Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 4. Die Vereinigung des Kabinetts Josephs II. mit jenem Maria Theresias und die Entwicklung der Kabinettskanzlei 1780 bis 1918 .

62 schreiben120). Nach dem Tode des Ministerpräsidenten Felix Fürst Schwarzenberg (f 5. April 1852) wurde der Kanzlei der Ministerkonferenz, die nunmehr an Stelle des Ministerrates trat, die Erledigung aller an die Konferenz unmittelbar gerichteter Gesuche, Vorstellungen und Beschwer­den entzogen und am 12. April 1852 deren jeweilige Abgabe im kurzen Weg an das Kabinett verfügt121). Am 13. April 1851 war zur Beratung aller Fragen der Gesetzgebung und all jener Angelegenheiten, welche ihm der Kaiser oder der Ministerratspräsident zuweisen sollten, ein Reichsrat für die österreichischen Länder eingesetzt worden 122), der aus Mitgliedern bestand, welche der Kaiser ernannte, und diesem unter­geordnet, dem Ministerium nebengeordnet war. Seine Mitwirkung bei der Erlassung neuer Gesetze war verfassungsrechtlich erforderlich. Die vom Kaiser abgeforderten Gutachten unterbreitete er diesem unmittelbar durch das Kabinett; zugleich legte er auch die von ihm etwa abgeänder­ten oder neu ausgearbeiteten Entwürfe der Entschließungen vor 123). Am 20. August 1851 entzog der Kaiser dem Ministerratspräsidenten das Recht, Gutachten vom Reichsrat einzuholen; der Reichsrat wurde hiedurch zu einem Rat des Kaisers umgestaltet. Mit Patent vom 5. März 1860 erfuhr der Reichsrat eine neuerliche Umgestaltung; der Kreis seiner Mitglieder wurde durch periodisch einzuberufende Reichsräte erweitert, weshalb er der verstärkte Reichsrat genannt wurde; an der Bestellung der Reichsräte nahmen die Landesvertretungen der Kronländer teil. Der Wir­kungskreis dieses verstärkten Reichsrates erstreckte sich auf die Feststel­lung des Staatsvoranschlages, Prüfung der Rechnungsabschlüsse, Vorla­gen der Staatsschuldenkommission, alle wichtigeren Sachen der allgemei­nen Gesetzgebung, Vorlagen der Landesvertretungen, vom Monarchen zugewiesene Angelegenheiten. Dieser Wirkungskreis wurde am 17. Juli 1860 erweitert: Einführung neuer Steuern und Auflagen, Erhöhung der Steuer- und Gebührensätze bei den direkten Steuern, bei der Verzeh­rungssteuer und bei den Gebühren von Rechtsgeschäften, Urkunden, Schriften und Amtshandlungen, Aufnahme neuer Anleihen wurden vom 12 12°) Geschäftsordnung für die Ministerkonferenz 28. 5. 1852 ad MC 1368, MKB-MC 1, Handschreiben an den Kabinettsdirektor 28. 5. 1852. Direktionsak­ten, alte Akten. läi) MR. ZI. 77/1852, Reichsrat Gremialakt ZI. 159/1852, MC. ZI. 1368/1852. 122) Karel Kazbunda, Archiv rakoúského ustavo darného riského snéum (1848—1849), rakuské fisske rady (1851—1861) a rojmnoszené rade fisske (1860—1861). [Das Archiv des österreichischen konstituierenden Reichstages (1849—1849), des österreichischen Reichsrates (1851—1861) und des verstärkten Reichsrates (1860—1861)] in Öasopis archivni skolni 1924. Die Errichtung des Reichsrates war in der Reichsverfassung vom 4. März 1849 vorgesehen; am 5. 12. 1850 erfolgte die Ernennung des Präsidenten, am 13. 4. 1851 die seiner Mitglieder, am gleichen Tag erhielt er sein Statut. S. im Übrigen meine Aus­führungen über den Reichsrat im Gesamtinventar Bd. 2, S. 257 ff. 123) RR. Präs. ZI. 242/1858.

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