Felix Ermacora: Ergänzungsband 8. Quellen zum Österreichischen Verfassungsrecht (1920) (1967)

I. Einleitung

22 Einleitung ja das sogar in seinem Grundbestand legaliter geändert werden darf 47 48). Aus den in diesem Buche enthaltenen Ausführungen und Dokumenten ist ersichtlich, was sich der Verfassungsgeber im Jahre 1919/1920 bei den einzelnen Normen vorgestellt hat, welchen Sinn sie haben sollten. Geht man von der eben erwähnten ständigen Rechtsprechung des Verfassungs­gerichtshofes (Versteinerungstheorie) aus, so ist diese Frage nicht irgend­eine Interpretationsfrage 4S), sondern dann müssen die Vorstellungen der Konstituante, die in Rechtsnormen und „Lücken“ ihren Ausdruck finden, das juristisch transformierte Maß sein, an das sich der Politiker zu halten hätte, an dem man ermessen kann, ob die Verfassungsentwicklung in Österreich maßvoll gewesen ist, oder nicht längst das Maß überschritten hat. Man wird erkennen, ob die gehandhabte Verfassung, ob die Ver­fassungswirklichkeit dem entspricht, was die Verfassungsnorm im Zu­sammenhalt mit ihrer juristischen Auslegung gebietet; man wird erkennen können, ob Österreich noch die Verfassung hat, die im Jahre 1920 zu­stande kam 49) — sieht man von den Novellen der Jahre 1925 und 1929 ab. Die Schwerpunkte, die im Zuge der Verfassungswerdung zur Beratung und Entscheidung gestanden sind, waren die folgenden: Die Verhältnisse zwischen Bund und Ländern, konzentriert in den Kompetenztatbestän­den und in der Stellung des Bundesrates50); die Grund- und Freiheits­47) Vgl. Art. 44 B.-VG.; dazu: Ermacora, Die Bedeutung der Überprüfung von Bundesverfassungsgesetzen durch den österr. Verfassungsgerichtshof. JB1. 1953, S. 537 ff. 48) Zum Interpretationsproblem siehe: Larenz, Methodenlehre der Rechts­wissenschaft, 1960, S. 233 ff. 49) Vgl. Klecatsky, Hat Österreich noch eine Verfassung, JB1. 1965, S. 544 ff. 50) Vgl. aus der Presse zu diesem Fragenkomplex das folgende: Reichs­post v. 18. 1. 1920 (Die Bürgschaften für die Länder in der Verfassungsreform; S. 3); 20. 1. 1920 (En der, Die Verfassung unserer Föderation); 8. 2. 1920 (Falser, Das Länderhaus in unserer Bundesverfassung); 10. 2. 1920 (Mayr, Ein Vorwort; der Vorentwurf der Bundesstaatsverfassung); 15. 2. 1920 (Seipel, Verfassungsreform und Wirtschaftsleben; S. 2); 19. 2. 1920 (Nach der Länderkonferenz, Stellungnahmen von Ender, Steidle, Schlegel, Rehrl, Rintelen und M e i d 1 i n g e r); 25. 2.1920 (Staatssekretär Dr. Mayr über die Salzburger Länderkonferenz); 14. 4. 1920 (Mayr, Zur zweiten Fas­sung); 16. 4. 1920 (Engel, Gedanken zur Verfassungsreform); 12. 9. 1920 (Vor der Entscheidung); 26. 9. 1920 (Die Bundesmechanik; S. 4); 29. 9. 1920 (Kien­böck, Die werdende Verfassung Österreichs); 29. 10. 1920 (Z wetzbacher, Die Länder in der neuen Verfassung; S. 3); Arbeiter-Zeitung v. 7. 1. 1920, (Die Länderkammer; „Der Tiroler Verfassungsentwurf“); 10. 2. 1920 (Mayrs Verfassung); 11. 2. 1920 (Das Länderhaus); 27. 4. 1920 (Sozialdemokrati­sche Verfassungsanträge); 27. 8. 1920 (Bund und Länder); 28. 8. 1920 (National­rat und Bundesrat); 17. 9. 1920 (Sozialdemokratie und Verfassungsfrage; S. 3); Das deutschnational ausgerichtete Blatt „Ostdeutsches Tagblatt- Ostdeutsche Rundschau“ enthält keine wesentlichen Beiträge zur Verfassungsfrage. Vgl. aber die genannte Zeitung vom 21. 5. 1920 (Ein Ver-

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