegen bedeuteten statt dessen die Muscheln eine sehr wichtige ergänzende Nahrung. Die Erschließungen von Kisköre erbrachten über die Bestattungssitten der Theißkultur und über ihre Demographie wichtige Angaben. Im Zuge der Freilegungen haben wir 36 neolithische Gräber gefunden, unter diesen gehören 4 Hockergräber (10, 11,13, 22) zu den Völkern der Kultur der Linearbandkeramik und 32 Gräber wurden in die Gruppe der Theiß-Kultur 1 0 bökönyi , S., Közép- és Kelet-Európa házi emlősállatainak fejlődéstörténete (Die Entwicklungsgeschichte der Haussäugetiere Mittel- und Osteuropas). I. (Dissertation zur Erlangung des wissenschaftlichen Grades: „Doktor der Wissenschaften" — Manuskript). (Bp. 1969) 530— 531.