Folia archeologica 14.
László Vértes: Zwei paläolithische Gefäße aus der Theiß
Zwei paläolithiscbe Gefäße aus der Theiß 9 unter der Lupe glatt und glänzend; die beim Polieren entstandenen Rillen, die zu erkennen sind und somit beweisen, daß das Objekt nur kurze Zeit über vom Fluß getrieben wurde, sind scharfkantig, doch haardünn und nur vereinzelt zu beobachten. Die Spitze des Stoßzahnes ist beschädigt. Es ist möglich, daß der Schaden — da hier auch die Farbe von jener der übrigen Teile abweicht — beim Ausheben oder danach entstanden ist; er ist so groß, daß der untere Teil des Gefäßes und selbst der spitz zulaufende Innenraum durchbrochen ist. Rechnet man den fehlenden äußeren Mantel hinzu, so kann man das intakte Objekt als 20—25 cm lang rekonstruieren. Wahrscheinlich war aber selbst die „ursprüngliche" Oberfläche nicht die eigentliche Oberfläche des Stoßzahnes: diesen hat der Mensch gewissermaßen verjüngt. Es hat aber keinen Zweck, sich in weitere Rekonstruktionsversuche einzulassen. So viel vom besprochenen Objekt uns verblieben ist, läßt selbst in dieser Form klar erkennen, daß es ein becher- oder trinkhornähnliches Gefäßchen war, das als solches unter den altsteinzeitlichen Funden allein da steht; aus der Fachliteratur sind nur entfernte indirekte Analogien bekannt. Im Oktober des Jahres 1961 erhielt ich — ebenfalls aus den Händen Zsolt Csalogs — ein weiteres, aus der Theiß gefischtes Objekt. Es war zu meiner größten Verwunderung wiederum ein becherartiges, aus Geweih geschnitztes kleines Gefäß, das József Takács in dem von Baggerschiff ausgehobenen Sand (die Stelle ist nich näher bestimmt, es war in der Umgebung von Tiszaörvény—Varjashát) fand; er lieferte das auffallende Stück in das Damjanich Museum zu Szolnok ein. Der kleine, stumpfkegelförmige Becher mit trichterförmig ausladenden Seiten und rundlicher Basis wurde aus Elchgeweih hergestellt und aus der Rose des Abwurfes derartig zurechtgeschnitzt, daß die Hörnungsfläche die Basis ergibt, während die ausladenden Seitenwände aus der sehr dichten Spongiosa geschnitzt sind; den Rand bildet bereits der harte Kortex des Geweihes. Das Gefäß ist 44 mm hoch, beim Mund cca. 70 mm, bei der Basis cca. 12—17 mm breit. Inhalt cca. 50 cm 3 (Taf. II.). Der kleine Becher ist intakt, bloß am Rand befindet sich eine kleinere, ferner eine 50 mm lange und bis zu 10—15 mm Tiefe dringende Scharte, deren Bruchflächen frisch sind: sie entstand offensichtlich beim Baggern. Die Oberflächen sind glatt, besonders die Innenwand wurde ebenmäßig geschliffen. Die leicht konkave Außenwand ist etwas unebenmäßiger, korrodiert und mit Mangan überzogen. Auf dem Boden und aus der Innenseite haftet glimmerhältiger Theißschlamm. Der Rand ist glatt, abgerundet. Die Ausarbeitung ist schön, man könnte sagen: elegant. Farbe, Mangankruste und Erhaltungsgrad des Knochens entsprechen den bekannten, aus der Theiß stammenden eiszeitlichen Knochenfunden. Das Material (Elchgeweih — nur diese Hirschart hat ein die Geweih mit so dichter Spongiosa, wie es unser Gefäß aufweist) deutet ebenfalls auf das Pleistozän hin. Während Alces in Gebieten nördlich und östlich von Ungarn auch im Postglazial existierte, kam aus Ungarn diese Art bisher aus keiner späteren Periode als das Pleistozän zutage, obwohl sie —fals vorhanden — in unserer reichen archäologischen Knochensammlung sicherlich erscheinen hätte müssen. Man darf daher mit großen Wahrscheinlichkeit behaupten, daß auch dieses Stück aus dem Pleistozän stammt.