Evangélikus Élet, 2011. január-június (76. évfolyam, 1-26. szám)
2011-06-12 / 24. szám
6 ■m 2011. június 12. NÉMET OLDAL Evangélikus Élet D(sUtSCPKs Hower Mánké Pfingsten - Fest der Begeisterung Von der Silbermöwe zur lebendigen Partnerschaft Aus der Ungarnchronik der Christuskirche Schrobenhausen „Ich war richtig begeistert", sagen wir manchmal, wenn uns etwas gepackt und im Innersten ergriffen hat: ein mitreißendes Konzert, ein spannendes Fußballspiel, eine Reise durch eine wunderschöne Landschaft. Dabei hat sich die Stimmung gehoben und das Gesicht aufgehellt. Die christliche Gemeinde auf der ganzen Welt feiert wieder Pfingsten, das Fest der Begeisterung in Erinnerung an die Begeisterung der Menschen damals, die angerührt und im Innersten gepackt waren von einem Geist, der von Gott kommt. Gepackt von einem guten Geist voller Lebensenergie und Zukunftshoffnung. Zu meinem Gebiet als früherer Regionalbischof von Regensburg gehörte der Rauhe Kulm, ein ehemaliger Vulkan, der sich als beachtlicher Berg von der sonst relativ flachen Umgebung abhebt, von allen Seiten von weitem zu sehen. Wanderer und Geologiestudenten kommen, um über schwarzes Geröll und große Basalt-Steinbrocken hinauf zu kraxeln. Ein Berg, einst voll Feuer und Gewalt, voll Wärme und ungeheurer Energie. Aber vor langer Zeit erloschen. Heute ist es harmlos, ihn zu besteigen. Wenn wir Pfingsten feiern, dann können wir das so machen wie dort die Wanderer und Geologiestudenten, die das erstarrte Gestein in die Hand nehmen und sich dann ihre Gedanken darüber machen, wie das vor langer Zeit einmal gewesen sein mag, als die feurige Glut die Nacht erhellte. Sie können aber zugleich beruhigt davon ausgehen, dass der Berg ruhig bleibt. Man kann Pfingsten feiern als Erinnerungsfest an das, was vor langer Zeit einmal geschehen ist. Dann erinnern wir uns, dass das Christentum einmal über das Römische Weltreich kam wie ein Feuersturm. Wie ein Feuersturm des guten Geistes. Des Geistes der Liebe untereinander statt der Verherrlichung blutiger Kriege, ein Geist der Versöhnung statt der über Generationen vererbten Rachefehden. Ein Geist der Barmherzigkeit statt des grenzenlosen Egoismus, wo jeder nur an sich selber denkt. Ein Feuersturm des Geistes Jesu Christi, der die Welt total verändert hat. Dieser Heilige Geist will auch jeden von uns verändern und uns ein Lebensziel zeigen auf einem Weg, der über die eigene Lebenszeit hinausreicht. Wir feiern wieder Pfingsten, und da können wir uns doch nicht damit zufrieden geben, dass inzwischen so vieles abgekühlt, manches sogar erloschen ist. Dass die Kirchen und viele Herzen leerer geworden sind. Dass vieles erstarrt ist, was einmal voll Leben war. Pfingsten ist die Erinnerung daran, dass Gottes Geist die Menschen begeistern möchte zu einem wieder erwachten geistlichen Leben, so wie die Natur nach dem Winter wieder volles Leben zeigt. Pfingsten ist das Fest der Einmischung des göttlichen Geistes in den Geist dieser Welt. Und das Fest der Einmischung des göttlichen Geistes in unser eigenes Leben.. Natürlich kann man sich auch mit den vorfindlichen Brocken zufrieden geben. Dort der Rauhe Kulm in der Oberpfalz ist ja durchaus imponierend und beeindruckt mit seinen Gesteinsmassen. Das, was in der Kirche durch die 2000 Jahre überliefert wurde, ist auch bis heute imponierend: Die großartigen Kirchenbauten, die wunderschöne Kirchenmusik, die sozialen Einrichtungen, die unser Zusammenleben verbessern und Menschen auffangen, die sonst nicht zurechtkämen. Die Geschichte der Kirche ist eine Segensgeschichte. Zu ihr gehört sogar vieles, dem man das gar nicht mehr ansieht: Das Rote Kreuz und die Raiffeisen- und Volksbanken, die Krankenkassen und Krankenhäuser, das ist alles aus christlichem Geist entstanden. Ich kann mich durchaus damit zufrieden geben, dass ich getauft bin und zu dieser Kirche gehöre. Und doch will der Geist von Pfingsten mehr, als dass das Gute, Überlieferte geehrt und bewahrt wird. Wenn der Heilige Geist sich einmischt, will er Begeisterte hervorbringen. Menschen, die von der Sache ihres Glaubens so begeistert sind wie andere von ihrer Musik, ihrem Sport, von einer Urlaubslandschaft. „Man muss es ja nicht übertreiben“, sagen die Leute, die auch Christen sind. Aber die Mittelmäßigkeit wird den Geist der Welt nicht verändern. So begegnet uns an Pfingsten die ganz nüchterne Frage: „Welcher Geist bestimmt eigentlich unser Leben?“ Ist es ein guter Geist, ein Geist der Lebensfreude und der Zufriedenheit, ein Geist der Dankbarkeit gegen Gott und des Vertrauens auf den auferstandenen Christus? Oder ist es ein Sorgengeist im Blick auf die unsichere Zukunft, oder gar ein Geist des Misstrauens, weil andere Menschen uns böse mitgespielt haben und wir dauernd auf neue Schlechtigkeiten gefasst sein müssen. Es ist schon eine wichtige Frage, welcher Geist unser Leben steuert. Und es wird eine ganz wichtige Frage sein, welcher Geist sich breitmachen wird in unserem Land und in Europa. Wird es ein christlicher Geist sein? Ein Geist der Liebe und der Gerechtigkeit und Solidarität mit den Schwächeren oder ein Geist der kalten Rücksichtslosigkeit und Profitgier. Pfingsten, das ist das Angebot des guten Geistes von Gott her. Lassen wir uns einladen, wieder von ihm begeistert zu werden. ■ Gotthart Preiser Oberkirchenrat i. R. ► Die Kirchengemeinde Schrobenhausen hat in der bayerischungarischen Partnerschaft ohne Frage eine Vorreiterrolle. Hans- Joachim Pittius, bis 2000 erster Vorsitzender und Vertrauensmann der Christuskirchengemeinde Schrobenhausen, und Herbert Höglmeier, seit 2001 Verantwortlicher für die Ungarnpartnerschaft, geben einen Einblick in die Gegenwart und die bis ins Jahr 1989 zurückgehende Vergangenheit und Gegenwart ihrer Verbindungen nach Ungarn. 1989 empfing die Kirchengemeinde Schrobenhausen im Rahmen der Aktion Silbermöwe Gäste aus drei ungarischen Gemeinden. Wie kam es dazu? Hans-Joachim Pittius: Alles begann im Rahmen der „Aktion Silbermöwe - Christen für Europa“, die im Jahr i960 vom damaligen Ministerialdirigenten Dr. Hans Merkt ins Leben gerufen worden war. Im Juni 1989, als Osteuropa schon ganz im Zeichen des Umbruchs stand, wurde sein Lebenswerk mit dem Besuch von 3.000 ungarischen Christen in Bayern gekrönt. Spontan sprang die evangelische Christuskirchengemeinde Schrobenhausen ein, als es galt, für einen Omnibus mit 43 evangelisch-lutherischen Christen aus der Burg- und Berggemeinde Budapest sowie aus Szentendre ein Quartier zu finden. Wir erhielten diese kurzfristige Anfrage, weil eine andere Kirchengemeinde die Aufnahme von einem Bus abgesagt hatte. Wir sahen dies als willkommene Gelegenheit, mit Christen jenseits des Eisernen Vorhangs in Kontakt zu kommen. Anreiz war auch, dass ein Bus mit ungarischen Christen nach Schrobenhausen zur katholischen Pfarrei St. Jakob kam. Es bedurfte der Mitwirkung vieler Gemeindeglieder, um alle Gäste in Privatquartieren unterzubringen. Gemeinsam mit der katholischen Stadtpfarrei St. Jakob versuchte man ein abwechslungsreiches Programm zu erstellen. Welche besonderen Erinnerungen verbinden sich mit den ersten Begegnungen mit Ungarn? Hans-Joachim Pittius: Es gibt viele schöne Erinnerungen an die ersten Begegnungen. Davon möchte ich zwei erwähnen. Zunächst: Das erste Treffen vom 29. Juni bis zum 3. Juli 1989 in Schrobenhausen: Alle 3.000 Ungarn, die nach Bayern kamen, trafen sich in München zu einer festlichen Begegnung. 67 Omnibusse - 60 mit katholischen und 7 mit evangelischen Christen - füllten die Theresienwiese. Eine Menschentraube bewegte sich von dort in die Innenstadt. Im Kaisersaal der Residenz gab die Bayerische Staatregierung einen Empfang. Am Nachmittag feierten wir in der überfüllten Michaelskirche in der Münchener Innenstadt eine ökumenische Vesper. Anschließend traf man sich zu einem fröhlichen Fest der Begegnung in der Neuen Philharmonie am Gasteig mit einem bunten Programm ungarischer und bayerischer Musik und Folklore. Darauf folgte die zweite Begegnung vom 4. bis zum 8. Juni 1990 in Budapest: Zum Gegenbesuch fuhren zwei Busse mit 50 katholischen und 48 evangelischen Christen aus Schrobenhausen nach Budapest. Auch dieser Besuch fand im Rahmen der „Aktion Silbermöwe - Christen für Europa“ statt. Es war ein ganz herzlicher Empfang. Man spürte die Gastfreundschaft der Ungarn. Höhepunkt war der Festakt und Empfang in der Staatsoper von Budapest. Die Feierlichkeit erhielt ein besonderes Gewicht durch die Anwesenheit des damaligen Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Julius Cronenberg. Anschließend wurde in eindrucksvoller Weise eine von tiefer Ökumene geprägte Vesper in der überfüllten St.Stephans-Basilika gefeiert. Es blieb nicht bei den Treffen innerhalb der Aktion Silbermöwe... Hans-Joachim Pittius: Ein Besuch, ungeplant und überraschend, und ein Gegenbesuch als gezielt, geplante Antwort - sollte damit das Erlebnis zu Ende sein? Sympathie, ja Freundschaft war gewachsen in zweimal fünf Tagen der Begegnung. Bei den Klängen der Musikgruppe der Berggemeinde am Abschiedsabend des Gegenbesuchs entstand plötzlich eine Idee. „Wie wäre es, wenn sich die Konfirmanden unserer Gemeinden kennen lernen könnten.“ Gesagt, getan. Diese Konfirmandenbegegnungen finden heute noch regelmäßig statt. Zudem ergab sich als schönste Bestätigung, dass immer öfter von privaten Besuchen hin und her die Rede war. So kam es dann auch zu den gemeindepartnerschaftlichen Verbindungen zwischen der Christuskirchengemeinde Schrobenhausen, der Burg- und der Berggemeinde, und der Gemeinde aus Szentendre: - ■ • Ganz persönlich gefragt: Welchen Wert haben die Verbindungen nach Ungarn? Herbert Höglmeier: Seit 1989 sind viele Freundschaften zwischen ungarischen und Schrobenhausener Familien entstanden, die auch nach sehr vielen Jahren noch intensiv gepflegt werden. Es freut mich immer wieder, wenn ich Familien und Jugendliche aus beiden Gemeinden zusammenführen kann. Dies ist auch der Sinn und Zweck einer Gemeindepartnerschaft. Es gibt immer wieder neue Herausforderungen, von denen wir gegenseitig viel lernen können. Die Verbindung nach Ungarn heißt für mich persönlich nicht nur Gemeindepartnerschaft. Eine große Bereicherung ist auch die Zusammenarbeit mit der ungarischen Landeskirche bei diversen Veranstaltungen. Dadurch konnten auch gute Verbindungen und Freundschaften, z.B. nach Sopron und Pécs, geknüpft werden. Und welche Bereicherung bedeutet die Partnerschaft für die Kirchengemeinde als ganze? Herbert Höglmeier: Der wohl wichtigste Faktor ist die persönliche Begegnung, die Erfahrung von Offenheit, Herzlichkeit und Wärme. Wie bereichernd und wertvoll es ist, sich von Mensch zu Mensch zu begegnen und einander anzunehmen, das dürfen wir in unserer Gemeindepartnerschaft immer wieder neu entdecken. Es war für uns, vom Wohlstand in Deutschland geprägte Menschen, manchmal beschämend, mit welcher Bereitwilligkeit uns unsere ungarischen Freunde alles zukommen ließen, was sie irgend geben konnten. Die gegenseitigen Besuche bewirkten, dass wir unsere Lebensumstände noch einmal ganz anders wahrnahmen und immer noch wahrnehmen. Ein Briefschreiber aus Ungarn bedankte sich einmal mit den Worten: „Der Herr hat uns alle durch Schwestern und Brüder reichlich beschenkt.“ Aus der Sicht unserer Gemeinde waren aber wir die Beschenkten. ■ Holger Manke