Felix Ermacora: Ergänzungsband 8. Quellen zum Österreichischen Verfassungsrecht (1920) (1967)
Vorwort
Vorwort 3 kristallisiert hat **), oder in zeitgeschichtlichen Werken ohne staatsrechtliche Schwerpunktverteilung erarbeitet wurde ***), findet sich in der Tagespresse. Diese wurde, soweit sie die Jahre 1919/1920 betrifft, gesichtet. Vor allem wurde auf die führenden parteipolitisch orientierten Blätter — die Reichspost, als Sprachrohr der Christlichsozialen, die Arbeiter-Zeitung als Organ der Österreichischen Sozialdemokratie und das Ostdeutsche Tagblatt-Ostdeutsche Rundschau als Blatt des deutschnationalen Lagers — sowie auf die Ausgaben der offiziösen Wiener Zeitung Wert gelegt. Sie allein atmen den Zeitgeist. Ihr Leser und der Leser der von mir in der Einleitung hervorgehobenen Artikel der Tagespresse werden erkennen, daß die Diskussionen über die Hauptprobleme österreichischen Verfassungsrechtes jenen politischen Grund bildeten, auf dem die gegenwärtige Verfassung ruht. Ihr Leser wird die Spanne zwischen der politischen Aussage und der nachfolgenden juristischen Interpretation erfassen. Sie zu analysieren ist aber eine der Aufgaben moderner Politikwissenschaft. Neben den Hinweisen in der Einleitung, die den staatspolitischen Hintergrund der Verfassungswerdung im Jahre 1919/1920 erhellen, hielt es der Herausgeber für notwendig, jene Verfassungsentwürfe abzudrucken, die im gesamten gesehen das eigentliche Verfassungswerk mitgeprägt haben. Manche der Entwürfe sind in Vergessenheit geraten. So die bedeutenden Konzeptionen der Grund- und Freiheitsrechte im sozialdemokratischen Verfassungsentwurf, auf die der Herausgeber in seinem Handbuch der Menschenrechte und Grundfreiheiten, (1963) hin- weisen durfte oder der verfassungspolitisch bedeutsame Verfassungsentwurf von Mayr-Renner, der sich in der Wiener Zeitung vom 8. Juli 1920 abgedruckt findet. In der Einleitung zu dieser Quellenausgabe wird der Vorgang des Werdens des Bundes-Verfassungsgesetzes dargestellt. Im Vergleich — um Beispiele heranzuziehen — zum Entstehen der Weimarer Reichsverfassung des Jahres 1919 oder des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, die beide verhältnismäßig zügig vorberaten worden sind, ist die Entstehung des Textes der österreichischen Bundesverfassung nicht zügig vor sich gegangen. Sie war verwickelt. Heterogene Kräfte haben S. 154 ff.; Kelsen, Die Verfassung Österreichs, JböR. Bd. XI, 1922, S. 232 ff.; M e r k 1, Zum rechtstechnischen Problem der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, ZföR, 1921, S. 336 ff. **) Adamovich, Grundriß des österreichischen Staatsrechtes, 1927 (und folgende Auflagen), S. 25 ff. ***) Hellbling, österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, 1954 u. a.; G o 1 d in g e r, Die Geschichte der Republik Österreich, 1962; Miko- letzky, Österreichische Zeitgeschichte, 19642; Stolz, Grundriß der österreichischen Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, 1951; Zöllner, Geschichte Österreichs, Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 1961. i»