Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

Vorwort

VIII akté und anderweiter Kundgebungen“ 7). Keine dieser Definitionen, auch nicht jene Tezners, ist ganz zutreffend, weil sie die Funktion des Kabi­netts bzw. der Kabinettskanzlei als Privatsekretariat des Herrschers für seine persönlichen Angelegenheiten nicht erfaßt. Ivan Zolger definierte: „Unter Kabinettskanzlei ist eine Kanzlei zu verstehen, die zur Entge­gennahme und Bearbeitung unmittelbar an die Person des Fürsten ge­richteter und zur Verfassung, Ausfertigung und Expedition unmittelbar vom Fürsten ausgehender Schriftstücke („Kabinettsschreiber“, „Kabi­nettsordre“) bestimmt ist“8). Auch diese zunächst bestechend erschei­nende Definition ist für Österreich nicht ganz zutreffend, da sie wohl auch die Schriftstücke erfaßt, welche rein persönlicher Art sind, nicht aber jene, die mittelbar im Wege der Behörden an den Monarchen ge­langen, und weil sie den Behördencharakter nicht betont. Ich möchte daher Zolgers Definition wie folgt modeln: Unter Kabinett und Kabi­nettskanzlei versteht man eine Behörde, welcher die schriftliche Erledi­gung, zum Teil auch die sachliche Bearbeitung der aus der Ausübung der Hoheitsrechte, der Hofgewalt und der Hausgewalt des Herrschers erwach­senden Geschäfte, insoweit diese nicht der Generaladj utantur oder Militär­kanzlei zugewiesen sind, und seines privaten Schriftwechsels obliegt. Diese Arbeit verdankt ihre Entstehung den Anregungen meines ein­stigen verehrten Vorgesetzten Generalstaatsarchivars Dr. Ludwig Bittner, wie er sie im ersten Bande des von ihm herausgegebenen Gesamtinven­tars des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs festgelegt hat9). Ihm und allen meinen Kollegen insbesondere meinen leider schon verstorbenen Freunden Lothar Groß und Josef Karl Mayr habe ich für die Mitteilung von einschlägigen Zufallsfunden zu danken. Mein Dank gilt auch dem Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs, dem Leiter und den derzeit im Haus-, Hof- und Staatsarchiv tätigen Beamten desselben, ebenso wie den Leitern und den Beamten der übrigen Abteilungen des Österreichischen Staatsarchivs. An Arbeiten zur Geschichte der Kabinettskanzlei lagen bisher vor: ein kurzer „Zur Geschichte der Kabinettskanzlei“ betitelter Überblick über deren Entwicklung von dem ehemaligen Kabinettsdirektor Arthur Graf Polzer-Hoditz in seinem 1929 erschienen Buche „Kaiser Karl“, An­hang V, S. 589—597, eine kurze, von mir verfaßte Skizze in dem eben erwähnten Gesamtinventar Bd. 2, S. 115—118 und eine ebenfalls kurze Darstellung von Friedrich Walter in dem großen Werke „Die österreichi­sche Zentralverwaltung, Abt. II, Bd. 1, Halbbd. 2, Teil 2, Wien 1956, (Ver­öffentlichungen der Kommission für neuere Geschichte Österreichs, Bd. 42), S. 34—50. Da ich dem Verfasser zu seinem bis 1822 reichenden Überblick 7) F. Tezner, Der Kaiser, Wien, 1909, S. 54. 8) I. Zolger, Der Hofstaat, Wien und Leipzig, 1917, S. 383. «) S. 159*.

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