Evangélikus Élet, 2012. július-december (77. évfolyam, 26-52. szám)

2012-12-23 / 51-52. szám

26 41 2012. december 23-30. NÉMET OLDAL Evangélikus Élet D@bit/ScPi(5 hoc“ Sie singen, als wäre die Geburt genau jetzt und hier geschehen „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“ (Hebräer 13,14) In der Dämmerung huschen kleine Gestalten über den Marktplatz. Weiße Gewänder blitzen auf, hier schimmert ein Engelsflügel, dort ein Krönchen im Haar. In der Kirche brennt bereits Licht. Die ersten Flötentöne sind zu hö­­ren.Gleich beginnt die Generalprobe des Kin­derchores, die Engel proben. Sie sind schon auf­geregt und tummeln sich vor dem Altar. Es dau­ert, bis jeder seinen Platz findet. Mara bestaunt noch die geschmückten Christbäume. Luisa trägt vorsichtig und stolz ihr Engelskostüm mit­samt dem flauschigen Schein auf dem Kopf. Leila ist in Gedanken noch bei ihrer Oma, die sie am Nachmittag im Krankenhaus besucht hat. Eva ist ganz im Anblick der anderen En­gel vertieft und denkt gerade: „Und da gehö­re ich auch dazu! Engel sein ist doch Klasse!“ Antonia blickt skeptisch in die noch leere Kir­che. Sie sieht ihre Mama, die jetzt mit zur Ge­neralprobe kommt, weil sie am Heiligen Abend nicht bei ihren Kindern ist, sondern in der neu­en Partnerschaft. Lisa singt schon aus voller Kehle und Anne versucht erste Töne. Bald ist es soweit! Und die Kinder sind dabei, sich in die wunderbare Geschichte von Weihnachten hinein zu spielen und zu singen. Ob sie sich bewusst sind, welche wichtige Rolle sie in dieser Liebesgeschichte Gottes mit den Menschen haben? Sie rühren ja nicht nur Eltern und Großeltern mit Gefühlen und Fest­tagsromantik. Sie öffnen das Herz und singen „Ehre sei Gott in der Höhe". Dabei werden sie zu einem Teil der Geburt dieses Kindes, das uns den Himmel öffnet. Sie werden zu Boten Gottes! Voller Leidenschaft legt sich Gott in diese Welt hinein. Die Verletzlichkeit und Bedürftigkeit eines Kindes wird uns zugemu­tet. Während wir noch nach rationalen Ergeb­nissen und nach Sicherheiten suchen, proben die Engelschöre die ganz andere Geschichte vom Leben. Mehrstimmig und manchmal auch vielstimmig setzen sie alle Leidenschaft für das Kind in der Krippe ein. Und sie singen, als wäre die Geburt genau jetzt und hier gesche­hen! Aber so ist es doch auch: Das Kind in den Windeln auf Stroh in der Futterkrippe zeigt uns den Gott, der sich in der Welt einnistet, weil er hier bei seinen Menschen sein will. Kein fremder, weit entfernter, elitärer, unerreichba­rer Gott, sondern ein naher, berührbarer, spürbarer und hörbarer Gott ist da. Im Religionsunterricht fragt ein Mädchen: „Warum kam Jesus gerade in Bethlehem auf die Welt!“ Wir suchen gemeinsam nach Antwor­ten. Da meldet sich eine Schülerin und sagt: „Je­sus kam dorthin, wo ihn die Menschen am nö­tigsten brauchten.“ Das glaube ich auch: Gott kommt dorthin, wo wir ihn in dieser Welt be­sonders brauchen! Bethlehem ist auch heute noch so ein Ort, oder die Flüchtlingslager in Afrika, Slums in Indien, die Familie auf der Flucht aus Syrien, die Kinder voller Heimweh in einer Asylunterkunft in Deutschland. Während die Engel das Lied vom „Frieden auf Erden“ proben, wünsche ich den Leilas und Antonias unter ihnen, dass sie ihr Lied mitneh­men, dass es ihnen zum Ohrwurm wird für die Weihnachtstage und auch danach. Ein Lied, das sie auffängt in ihrer Traurigkeit und dem Wunsch nach Geborgenheit. Noch proben die Engel, aber wenn dann die Kirche voll ist, und sie für Groß und Klein von „Gottes Wohlge­fallen für die Menschen“ singen, dann ist noch einmal eine andere Atmosphäre: Die kni­sternde Erwartung der Kinder, die Erinnerun­gen der Erwachsenen und die wohlige Heraus­forderung der bevorstehenden Festtage. Es steht aber auch die Frage im Raum, wie ernst wir „diese Engel" nehmen. Wie ernst nehmen wir die Kinder, die da für uns zu Engeln wer­den? So wie sie sind, mit ihren eigenen Erleb­nissen und Erfahrungen, ihren „dunklen Tä­lern“ und Anfragen an uns Erwachsenen. Kin­der brauchen Orte, an denen sie mit ihren Fra­gen offene Ohren finden. In der Kirche mit Kin­dern am Sonntagmorgen, bei Kinderbibeltagen, in Kindergruppen und kirchlichen Kindergär­ten erleben sie: Meine Gedanken über Gott und mein Leben sind ein Teil von mir. Ich kann auch meine Gefühle äußern. Gott kommt mir nahe. Der Engelschor an Weihnachten probt nicht nur für die Erwachsenen, jedes Engelskind singt auch von sich selbst. Was gibt es schöneres, als ihnen für ihr Singen oder Schweigen, Fragen und Feiern Zeit und Raum zu geben. Mit den Engeln wird es Weihnachten: Gott legt sich fest. Er wählt den Menschen. Seine Absicht: Frie­den. Dafür hat sich das Proben allemal gelohnt! Und wenn der Gottesdienst zu Ende ist, dann gehen wir - hoffentlich - mit einem Ohrwurm nach Hause. „Gloria, Gloria, Gloria, der Him­mel steht offen, Halleluja. Wenn Gottes Licht die Herzen erhellt, dann wird es hell in unse­rer Welt." ■ Klaus Eyselein Pfarrer der Kirchengemeinde Pyrbaum Im 19. Jahrhundert lebte in Polen ein bekann­ter jüdischer Rabbi. Zu ihm kam eines Tages ein Besucher, um einen Rat von ihm zu erbit­ten. Als der Mann sah, dass die Wohnung des Rabbi aus einem winzigen Zimmer bestand, in dem sich nur eine Bank, ein Tisch mit Stuhl und viele Bücher befanden, fragte er den Rab­bi verwundert: „Meister, wo haben Sie Ihre Mö­bel und den Hausrat?“ - „Wo haben Sie Ihre?“ erwiderte der Rabbi. „Meine?“ fragte der ver­blüffte Fremde, „ich bin doch nur zu Besuch hier. Ich bin doch nur auf der Durchreise!“ Da erwidert der Rabbi: „Ich auch!“ Die Jahreslosung für das neue Jahr 2013 er­innert uns daran, dass wir - bei aller Schön­heit und aller Freude aber auch in allen Be­schwernissen unseres Lebens - nur auf der Durchreise sind: „Wir haben hier keine bleiben­de Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Für viele Gemeindeglieder in der Deutsch­sprachigen Evangelischen Gemeinde in Buda­pest gilt dieser Satz in einem sehr konkreten Sinn: Der größere Teil der deutschsprachigen Christen in der Gemeinde ist nur für kurze Zeit hier. Wir haben eine große Zahl von Mitarbei­tern deutscher Firmen und Institutionen, die mit ihren Familien nur für zwei oder drei Jahre nach Ungarn kommen und dann wieder in ihre Hei­mat zurückkehren. In dieser Zeit finden sie in der deutschsprachigen evangelischen Gemein­de ihr geistliches Zuhause. In jedem Jahr vor der Sommerpause feiern wir einen Gottesdienst, in dem die wegziehenden Gemeindeglieder per­sönlich verabschiedet werden. Die Gemeinde empfindet den Schmerz; die Wegziehenden ge­hen schweren Herzens von dem schönen Buda­pest weg. Und trotzdem wachsen in der kurz­en Dauer des Aufenthaltes herzliche Bindungen und es entstehen Wurzeln. Aber es ist den Men­schen unserer Gemeinde klar, dass wir letztlich eine Weggemeinschaft bilden, um einander beizustehen auf der Wanderschaft, die weiter geht. Und so erinnert die kleine deutschsprachi­ge Gemeinde in Budapest, die ja Teil der Evan­gelischen Küche in Ungarn ist, durch ihr Dasein an einen Grundzug unseres christlichen Glau­bens: Wir sind unterwegs zu einem größeren Ziel. Wü sind nicht auf Dauer hier, sondern der Glaube richtet sich nach vorne. Warum das so ist, lehrt ein Blick auf den Zu­sammenhang, in dem die Jahreslosung steht. Unmittelbar vorher ist von Jesus Christus die Rede. Der Hebräerbrief erinnert daran, dass der Sohn Gottes „draußen vor dem Tor gelitten hat“ (Hebräer 13,12). Diesen Hinweis auf den Kreuzestod verbindet der Verfasser mit einer Mahnung an die Gemeinde: „So lasst uns zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen. Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ (Hebräer 13,13+14). Schon in der Weihnachtsgeschichte wird uns erzählt, dass für das Kind „kein Raum in der Herberge“ war (Lukas 2,7). Der Sohn Gottes kommt in die Welt, findet aber in ihr keinen Platz, keine endgültige Heimat. Auch Er bleibt auf der Durchreise. Es ist die uner­gründliche Liebe Gottes, dass der Sohn Mensch wird. Hier begegnet er uns, um uns zum Vater zu bringen. Von nun an sind wir dort, wo Er ist. Das bedeutet dann aber auch, dass wir als Christen ein Stück weit seine Hei­matlosigkeit teilen. Viele Schwestern und Brüder in der weiten Welt, die uns im Glau­ben verbunden sind, erfahren die Wahrheit dieses Wortes am eigenen Leib. Sie „tragen sei­ne Schmach". Die internationale Gesellschaft für Menschenrechte gibt an, dass weltweit et­wa 90% der Menschen, die wegen ihres Glau­bens verfolgt oder benachteiligt werden, Chri­sten sind. Auch in Europa wächst die Skepsis gegenüber dem christlichen Glauben. Die Jahreslosung ist in dieser Situation ein Wort gegen alle Resignation: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wü“ Wir haben Zukunft! Und diese Zu­kunft ist untrennbar verbunden mit Christus, unserem Herrn. Die Jahreslosung ermutigt uns, den Blick auf ihn zu richten. Das biblische Wort lädt uns ein, dort zu sein, wo Jesus ist. Das wird nicht immer angenehm sein. Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass der Gemeinde Jesu im Neuen Jahr allerhand Schwierigkeiten und Hindernisse begegnen. Aber wir sind dann je­denfalls in seiner Nähe, und Er verheißt uns Zu­kunft. In diesem Bibelwort können wir das Le­bensgefühl der ersten Christen greifen, wie es zum Beispiel in der Apostelgeschichte geschil­dert wird: Als die Jünger nach Ostern Christus nachschauen, werden sie von den Engeln er­mahnt: „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen“ (Apostelgeschichte 1,11). Wü blicken als Christen nicht auf Jesus zu­rück, wir sehen Jesus entgegen! In der deutschsprachigen Gemeinde kommt es häufiger vor, dass ehemalige Gemeindeglie­der plötzlich im Gottesdienst sind. Dann ist die Freude des Wiedersehens groß. Daher sagen wir beim Abschied gelegentlich: Christen se­hen sich nie zum letzten Mal! Was auch immer das neue Jahr bringen mag: Wir gehen auf unseren Herrn zu, der seiner­seits uns entgegenkommt. „Wir haben hier kei­ne bleibende Stadt, sondern die zukünftige su­chen wir." Denn wir suchen unseren Herrn Je­sus Christus, der uns Zukunft gibt! ■ Johannes Erlbruch Pfarrer der Deutschsprachigen Evangelischen Gemeinde Budapest Johann Amos Comenius Gebet Ich danke meinem Gott, der gewollt hat, dass ich zeitlebens ein Mensch der Sehnsucht sein sollte. Ich preise dich, mein Erretter, dass du mir auf der Erde kein Vaterland und keine Wohnung gegeben hast. Du hast mich vor der Torheit bewahrt, das Zufällige für das Wesentliche, den Weg für das Ziel, das Streben für die Ruhe, die Herberge für die Wohnung und die Wanderschaft für das Vaterland zu halten.

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