Evangélikus Élet, 2009. július-december (74. évfolyam, 27-52. szám)
2009-11-01 / 44. szám
8 * 2009- november i. német oldal Evangélikus Élet 1Á tschO' VL l Damit Studierende bessere Pfarrer werden „Ich habe während meines Studiums keine Schule von innen gesehen. Als ich dann Referendar wurde, sollte ich plötzlich alles können“, so sagte mir vor kurzem ein frisch pensionierter Schulrektor nachdenklich. Ähnliches galt früher für zukünftige Pfarrer. Bis 1985 durchliefen auch Theologiestudierende ihr Studium praxisfrei, wenn man einmal von einem drei- oder vierwöchigen Pflichtpraktikum absieht. Viele waren gut kirchlich sozialisiert und kannten den „Betrieb" Kirche aus der Perspektive von Pfarrerskindern oder Jugendmitarbeitern von innen. Gleichzeitig wurden männliche Theologiestudierende vom Wehroder Zivildienst auf Antrag befreit. Sie konnten bei einem zügigen Studium unter Umständen schon mit 24 Jahren ins Vikariat eintreten. Praxisjahr Als die Generation der Babyboomer das Theologiestudium aufnahm, entschloss sich die Evang.-Luth. Kirche in Bayern dem Vorbild vieler anderer Studiengänge zu folgen. Sie installierte ein kirchliches Begleitmodell, das sogenannte „Praxisjahr" Ziel dieses Pflichtjahres sollte „die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung von Abiturienten und Studierenden der evangelischen Theologie durch längerfristig, begleitete praktische Tätigkeiten“ sein. Weil viele Studierende kirchlich sozialisiert waren, sollten sie möglichst in diesem Jahr berufsfremd in der Arbeitswelt aktiv werden. Sie sollten erleben, was es für viele ihrer Gemeindeglieder bedeutet, sich den Unterhalt als Arbeiter oder Angestellter zu verdienen und müde nach Hause zu kommen. Oder einen normalen Alltag in einem sozialen Beruf wahrzunehmen, etwa in einem Kinderhort oder Altersheim. Damit die Erlebnisse in der Arbeitswelt nicht isoliert blieben und um die Persönlichkeitsentwicklung stärker zu fördern, profilierte die Landeskirche ihr Konzept. Wer das Praxisjahr durchlief, suchte sich selbst eine Praxisstelle, hatte mehrere Begleitgespräche mit der Studienleitung und nahm an persönlichkeitsbildenden und berufsorientierenden Seminaren teil. Später kam eine obligatorische Supervisionssitzung dazu, damit Studierende diese Möglichkeit professioneller Arbeit kennenlernen sollten. Entscheidend bei allem war der Gedanke, dass sich die Studierenden im Praxisjahr einen Raum erschließen könnten, in dem sie ohne Druck Erfahrungen machen und menschlich reifen könnten. Diese Erfahrungen würden ihnen später im Gemeindealltag helfen. Wer selbst einmal am Fließband stand, kann als Pfarrerin und Pfarrer hilfreicher und näher „bei den Menschen sein.“ Für diesen Freiraum wurden Studienleiterinnen und -leiter zur Verschwiegenheit auch gegenüber den späteren Vorgesetzten verpflichtet. Sie sollten vor allem beraten und begleiten. Neuere Entwicklungen Seither sind fast 25 Jahre ins Land gegangen. Das Konzept des Praxisjahres hat Widerspruch erfahren, im Ganzen aber war es hoch akzeptiert. Dennoch entwickelte eine breit angelegte Arbeitsgruppe ab 2005 ein neues Konzept der Begleitung: Die Kirchliche Studienbegleitung (www.studienbegleitung-elkb.de). Was hatte sich verändert? Immer mehr Studierende beginnen ohne oder mit wenig kirchlicher Erfahrung ein Studium. Äußerungen wie diese sind nicht so selten: „Beten kann ich eigentlich nicht. Lerne ich das an der Universität?“ Dafür kommen viele Studierende mit „Welterfahrung“ in die Studienbegleitung. Immer öfter entscheiden sie sich für das Theologiestudium erst nach einem anderen Studiengang. Die innerkirchliche Landschaft differenziert sich immer stärker aus. Damit musste der Fokus der Begleitung auf die spätere berufliche Tätigkeit gelegt werden. Das Praxisprogramm wurde entsprechend reformiert. Die Studienbegleitung möchte gezielt theologische, spirituelle, kommunikative und kybernetische Kompetenzen fördern. In den verpflichtenden Beratungsgesprächen wird die Eignung für den späteren Beruf abgeklärt und am Schluss eine Empfehlung für das Vikariat ausgesprochen. Interessanterweise fand die Eignungsabklärung eine breite Unterstützung in den Verbänden, bei den Studierenden, dem Predigerseminar und der Kirchenleitung. Dafür gelten aber zwei Voraussetzungen. Studierende erwarten eine transparente Rückmeldung, wie sie sich entwickeln, und eine verbindliche Rückmeldung, ob sie geeignet sind, Pfarrerinnen und Pfarrer zu werden. Diese Eignungsabklärung darf aber nicht für eine Rangfolge etwa im Sinn eines späteren numerus clausus umfunktioniert werden. Das setzt Vertrauen zwischen den Studienleitern und den Studierenden voraus. Deswegen treffen wir uns zweimal jährlich mit den Studierendenvertretern. Die Anfänge entwickeln sich so gut, dass schon weitere Landeskirchen sich nach dem Programm erkundigt haben. ■ Dr. Gerhard Knodt Studienleiter in der Kirchlichen Studienbegleitung der ELKB Geteilte Freud,’ geteiltes Leid Zum deutschsprachigen Nachrichtendienst der ELKU In manchen Dingen haben es die deutschsprachigen Kirchen, die mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn in Kontakt stehen, deutlich leichter: Sie senden Zeitschriften, Newsletter jeglicher Art und ihre sonstigen - selbstredend deutschsprachigen - Druckerzeugnisse ihren magyarischen Partnern und wissen, dass jene die deutsche Sprache zumeist ganz hervorragend verstehen. In deutschen Landeskirchen- und Pfarrämtern jedoch wird diese Wochenzeitung indessen eher selten gelesen und die Homepage der ungarischen Lutheraner kaum angeklickt. Die ungarische Sprache hält mitsamt ihrer vermeintlichen Unerlernbarkeit die an sich auch für die ausländischen Partner und Freunde interessanten Informationen aus der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn (ELKU) effektiver im Karpatenbecken, als es jede politische Zensur leisten könnte. Abhilfe hierfür gibt es bereits: Der deutschsprachige Nachrichtendienst der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ungarn informiert etwa zehnmal pro Jahr über wissenswerte Ereignisse aus der lutherischen Kirche in Ungarn und liefert Hintergrundinformationen. Der Autor dieser Zeilen arbeitet bei der Zusammenstellung der Nachrichten eng mit Dr. Klára Tarr- Cselovszky, der Leiterin des Außenamts der ELKU, und mit Bischof űr. Tamás Fabiny zusammen. Was ist die Motivation für den deutschsprachigen Nachrichtendienst? Zunächst: Er möchte den bestehenden Nachrichtenaustausch zwischen Partnergemeinden, -institutionen und -kirchen nicht ersetzen, sondern ergänzen und bereichern. Es ist ein besonderer Wert, wenn Partner und Mitchristen über Staats- und Sprachgrenzen hinweg voneinander Bescheid wissen. In diesem Sinne möchte der Nachrichtendienst eine weitere Brücke zwischen der ELKU und seinen deutschsprachigen Partnern sein. Er möchte zum Beispiel über die künftige Unsicherheit der Finanzierung des Religionsunterrichts informieren. Er möchte auch seinen Blick von aktuellen problematischen Fragen - wie unlängst dem Direktorenwechsel am Budapester Fasor-Gymnasium - nicht abwenden. Er möchte aber auch von großen Festlichkeiten und Jubiläen berichten. Doch es steckt noch mehr dahinter: Auch der ganz oberflächliche Austausch von Nachrichten, das Wissen darum, was bei dem anderen obenauf liegt, kann das Bewusstsein um die Geschwisterlichkeit in Gott vertiefen. Denn es ist ungleich leichter, in manchen Fällen dem anderen vielleicht gar konkrete Unterstützung zu bieten, in jedem Falle aber für den anderen zu beten, wenn man überhaupt von dessen aktuellen Freuden und Sorgen weiß, Freude und Leid teilen kann und so Dank und Fürbitte situationsbezogen formulieren kann. Etliche Kirchen und Kirchenverbände in Deutschland, Österreich und der Schweiz - aber auch in anderen Ländern Europas - sowie am Leben der ELKU interessierte Privatpersonen beziehen bereits den Nachrichtendienst. Und weitere Interessierte sind herzlich willkommen! Der Versand der deutschsprachigen Nachrichten erfolgt per Mail und ist kostenlos. Jeder, der Interesse hat - ob mit Institution im Rücken oder einfach nur privat interessiert -, ist herzlich eingeladen, sich bei mir (holger.manke@lutheran.hu) für den Erhalt des deutschsprachigen Nachrichtendienstes der ELKU anzumelden. Und wer möchte, darf diese Information gerne in seinem Wirkungs- und Bekanntenkreis weitergeben. ■ HolgerManke Dem vierjährigen Hänschen Im )uli 1530 schrieb Martin Luther seinem Sohn Johannes, genannt Hänschen. Meinem herzlieben Sohn Hänschen Luther in Wittenberg. Gnade und Friede in Christus! Mein herzlieber Sohn, ich höre sehr gerne, dass du eifrig lernst und fleißig betest. Tu das, mein Sohn, und fahre dahin fort. Wenn ich heimkomme, will ich Dir ein schönes Marktgeschenk mitbringen. Ich weiß einen hübschen, schönen Lustgarten. Da gehen viele Kinder drin, haben goldene Röcklein an und lesen schöne Äpfel unter den Bäumen auf und Birnen, Kirschen, Mirabellen und Pflaumen, singen, springen und sind fröhlich. Sie haben auch schöne kleine Pferdlein mit goldenen Zäumen und silbernen Sätteln. Da fragt ich den Mann, des der Garten ist, wem die Kinder gehören. Da sprach er: Es sind die Kinder, die gern beten, lernen und fromm sind. Da sprach ich: Lieber Mann, ich habe auch einen Sohn, der heißt Hänschen Luther; könnte er nicht auch in den Garten kommen, dass er auch so schöne Äpfel und Birnen essen und so feine Pferdlein reiten und mit diesen Kindlein spielen dürfte? Da sprach der Mann: Wenn er gerne betet, lernt und fromm ist, so soll er auch in den Garten kommen, Lippus und Jost auch. Und wenn sie alle zusammen kommen, so werden sie auch Pfeifen, Pauken, Lauten und allerhand anderes Saitenspiel bekommen, dürfen auch tanzen und mit kleinen Armbrüsten schießen. Und er zeigt mir dort eine feine Wiese im Garten, zum Tanzen zugerichtet; da hingen lauter goldene Pfeifen und Pauken und feine silberne Armbrüste. Aber es war noch früh und die Kinder hatten noch nicht gegessen. Darum konnte ich nicht auf den Tanz warten und sprach zu dem Mann: Ach, lieber Herr, ich will schnell hingehen und das alles meinem lieben Sohn Hänschen schreiben, dass er gewiss fleißig lernt, eifrig betet und fromm ist, damit er auch in diesen Garten kommt. Aber er hat eine Muhme Lene, die muss er mitbringen. Da sprach der Mann: So soll es sein; geh hin und schreib’s ihm also. Darum, lieber Sohn Hänschen, lerne und bete ja getrost und sage es Lippus und Jost auch, dass sie auch lernen und beten, so werdet ihr miteinander in den Garten kommen. Sei hiermit dem lieben Gott befohlen und grüße Muhme Lene und gib ihr einen Kuss von meinetwegen. Dein lieber Vater Martin Luther