Folia archeologica 18.

Gizella Cenner-Wilhelmb: Der Augsburger Kupferstecher Dominicus Custos und Ungarn

248 G. CENNER - WILHELMB Am Beginn unserer Abhandlung haben wir schon die Abhängigkeit der künstlerischen Themenwahl des Meisters von seinen Mäzenen betont. Das deutsche Reich unterstützte Ende des XVI. Jahrhunderts unter bedeutendem wirtschaftlichem und militärischem Kraftaufwand die Feldzüge gegen die Tür­ken. Die anfänglichen Erfolge wurden durch die schleppende kaiserliche Kriegs­führung zunichte gemacht. Die Türkenkämpfe darstellenden Blätter von Custos zeugen auf das rege, durch die finanzielle Beteiligung inspirierte Interesse des Hauses Fugger. Diese Aufmerksamkeit erlosch allmähig in dem alle Kräfte in Anspruch nehmenden Ringen des dreißigjährigen Krieges. Die Werke von Custos beweisen den gesellschaftlichen Widerhall der Vorgänge. Die auf feudalen Grundideen aufgebaute Heroen-Verehrung von Erzher­zog Ferdinand fand in dem Meister einen treuen Verwirklicher. Auch deren Verbreitung in Ungarn hatte Custos, obzwar lange nach seinem Tode, über­mittelt. Der Augsburger Kupferstecher Elias Widemann stellte in drei Bildnis­folgen die Aristokratie der Habsburgischen Länder um die Mitte des XVII. Jahrhunderts dar. 12 4 In den Titeln der einzelnen Bänder wird das Wort „heros" stark betont. Der erste Band trägt die Bezeichnung „heroum, qua sanguine qua virtute illustrium", die Wiederholung des Grundgedankes der Ambraser Samm­lung. Die Bildnisstiche von Widemann richten sich in der Anordnung genau nach dem Werke von Custos. 12 5 Kann diese formale und inhaltliche Überein­stimmung ein Zufall sein, oder ergibt sie sich aus der Tatsache, daß beide Meis­ter einstweilen in derselben Stadt, in Augsburg arbeiteten ? Nach der genauen Untersuchung des gesellschaftlichen Hintergrundes der Bildnisfolgen von Wide­mann und seiner ungarischen Beziehungen können wir wichtige Schlußfolge­rungen ziehen. Schon früher hoben wir die große Achtung Widemanns für die Familie Pálffy hervor. 1 2" Der Mäzen der Widemann'schen Folgen, Johann Chris­toph Puchaim, Kommandant in der Festung Komárom (Komorn, Komárno, CSSR) war der Schwiegervater des ungarischen Kronhüters, Stephan Pálffy. 127 Zu Beginn der ungarischen Beziehungen von Widemann war Maria Fugger, die Witwe von Nikolaus Pálffy und Mutter des obenerwähnten Stephan Pálffy noch am Leben. Aus Augsburg stammend hatte sie den Künstlern ihrer Vaterstadt verschiedene Aufträge anvertraut. Die Pläne zum Grabmal ihres Gemahls stammen von dem Augsburger Bildhauer Paul Mayr. 12 8 Von dem prächtigen Castrum doloris der im Jahre 1646 verstorbenen Maria Fugger und ihrer beiden Söhne hatte Widemann einen seitdem verschollenen Kupferstich verfertigt. 129 So stand der Künstler schon seit seiner Übersiedlung nach Wien mit der Fami­lie Pálffy in Beziehung. Der „Atrium Heroicum"-Band mit dem Bildnis von Nikolaus Pálffy spielte gewiß in der Familientradition eine besondere Rolle. Der geistige Inhalt der Urfolge entsprach Puchaim vortrefflich zur Darstellung der Aristokratie der Länder von verschiedenen Nationen als einheitliches Gan­zes. Er hatte längere Zeit in Ungarn verbracht und so fügte er einen dritten 12 4 Cenner-Wilhelmb G., Acta Hist. Art. 4 (1957) 325—347. 12 5 Ebenda 327. 12l i Ebenda 343—344. 12 7 Nagy I., Magyarország családai (Die Familien von Ungarn). IX. (Pest 1862) 47. 12 8 Agghdzy M., A barokk szobrászat Magyarországon (Die Barockskulptur in Ungarn). (Bp. 1959) I: 22., II: 218—219. 12 U Cenner-Wilhelmb G., Acta Hist. Art. 1957. 327.

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