Egyetemes Közgyűlési Jegyzőkönyv – 1935. november 15
7 Wenn ich nun einen Gruss des deutschen Gesamtprotestantismus hier überbringen kann als Leiter des Gustav Adolf-Werkes, so hat das auf dem Hintergrunde des eben Gesagten noch folgende Bedeutung. Trotz allen Auseinandersetzungen innerhalb der deutschen evangelischen Kirche lebt diese im Bewusstsein der Gefolgschaft Jesu Christi als des Herrn der Christenheit. Ja, die Kämpfe, die uns bewegen und in Atem halten, sind ausgelöst und getragen von einer gesteigerten religiösen christlichen Verantwortlichkeit. Ein Läuterungsfeuer ist unter uns entfacht, der Geist des Herrn weht mit Brausen durch das Land. Aber wir sind eben nur Menschen mit allen Schwächen und Unzulänglichkeiten unserer Kreatürlichkeit. Wie zu allen Zeiten religiöser Erneuerung tritt auch heute der ungeheure Abstand zwischen der Wahrheit und Klarheit der Heilsbotschaft und unserer menschlichen Verkündigung mit erschreckender Deutlichkeit heraus. Das alles muss sich noch steigern, wenn wir daran denken, dass die religiöse Erneuerung sich zeitlich und sachlich verbindet mit einem gewaltigen politischen Aufbruch unseres Volkes J Wenn ich daran rühre, so treffe ich bei Ihnen, verehrte ungarische Freunde, ja auf ein in der eigenen Not begründetes Verständnis. Ihre edle Nation ist durch das Diktat von Trianon ja noch stärker an ihrem Bestand und ihrer Ehre betroffen worden, als das Deutsche Reich. Aber es ist ein unvergängliches Ruhmesblatt der ungarischen Geschichte und ein grosses Zeugnis Ihres Nationalstolzes, der Pariser Vergewaltigung von Anfang an das nem, nem, soha, Nein, Nein, Niemals entgegengesetzt zu haben, während eine schwächliche Erfüllungspolitik bei uns durch lange Jahre unsere Ehre, Würde und Kraft aufs Spiel gesetzt hat. Wenn wir Deutschen uns nun heute gegen die Schmach erheben, die uns Versailles angetan hat, und gegen die Schwäche, in die wir in der Folge des unerhörten Ringens der Jahre 1914—18 verfallen waren, so können wir wohl gerade auf das Verständnis der edlen ungarischen Nation rechnen. Ein solcher nationaler Aufbruch kann nicht reibungslos verlaufen. Trotzdem ist es unser Stolz, dass die Geschichte kaum eine Revolution kennt, die so in Zucht und mit solcher Einmütigkeit verlaufen ist, wie die deutsche Neuerweckung durch unseren grossen Führer und Reichskanzler. Das gründet darin, dass es unserer politischen Erneuerungsbewegung so heilig ernst mit ihrer Aufgabe ist. Sie will ja nicht nur äussere Formen ändern, sondern eine wirkliche und dauerhafte Macht errichten ; sie will an die Stelle falscher »Freiheit« die wahre Freiheit des Gehorsams in der metaphysisch begründeten Verantwortlichkeit setzen ; sie will einen wilden, die Volkseinheit zerreissenden Pluralismus durch die Zucht tätigen Gemeinschaftsbewusstseins überwinden. Die Gerechtigkeit will sie erlösen aus der Entartung zu formaler Gesetzlichkeit auf Grund eines dem Zufall abgerungenen Kompromisses der Meinungen und ihren wahren Sinn wieder zu Ehren bringen, der darin besteht, in den Ordnungen der Welt betätigter Glaube an einen ewigen und unbedingten Schöpferwillen zu sein, der uns in dem durch Blut, Boden und Geschichte bedingten Volksdasein verpflichtend anspricht. Gerade deswegen kann es, ja muss es beinahe unausweichlich zunächst einmal Reibungen zwischen Staat und Kirche geben. Aber wie die innerkirchlichen Auseinandersetzungen nur das eine Ziel der Selbstläuterung haben, so kann auch das Ringen zwischen Kirche und Staat nur dann recht verstanden werden, wenn es als ein Ringen um eine Verfassung unseres deutschen politischen und kirchlichen Lebens aufgefasst wird, durch die das Verhältnis zwischen Staat und Kirche erlöst wird aus der verhängnisvollen gegenseitigen Isolierung, in die es die Aufklärung hineingestossen hatte mit ihrem schwächlichen Leitsatze : Religion ist Privatsache ! Nein, im religiösen Glauben offenbart sich für den auf seine Freiheit so stolzen Menschen, eine alles durchdringende Gebundenheit, die nicht nur den privaten, geheimen Seelenbereich des einzelnen Menschen betrifft, sondern auch und ganz besonders alles Leben und Wirken in der politischen Gemeinschaft bis zur Verantwortlichkeit des höchsten Staatsmannes. Aber gerade, nachdem das erkannt ist, stehen wir vor dem ernsten Anruf, es nicht katholisch oder im Sinne einer liberalistischen evangelischen Theologie misszuverstehen. Katholisch wäre es, wenn der alles ergreifende Anspruch Gottes auf uns als Recht einer irdisch verfassten Kirche auf politische Herrschaft oder auch nur Mitherrschaft gedeutet würde ; dem Irrtum einer liberalen evangelischen Theologie entspräche die Auffassung, als könne der Wille Gottes aus irgend welchen natürlichen Gesetzmässigkeiten unmittelbar abgelesen werden, sodass es möglich wäre, inneres kirchliches Leben von einem bestimmten politischen Anspruch abhängig zu machen. Beiden Irrtümern gegenüber sehen wir uns neu vor Luther gestellt mit der Frage : was antwortet uns reformatorisches Christentum ? Diese Frage ist heute in Deutschland nicht nur eine Frage der Theologie und der Kirche, sondern ebenso der Politik und des Staates. In ihr treffen positiv die kirchliche und die politische Erneuerungsbewegung zusammen. Das bleibt häufig dem Auslande völlig verborgen. Ich erlaube mir deswegen ganz besonders in diesem Kreise darauf hinzuweisen. Aber aus meinen Ausführungen dürfte auch ein Letztes hervorgehen, das ich nicht verschweigen darf, zumal in einem Kreise von Männern, die massgebend über das Schicksal einer lutherischen Kirche zu bestimmen haben. Die Frage nach dem Sinn reformatorischer Verkündigung ist nicht nur dem deutschen Volk und Staat von heute gestellt. Der Ruf des Heilandes : Folge mir nach ! hallt mit neuem Ernst durch eine Welt von Völkern und Staaten, die durch eine gewaltige Entwicklung auf geistigem, technischen und politischen Gebiete in Verwirrung gekommen ist. Kein Volk und Land kann sich entziehen, diesem Rufe mit einer Neubesinnung zu antworten, wie die Erfahrung allenthalben beweist. Es gibt keine eindeutige Antwort für alle, jeder hat aus seiner Schicksalslage seine Antwort zu finden. Aber es gibt hierbei trotzdem eine Gemeinsamkeit für alle :