Folia archeologica 14.
László Vértes: Zwei paläolithische Gefäße aus der Theiß
8 L. Vértes Hinsichtlich der Schichtenverhältnisse hatte ich Gelegenheit, beim Geologen Pál Kriván, die auf Grund der im Jahre 1950 von Sümeghy und Kopek in der Großen Ungarischen Tiefebene 2 ausgeführten Bohrungen zusammengestellte neueste stratigraphische Interprätation kennenzulernen. Die Serie der Bohrungen wurde gerade bei Tószeg begonnen. Auf Grund der Karte und der mündlichen Informationen Kriváns ist der Löß aus der 2. und 3. WürmVereisung auf der Oberfläche, und reicht so tief nach unten, daß selbst das vom Bett der Theiß freigelegte Niveau nicht tiefer als die Sedimente der eiszeitlichen Abschnitte liegt. Auf diese Weise konnte hinsichtlich des Alters des aus Mammutelfenbein hergestellten Objektes nur so viel festgestellt werden, daß es — wie es auch das Rohmaterial ausschlaggebend bewiesen hat — aus dem Jungpleistozän, näher aus der zweiten Hälfte der Würm-Vereisung stammt. Zieht man auch die geographische Lage des Fundortes in Betracht, kann man kaum bezweifeln, daß es von Trägern des Ostgravettien hergestellt wurde. Das aus der Theiß gefischte Objekt hat keine Analogien: es ist aus dem verjüngten Ende des Stoßzahnes hergestellt, becherförmig ausgestaltet; der Form nach könnte man es als „Trinkhorn" bezeichnen. Es ist 97 mm hoch, die Durchmesser des ovalen Mundes sind 78 bzw. 63 mm; die Durchmesser sind unten, bei der beschädigten Spitze, 50 bzw. 40 mm. Die Wanddicke beträgt heute 10—11 mm, der Inhalt etwa 60 cm 3 (Taf. I.). Die ursprüngliche äußere Fläche des Objektes ist nicht erhalten geblieben. Das Mammutelfenbein zersplittert bei seiner Fossilisation zu kreisrunden Platten, bei der Spitze zu einander überdeckenden Kegelmänteln. Der die ursprüngliche Oberfläche bildende Mantel hat sich vollständig abgelöst; der darunter befindliche, von Natur aus glatte Mantel bildet die heutige Oberfläche, die bereits keine Spuren von Menschenhand aufweist. Man kann leider nicht mehr feststellen, ob die ursprüngliche Oberfläche, die sich abgelöst hat, verziert oder unverziert war. Es scheint, also ob die ursprüngliche Oberfläche der Pulpa die Innenwand des Gefäßes bildete. Diese ist verhältnismäßig gut erhalten, hat sich nicht rundherum abgelöst und ist glatt. Das Ende des Mammutzahnes wurde vom dicken Zahnkörper in einer etwas wellig verlaufenden Linie abgeschnitten: diese Schnittlinie bildet den Rand des Gefäßes und ist verhältnismäßig intakt auf uns gekommen. Der sorgfältig polierte Rand schließt sich — da sich der äußere Mantel abgelöst hat — mit scharfkantigem Bruch der heutigen Oberfläche an. Aus dem Winkel der Bruchlinie zu schließen (140—150°), dürfte der fehlende äußere Mantel höchstens 2—3 mm dick gewesen sein. Ergänzt man nämlich die heutige Oberfläche auf diese Weise, würde sich der Rand schön abgerundet der äußeren Fläche anschließen. Die Innenseite verbindet ebenfalls eine sorgfältig abgerundete Fläche mit dem Rand. Der Rand ist an einigen Stellen beschädigt, was bereits nach dem Polieren, aber vor der Einbettung geschehen ist; dagegen sehen wir an anderen Stellen Scharten, die bereits beim Abschneiden des Stoßzahnes, also vor dem Polieren entstanden sind. Die Regelmäßigkeit und die sorgfältige Ausführung der Polierung sollen hier wieder betont werden. Die polierte Fläche ist selbst 1 Sümeghy /., Földtani Intézet Évi Jelentése, 1950. 233—262.; S. Kopek G., ebenda, Beilage XXIII.