Folia archeologica 14.
László Vértes: Zwei paläolithische Gefäße aus der Theiß
10 L. Vértes Es ist nicht leicht, archäologische Analogien zu den besprochenen Funden zu finden. Die mannigfach verzierten und verschiedensten Zwecken dienenden Mammutelfenbein- und Knochenartefakte aus dem Ostgravettien sind allgemein bekannt; da sie unsere Funde nicht berühren, sehen wir davon ab, sie aufzuzählen. Umso wichtiger sind jedoch, unabhängig davon, welcher Form sie sind, die aus der Altsteinzeit bekannten Gefäße. In erster Linie muß man hier die Schädelgefäße erwähnen, die sowohl im westeuropäischen Magdalénien (Placard, Laugerie basse, Castillo, usw.), wie im osteuropäischen Gravettien (Dolni Vestonice, Culatovo) heimisch sind 3 und dem Anschein nach in dieser letzteren Kultur früher erscheinen. 4 Ihre kultische Rolle kann kaum bezweifelt werden. 5 Als Steingefäße dürften auch die im französischen und spanischen Jungpaläolithikum nicht allzu seltenen „Lampen" aufgefaßt werden, 6 wie auch die selteneren „Schalen", so z. B. die aus dem Frühsolutréen des Abri Casserolle stammende, Ockerspuren aufweisende, verzierte, halbkugelförmige Schale, 7 die ein Behälter für Ockerfarbe gewesen sein dürfte und als solche ebenfalls zu den Kultrequisiten zurechnen ist. Schließlich gibt es noch eine ungewisse Gruppe, die unsererseits nur mit Vorbehalt anzunehmen ist: jene altsteinzeitlichen Knochengefäße, die aus den Sehnenpfannen der größeren Säugetiere ausgebildet worden sind: sie sind Bestandteile der „Protolithischen Knochenkulturen", 8 deren Analogien Menghin selbst bei den rezenten Naturvölkern antrifft. 9 All diese Gefäßarten sind — obwohl sie paläolithisch sind und gewiß nicht zum alltäglichen Gebrauch dienten (als Trinkefäße werden die Eischalen-, Holz-, Leder-Gefäße und die Kalebassen betrachtet) 1 0 — dennoch keine Analogien der hier beschriebenen Stücke. Eine nähere Analogie zu unserem „Trinkhorn", als alle vorangehend aufgezählten ist wahrscheinlich jenes Objekt, das wir wohl nicht unmittelbar, doch indirekt von der Hand des Paläolithikers kennen: das aus Bisonhorn verfertigte „Füllhorn" der Venus von Laussei, 11 das ganz offensichtlich der Bestandteil einer kultischen Szene ist. Neben der annähernd gleichen Form bildet auch das anspruchsvolle Rohmaterial ein Bindeglied zwischen dem dargestellten und dem hier besprochenen Gefäß: letzteres ist aus Mammutelfenbein, das erste aus dem Gehörn des ebenfalls nicht allzu leicht erlegbaren Bisons hergestellt. Doch verbindet sie auch die Rolle, die sie im Leben der beiden Völker eingenommen haben dürften, die sowohl geographisch als auch dem inneren Aspekt ihrer Kultur nach einander 3 Obermaier, H., Fossil Man in Spain. (London 1924) 137, 282—288., fig. 63.; s. Krenn, К., Schädelbecher. Sudeta 5(1929)73—122.; Skutil, ]., Schädelbecher. Sudeta 6(1930) 155. 4 Haniar , F., Probleme der jüngeren Altsteinzeit Osteuropas. Quartär 4(1942) 163. 6 I Vertiert, P., L'anthropophagie rituelle et la chasse aux têtes aux époques actuelle et paléolithique. L'Anthropologie 46(1936) 33—43. e Viré, A., Les lampes du Quaternaire Moyen et leur bibliographie. BSPF 31(1943) 517.; s. BSPF 36(1939) 303.; Goury, G., Origine et Évolution de l'Homme. (Paris 1948) fig. 107. 7 Bergounioux, F. M.— Glory, A., Les Premiers Hommes. (Paris 1943) fig. 69. 8 Menghin, О., Weltgeschichte der Steinzeit. (Wien 1931) 95, 123. » Ebenda 489. 1 0 S.: Schuchardt, G., Das technische Ornament in den Anfängen der Kunst. PZ 1(1909) 37—54.; ferner: Scott, L., Pottery, in Singer, Ch.—Holmyard, E. J.—Ha/l, A. R., History of technology. I. (Oxford 1955) 376 ff. 1 1 S. z. В. Bandi, H. G—Maringer, J., Kunst der Eiszeit. (Basel 1952) fig. 109.