Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 4. Die Vereinigung des Kabinetts Josephs II. mit jenem Maria Theresias und die Entwicklung der Kabinettskanzlei 1780 bis 1918 .
59 neten Beamten festgehalten wurde, der Kabinettsdirektor ihnen vielmehr die Arbeiten mit Rücksicht auf die Eignung des Einzelnen zuteilte. Lediglich die ausschließliche Verwendung eines Beamten zur Betreuung der Kabinettskasse und des Registrators zur Führung der Geschäftsbücher findet sich auch weiterhin105). Obwohl sich im Status des Kabinettes vier Kabinettssekretäre befanden, war nur einer von ihnen, Alexius von Varady, ausschließlich für den Kabinettsdienst bestimmt, Young versah nur mehr die kaiserliche Privatbibliothek und das Handarchiv des Kaisers, Pölt die Kabinettskasse; Grimm war in der gleich zu erwähnenden Kanzlei des Vizekönigs Erzherzog Rainer tätig. Varady war daher berufen, gegebenen Falles den Kabinettsdirektor zu vertreten 106). Am 1. Jänner 1812 war der hochbetagte Leiter des geheimen Ziffernkabinettes Kronenfels in den Ruhestand versetzt worden; dies war die äußere Veranlassung, daß Kaiser Franz am gleichen Tage das Ziffernkabinett dem geheimen Kabinett ein ver leibte; es blieb jedoch in dessen Rahmen als Sonderkörper bestehen, dem Kabinett lediglich durch die Person des gemeinsamen Leiters verbunden107). Als 1818 Erzherzog Rainer zum Vizekönig des lombardo-venetianischen Königreiches ernannt wurde, wurde ihm eine eigene Kanzlei beigegeben. Diese Kanzlei, deren Leitung der seit 1816 im Kabinett dienende Vinzenz Grimm übernahm, bildete einen Teil des geheimen Kabinettes, seine Beamten gehörten dessen Status an 108), 109 * *). Die Revolution des Jahres 1848 bedeutet auch in der Geschichte des Kabinettes einen tiefen Einschnitt. Am 17. März dieses Jahres trat das erste verantwortliche Ministerium Österreichs ins Leben, am gleichen Tage bzw. am 7. April das erste Ungarns. Am 3. April zog sich Erzherzog Ludwig von den Geschäften zurück, an seine Stelle trat sein Bruder Erzherzog Franz Karl. Am 4. April wurde der Staatsrat aufgelöst und dasselbe Geschick ereilte die Staatskonferenz uo). Lediglich einige Mitglieder des Staatsrates, so Pilgram, Jüstel, Purkhart und Prohaska, blieben als Kabinettsreferenten bis Mitte des Jahres tätigm). Als der Hof am 17. Mai Wien verließ, blieb das Kabinett ohne jede Weisung zurück. Der Ministerrat band es daher an seine Weisungen. Um den Kaiser in Kenntnis der Geschäfte zu erhalten, wurden ihm und Erzherzog Franz Karl so wie bisher die Protokolle des Ministerrates und die in Betracht kommen105) KA. ZI. 1285/1822. 106) Vortrag Martins 11. 9. 1823, Direktionsakten, alte Akten, toi) OKA. ZI. 4/1812. io8) StR. ZI. 4537/1817, Handschreiben an Nenberg 27. 3. u. 20. 11. 1818 Direktionsakten, alte Akten, B 209 u. 777 s. Sep. Bill. Prot. Der Mährischschlesische Gubernialrat Vinzenz Grimm wurde am 31. 5. 1816 zum geheimen Kabinettssekretär ernannt, OMeA. ZI. 1292/r. 460/1816. loo) MR. ZI. 611. uo) Eine Auflösung der Kabinettskanzlei, wie Helfert, Geschichte der österr. Revolution Bd. 1, S. 416, behauptet, ist nicht erfolgt, ni) B 618 c vom 28. 4.