Folia archeologica 12.
Kalmár János: A brigantin
Die Brigantine 241 In der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts erfährt die Konstruktion der aus Plattenbändern bestehenden Panzer eine Änderung. Die Plattenbänder umgeben den Körper nun nicht mehr in ganzer Länge von Rückenmitte, zu Rückenmitte, oder aber von einer Körperseite zur anderen, sondern sie zerfallen nunmehr in kurze ziegel- oder rhombenförmige Plättchen, die — so geschnitten und entsprechend gebogen —auf die Innenseite des nach Mass verfertigten Lederkollers aufgenietet, ein den Körper umschmiegendes Mosaik bilden. Der so entstandene Panzer deckte den ganzen Oberkörper; an manchen Exemplaren schützte noch ein grösseres Plattenstück Brust resp. Rücken besonders. Die Konstruktion weist darauf hin, dass diese Panzerart seitlich geschlossen wurde. Bei dieser Art stehen wir dann nicht mehr dem gepanzerten Lendenschurz, sondern schon der Brigantine gegenüber. Die Panzerplättchen der Brigantine sind keineswegs Abkömmlinge der im Osten allgemein bekannten und gebräuchlichen Panzerlamellen, die Reihen aufeinander fallender, schmaler Plattenstreifen bilden; die Plättchen der Brigantine sind mosaikartig nebeneinander aufgenietet. Die frühesten in der Reihe der Denkmalstücke sind die unter den Ruinen der Burg Reichenstein gefundenen Panzerplättchen. Die Burg wurde im Jahre 1300 zerstört, folglich können die Plättchen noch aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts stammen. Sie sind schwach gewölbt, um dem Körper genau aufzuliegen, und ziegel- oder rhombenförmig. Die am oberen Teil der Plättchen angebrachten Nieten haben halbkugelige, mit Messing plattierte Köpfe. Ihr Durchmesser beträgt cca 10 mm. Den Nieten und den Lederresten nach zu urteilen, waren die Plättchen auf der Innenseite des Ledergewandes aufgenietet. Bei Ausgrabungen der Burg Schönenwerd im Schweizer Limmat-Tale wurden ähnliche Plättchen gefunden. Die Burg wurde 1344 niedergebrannt, das Fundmaterial stammt also noch aus der Zeit vor diesem Jahre. Die Plättchen sind der Körperform gemäss gewölbt, ihre Innenseite glatt; sie waren also unter dem Leder oder Tuchmaterial angebracht. Die anlässlich der ersten Ausgrabungen von Burg Helfenstein gefundenen 25 Plättchen sind den Schönenwerder Stücken ähnlich; es sind grössere und kleinere, schwach gewölbte Eisenplättchen von Rhombenform, die aus den Jahren von 1360—1370 stammen. Der zweite Helfensteiner Fund umfasst 10 Plättchen. Sie sind wie die Stücke des ersten Fundes rhombenförmig und stammen gleichfalls aus den 60er, 70er Jahren des XIV. Jahrhunderts. Mit dem ersten Helfensteiner Fund in bezug auf Grösse und Form analoge Plättchen kamen im Verlaufe der Ausgrabungen von Klissa in Pomáz ans Tageslicht. Die Höhe der Bänder beträgt 40 mm. Den Nieten nach zu urteilen, waren sie gleichfalls auf der Innenseite des Leders angebracht. Ihr Alter dürfen wir mit Hinsicht auf das Vergleichsmaterial in die zweite Hälfte des XIV. Jahrhunderts setzen. Auf dem Reiterstandbild des hl. Georg in Prag — einem Werk der Meister Martin und Georg von Klausenburg (Kolozsvár) — ist der Leib des Ritters mit einer dicht genieteten Brigantine gerüstet. Die Brust schützt eine grössere Platte. Die Brigantine schliesst in der Mitte des Rückens. Das Standbild wurde im Jahre 1373 fertiggestellt. Die Brigantine lebt bis zum Ende des XIV. Jahrhunderts noch ausgesprochen als Nachfolger des ritterlichen i6 Folia Archaeologica