Evangélikus Élet, 2013. január-június (78. évfolyam, 1-26. szám)
2013-03-31 / 13. szám
6 4i 2013. március 31. NÉMET OLDAL ' 1 r r .■ . ’ . ' Evangélikus Élet D o iá ts e h e A v l / ^ „Das Gesamtpaket hat gestimmt“ Zum 30. Jubiläum der Partnerschaft zwischen Nürnberg-St. Sebald und der Budapester Burggemeinde ► Dreißig Jahre ist es her, dass der Grundstein der ersten bayerischungarischen Gemeindepartnerschaft gelegt wurde. 1983 nahmen die Gemeinden St. Sebald in Nürnberg und die Budapester Burggemeinde ihre Partnerschaft auf. In den letzten drei Jahrzehnten wuchs das Miteinander - viele Mitglieder aus beiden Gemeinden trafen sich, knüpften Freundschaften, weiteten im Miteinander ihren Horizont und wurden einander zu Wegbegleitern durch die Zeiten. Csenge Madocsai, Studentin der Physiotherapie, und ihre Zwillingsschwester Lelle Madocsai, die Psychologie studiert, haben 2006 nach ihrer Konfirmation über die Jugendbegegnungen ihre Nürnberger Partnergemeinde kennen und schätzen gelernt. Heute berichten sie darüber, was ihnen die Partnerschaft - auch jetzt, ein paar Jahre später - bedeutet. Aus der Chronik der Partnerschaft zwischen Nürnberg- St. Sebald und der Budapester Burggemeinde 1983 - Dr. Ludwig Markert, damals Leiter des Studienzentrums Heilig-Geist in Nürnberg und Sebalder Pfarrer, lädt zu Ökumenischen Begegnungstagen mit Gästen aus Ungarn. Bischof D. Dr. Gyula Nagy, der Leiter der ungarischen Delegation, ist Gast der Kirchengemeinde St. Sebald. Durch ihn ist der Kontakt zur Budapester Burggemeinde hergestellt. 1984 - Eine Sebalder Delegation besucht die Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Budapest und mehrere ungarische Orte. Die Kontakte zwischen beiden Gemeinden werden enger. 1985 - Ein Briefwechsel zwischen Bischof D. Dr. Gyula Nagy und dem Sebalder Pfarrer Eberhard Bibelriether unterstreicht, dass die Verbindung zwischen den Gemeinden auch mit einem für die beiden Landeskirchen segensreichen Inhalt gefüllt werden soll. ab 1986 - Regelmäßige gegenseitige Besuche von Mitgliedern beider Gemeinden 1991 - Aufnahme einer neuen Partnerschaftsebene: Junge Erwachsene aus beiden Gemeinden besuchen sich fortan regelmäßig. 1992 - Der erste Partnerschaftsvertrag zwischen der bayerischen und der ungarischen Landeskirche wird unterzeichnet. Pfarrer Eberhard Bibelriether schreibt an Pfarrer Iván Balicza: „Wir waren Vorreiter, Pfadfinder.“ ab 1993 - Die Partnerschaft wird immer vielfältiger: Die Jugendlichen führen eine gemeinsame Donau-Radtour durch. Die Sebalder Kantorei ist auf Konzertreise in Ungarn. Die Gemeinden besuchen sich bei Installationen neuer Pfarrer. Grundlagen für ein deutschungarisches Miteinander über die Gemeindepartnerschaft hinaus entstehen etwa im Bereich der Klinikseelsorge und in der Gründung von Schulpartnerschaften. ab 2000 - Die Jugendbegegnungen werden regelmäßiger - zweimal pro Jahr treffen sich junge Erwachsene, wenig später auch die Konfirmierten beider Gemeinden. Zweisprachige Gottesdienste mit Schauspielen der Jugendlichen werden gefeiert. Die Kontakte zwischen den erwachsenen Gemeindegliedern bleiben eng. 2008 - Die Gemeindepartnerschaft feiert in Nürnberg ihr 25- jähriges Bestehen. Aus Budapest reisen rund 30 Partnerschaftsvertreter aller Generationen an. 2012 - Die landeskirchliche Partnerschaft feiert mit mehreren hundert Teilnehmern ihr 20-jähriges Bestehen in Nürnberg. Der Festgottesdienst findet in der Sebalduskirche statt. Was wusstet ihr eigentlich von dieser Partnerschaft, bevor ihr zum ersten Mal an einer Begegnung mit den Nürnbergern teilgenommen habt? Lelle: Wir wussten natürlich, dass es die Partnerschaft gibt und dass auch unser Vater und unsere Schwester in Nürnberg waren. Und noch in den 80er Jahren - in den Anfangsjahren der Partnerschaft - hat auch unser Großvater, Pfarrer Miklós Madocsai, in der Sebalduskirche gepredigt. Aber wir waren ja gerade erst im Konfirmationsalter und sind ziemlich unvoreingenommen nach Deutschland gefahren. Was hat euch gereizt, an der Partnerschaftsbegegnung teilzunehmen ? Csenge: Da sprach eigentlich sehr vieles dafür - alleine schon die Möglichkeit, die deutsche Sprache zu üben. Wir haben seit der ersten Klasse eine Schule besucht, in der die Unterrichtssprache auch deutsch war. Doch die Partnerschaft mit St. Sebald bot erstmals auch die Möglichkeit, nach Deutschland zu fahren. Lelle: Darüber hinaus war es natürlich auch ein wichtiges Gemeinschaftserlebnis. Wir wurden nach der Konfirmation Mitglieder unserer Jugendgruppe - und gerade als Auftakt dieses sich jeden Freitag treffenden Jugendkreises war es gruppendynamisch spannend eine solche Fahrt zu unternehmen, zumal ganz viele aus unserer Konfirmandengruppe da auch mitfuhren. Und natürlich waren wir neugierig auf das Miteinander mit den Jugendlichen aus Nürnberg. Jugendliche aus der Burggemeinde, die schon früher in Nürnberg waren, sagten uns auch, dass es sehr lohnenswert ist, an den Begegnungen mit den Jugendlichen aus unserer deutschen Partnergemeinde teilzunehmen. Welche bleibenden Eindrücke habt ihr von der Sebalder Jugend bekommen? Lelle: Die Sebalder Jugendlichen waren sehr gut ausgestattet, das ist uns natürlich gleich ins Auge gefallen. Im Jugendcafé gab es einen Billardtisch und einen Kicker. Wir haben natürlich auch bemerkt, dass die Jugendarbeit anders aufgebaut ist als bei uns. In der Burggemeinde ging es nach der Konfirmation mit Jugendbibelgesprächskreisen weiter - und in St. Sebald gab es einen offenen Treff ohne wöchentliches spirituelles Angebot. Das hat uns auf den ersten Blick überrascht. Csenge: Wir haben natürlich auch bemerkt, dass so ein niederschwelliges Jugendangebot noch andere Jugendliche anspricht und in die Nähe der Küche bringt. Ich will die sehr unterschiedlichen Jugendarbeiten beider Gemeinden nicht gegeneinander ausspielen - weder in ihrer Spiritualität, noch in ihrer Bedeutung für das kirchliche Leben. Denn für manche kann gerade so ein Angebot, das niederschwellige Kennenlernen der Atmosphäre einer Gemeinde, eine Chance sein, sich danach mit der Kirche und ihrer Botschaft auseinanderzusetzen. Es war spannend, die Unterschiede kennenzulernen. In Nürnberg habt ihr bei Jugendlichen zu Hause gewohnt... Lelle: ...und nicht in Hotels oder Jugendherbergen. Ja, und das war für uns auch sehr gut. Denn so konnten wir die Nürnberger Jugendlichen und ihre Familien noch viel besser kennenlernen und engere Kontakte schließen. War das nicht auch recht spannendfür euch, in so jungen Jahren in einem fremden Land in einerfremden Familie zu wohnen? Csenge: Spannend war es schon - und ist es immer. Als ich nach Nürnberg fuhr, hatte ich jedoch schon ein anderes prägendes Auslandserlebnis hinter mir: Ich war zuvor im Rahmen eines Wettkampfes der Rhythmischen Gymnastik in Tschechien. Dort war ich bei einer Familie zu Gast, mit der ich kein einziges Wort wechseln konnte. Sie sprachen kein ungarisch, und ich habe keine Ahnung von der tschechischen Sprache - und trotzdem hat alles irgendwie geklappt. Im Vergleich hierzu war die Fahrt nach Nürnberg sprachlich eigentlich ein Heimspiel. Und ich habe den Aufenthalt in meiner Gastfamilie wirklich genossen. Das war eine gute Möglichkeit, um eine Familie und deren Leben kennenzulernen. Und natürlich hat uns das gemeinsame Programm beeindruckt. Das Gesamtpaket hat gestimmt. Inzwischen sind ein paar Jahre ins Land gezogen. Wie seht ihr heute den Wert der Partnerschaft? Was ist „geblieben“? Lelle: Dass man auch in anderen Ländern glaubt, weiß man zwar. Aber es ist noch mal etwas anderes und besonderes, das auch tatsächlich in der Gemeinschaft miteinander zu erleben. Für mich war dieses Erleben ganz sicher eine Stärkung im Glauben - und natürlich hat es auch unsere Gemeinschaft gestärkt. Csenge: Außer dass unser deutsch-ungarisches Miteinander gestärkt wurde, hat die Partnerschaft natürlich auch viel für die Gemeinschaft innerhalb der Burggemeinde gebracht. Ich denke da zum Beispiel daran, dass wir nach unserem Besuch in Nürnberg mit viel Elan überlegt haben, wie wir unsere Nürnberger Freunde empfangen können und welches Programm wir für sie planen. Die Partnerschaft hat sicherlich nicht nur der Jugend eurer Gemeinde vieles gebracht. Csenge: Es ist immer wichtig und interessant, den Blick dafür zu weiten, wie andere Gemeinden ihren Glauben leben. Und wenn dieser Blick auch über Grenzen hinweg geht, ist das umso bereichernder. Da stößt man natürlich auf manche Unterschiede - zum Beispiel in der Mentalität und der gemeindlichen Infrastruktur. Aber der entscheidende Punkt, an dem beide Gemeinden profitieren, ist die Einsicht, dass trotz aller offenkundiger Unterschiede doch das Verbindende im gemeinsamen Glauben viel bedeutsamer ist und auch wirklich Gemeinschaft bietet. Lelle: Natürlich finden wir als Jugendliche, dass gerade die Jugendverbindungen besonders bereichernd sind. Irgendwie ist der Abenteuercharakter, das Kennenlernen von Unbekanntem und das Knüpfen von Kontakten und Freundschaften im Jugendalter besonders spannend. Und ich denke, dass wir viele dort gesammelte Erfahrungen sowohl für unseren eigenen weiteren Weg, als ganz sicher auch in die weitere Gemeindearbeit einbringen konnten. Lelle, du hast im vergangenen Oktober das Miteinander von ganz vielen bayerisch-ungarischen Verbindungen beim 20-jährigen Jubiläum der landeskirchlichen Partnerschaft erlebt. Was war besonders für dich? Lelle: Es war gut zu sehen, wie viele Menschen mit gemeinsamem bayerisch-ungarischen Horizont Zusammenkommen, sich schon kennen oder sich bei dieser Gelegenheit auf einer schon bestehenden Grundlage kennenlernen. Und diese Freude aneinander war spürbar und ehrlich. Und im Gegensatz zu den gemeindlichen Begegnungen mit übersichtlicher Teilnehmerzahl war für mich am g Partnerschaftsfest in Nürnberg besonders eindrucksvoll, dass es eine so große Anzahl an Menschen gibt, die sich gegenseitig wichtig sind und denen das Miteinander am Herzen liegt und die sich füreinander interessieren. Das deckt auch die verschiedenen Bereiche kirchlichen Lebens ab - angefangen bei der Kindergartenarbeit. Und auch die diakonische Arbeit, die Sorge um in Armut lebende Menschen gehört zur bayerisch-ungarischen Partnerschaft dazu. Ich denke, dieser Facettenreichtum der Partnerschaft wird durch ein gemeinsames Fest nochmals viel deutlicher fassbar und erlebbar. ■ Holger Manke. Lelle Madocsai, Holger Manke und Csenge Madocsai blicken auf ihre Gemeindepartnerschaft