Folia archeologica 13.

A. T. Németh: Das älteste Typarium der philosophischen Fakultät der Wiener Universität

Das älteste Typarium der philosophischen Fakultät der Wiener Universität 133 einer Mütze am Kopf. 2 2 Auf dem Lesepult vor dem Lehrer liegt ein aufge­schlagenes Buch. Die Gestalt und die Requisiten füllen die Bildfläche unter dem Bogen der rechten Seite völlig aus und erheben sie gleichsam über die kleinen Figuren der in der linken Bildseite gruppierten Hörer. Sieben, übereinander bzw. hintereinander angeordnete Köpfe symbolisieren die Schülerschar. Die beiden auf dem Boden sitzenden Gestalten der ersten Reihe tragen die weite, faltenreiche Toga der Universitätsstudenten, und die erste Figur hält ein offenes Buch auf den Knien. Diese beiden verdecken völlig die Gestalten der in der zweiten und dritten Reihe stehenden Hörer von denen nur die Köpfe zu sehen sind, die auf diese Weise ein eigenes Leben zu führen scheinen. Obwohl sie die größere Bildfläche einnimmt, beherrscht die Szene, die das alltägliche Leben an der Universität schildert, wegen der schlechten Verteilung ihrer Figuren, dennoch nicht das Gesamtbild. Dem großen Balda­chin in der Mitte schließt sich zu beiden Seiten je eine kleine, mit Giebel und Fialen ausgestattete Nische an, in jeder mit einer bärtigen, in ein härenes Gewand gekleideten Halbfigur. Unterhalb der Figuren ist auf der rechten Seite das österreichische Wappenschild, auf der linken das der Stadt Wien zu sehen. Die zwischen Perlenreihen gravierte Inschrift ist in gotischen Majuskeln gehalten und lautet: S[IGILLVM] • DOCTORV[M] • MAGISTRORV [M] • ET • SCOLARIV [M] • WYENNE[NSIVM] . In der künstlerischen Auffassung zeigt das Siegel eine gewisse Verwandt­schaft mit dem aus 1362 stammenden Reitersiegel des Stifters Rudolf IV. Die Ähnlichkeit macht sich vor allem in der übermäßigen Verwendung von Draperien, sowie in der überfüllten Komposition bemerkbar, was die Ver­mutung nahe legt, daß beide Stücke von der gleichen Hand stammen u. zw., von der Hand des Prager Meisters Janko des Siegelstechers Herzog Ru­dolf IV. 2 3 Die 1384 erfolgte Neu Organisierung der Universität bedingte auch die Anfertigung eines neuen Typariums. Auch dieses, dem ikonographischen Schema des vorangehenden angeglichene Siegel kennen wir nur aus urkund­ichen Abdrücken. 2 4 (Taf. XXIII. 2.) Auf dem Siegel dessen Durchmesser 7 cm beträgt, sieht man eine von Säulen und Gesimse reich gegliederte, mit Fialen und Giebeln dicht besetzte gotische Architektur. Unter dem in zwei Felder geteilten mittleren Baldachin sitzt wie im ersten Siegel die thronende Madonna während die beiden an­betenden Engel zu beiden Seiten in eigenen kleinen Nischen untergebracht sind. Das untere größere Feld ist durch eine mittlere Säule auf der die beiden Gewölbebogen ruhen in zwei Teile geteilt. Unter diesen erblicken wir eine Doppelszene und zwar auf der rechten Seite des Siegels die Darstellung des Unterrichtes an der 1384 zugelassenen theologischen Fakultät, und links eine weltliche Unterrichtsszene, bzw. eine Darstellung der drei anderen Fakultäten. Im oberen Teil der bogenumrahmten Felder sitzen die Professoren auf goti­schen Bänken, vor jedem von ihnen ein aufgeschlagenes Buch auf den Lese­pulten. Der Lehrer der Theologie ist in ein langes Gewand gehüllt mit weiten Ärmeln und einer Kaputze über den Rücken. Sein Haupt ist unbedeckt, so 2 2 Ebenda 37. 2 3 Sava, К., op. cit. 1.; Abbildung s. K/etler, P., op. cit. Taf. II. 2 4 Ebenda 16.; Grit^ner, E., OD . cit.

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