Folia archeologica 25.

József Korek: Archäologische Forschungsberichte aus dem Bereich der zweiten Theiß-Staustufe

ZWEITE THEI ß-STAUSTUFE 249 wir wegen der in raschem Tempo vor sich gehenden Arbeit und der beschränkten finanziellen Möglichkeiten gezwungen so manches aufzuopfern, und auf diese Weise konnten die auf­getauchten Funde der gefährdeten Gebiete nur zum Teil in Sicherheit gebracht werden. Während bei der Staustufe I der Theiß auf einem sich etwa 2 km lang dahinstreckenden Gebiete die Rede von den Notausgrabungen einer einzigen Fundstätte war, wurden die Ar­beiten bei der Errichtung der Staustufe von Kisköre auf einen etwa 40 km langen, 5—11 km breiten Uferstreifen, aber auch die unmittelbar gefährdeten Teile — von Kisköre bis Tisza­keszi — berücksichtigt auf einem noch viel größeren Gebiet durchgeführt. Diese Aufgabe umfaßt nicht nur eine großangelegte Fundrettung, sondern auch die archäologische Er­schließung der Mittleren Theißgegend. Dies bedeutet soviel, daß mit der Sicherstellung der unter Wasser zu setzenden bzw. gefährdeten Fundstätten parallel auch die Geschichte der ganzen Gegend wissenschaftlich zu bearbeiten ist. Diese ihrem eigentlichen Kern nach ganz andere Arbeit erfordert eine von der Fundret­tung abweichende Methode. Zur Verrichtung der Aufgabe brachte das Ungarische National­museum mit Beeinziehung der betroffenen Komitate (Szolnok, Heves, Borsod) eine größere Arbeitsgemeinschaft zustande, die der archäologischen Erschließung der Gegend diente. Nach den zur Verwirklichung des Zieles benötigten Ausgrabungen wurde mit einzelnen Mitteilun­gen der Ergebnisse begonnen. In der Arbeit nahmen innerhalb von 9 Jahren insgesamt 12 Archäologen, mit 1600 Grabungstagen teil. Die Erschließung erfolgte mit der finanziellen Unterstützung des Wissenschaftlichen Forschungs- und Entwicklungsfonds des Ministeriums für Kultur und nahm einen Aufwand von etwa 3 Millionen Forint in Anspruch. Die Landschaft war auf der Karte archäologisch fast ein weißer Fleck. Abgesehen von ein-zwei Fundstätten — an denen die Museen von Miskolc, des inzwischen aufgelassenen Museums von Tiszafüred bzw. das Ungarische Nationalmuseum arbeiteten — lag das Gebiet außerhalb des Anziehungskreises der Museen. Auch die landschaftlichen Gegebenheiten unter­schieden sich von dem üblichen und die nie aufgebrochenen Wiesen, die aus den sich wieder­holenden Überschwemmungen stammenden Ablagerungen haben die Ausarbeitung einer von den bisherigen in vielem abweichenden Methode notwendig gemacht. Die Vorbereitung kon­zentrierte sich auf die geographischen Gegebenheiten der Landschaft, auf die Feststellung des Urlandschaftscharakters, wobei die geologischen, paläobotanischen Daten, die Geländeforma­tionen, die wir zum ersten Male mit der Auswertung der Luftaufnahmen zu bestimmen versucht haben, zur Hilfe gezogen wurden. Die sich auf dieses Gebiet beziehenden Luftaufnahmen haben wir beschaffen. Außerdem wurden von den problematischen Stellen aus einer dem Zwecke entsprechenden niedrigen Höhe und dem besten Sehwinkel neue Aufnahmen gefertigt. Eine große Hilfe bedeutete das Kartenmaterial der Wasserbehörden und der Archive von Szolnok und des Komitats Heves. Zur Vorbereitung gehörten die Bearbeitung sämtlicher, sich auf die bekannten Fundorte beziehender Daten und das sehr minuziöse Geländebegehen. Die Erschließung der unter den großen M abwiesen des Inundationsgebietes verbogen liegenden Geheimnisse erforderte eine mühevolle Arbeit. Deshalb haben wir die mit dem Geländebegehen verbundene Forschung von Sondiercharakter eingeführt. In Zuge der zu Fuß, zu Roß, mit dem Fahrrad und Motorboot durchgeführten Geländearbeit umzeichneten sich langsam die Fundstätten. Zu unserer Überraschung haben wir viel wenigere Fundstätten erschlossen, als wir aufgrund der Analogien anderer Gebiete des Alföld gerechnet haben. Die mitgeteilte Karte zeigt jedoch gut, daß sich die Fundstätten um die folgenden 4 Zentren gruppieren: Kisköre, Tiszafüred, Tiszavalk, Tiszakeszi. Das Jahr 1965 wurde dazu benutzt, daß wir auf den ausge­wählten Fundstätten Probeerschließungen durchgeführt haben, um entscheiden zu können, was für wissenschaftliche Ergebnisse von einer eventuellen Vollausgrabung zu erwarten sind. In der Auswahl fiel der Gefährdetheit, möglichst der Ganzheit und dem Alter des Objekts eine Rolle zu. Das Ziel war, um mit der Erschließung einer einzigen Fundstätte innerhalb einer Periode das Modell festzustellen und die anderswo freigelegten Teilangaben in das Ganze der Geschichte des gegebenen Zeitraumes einfügen zu können. So bildete sich an 3 Fundstätten, wo wir die Freilegung mit Anspruch auf Vollständigkeit durchgeführt hatten, die Erforschung von vier Perioden aus. Diese 3 Fundstätten waren: Kisköre-Damm, Spätneolithikum; Tisza­füred, Bronze- und Awarenzeit; Tiszaörvény, Árpádenzeit. Mit dieser Forschungsmethode gingen wir auf ein großes Risiko ein, da von uns Fund­orte zu sicherem Verderben verurteilt wurden. Hingegen vermieden wir auf diese Weise in größtem Maße die in Torso gelassenen Erschließungen. In Kenntnis unserer geistigen und finanziellen Möglichkeiten waren wir darüber in klaren, daß es unmöglich ist, alle Fundstätten vollkommen freizulegen. Meiner festen Überzeugung nach ist es auch nicht nötig, alle Fund-

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