Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 4. Die Vereinigung des Kabinetts Josephs II. mit jenem Maria Theresias und die Entwicklung der Kabinettskanzlei 1780 bis 1918 .
54 nettskanzlei überwiesen 78). Lanckoronski gestaltete sein Referat zu einer Oberleitung der Familien- und Fondsgüter aus. Nach seinem Tode — er starb in der Nacht vom 15. auf den 16. Mai 1863 — übertrug Franz Joseph am 1. Juni diese Oberleitung und den Vortrag in allen Angelegenheiten der Familien- und Fondsgüter dem geheimen Rat und Kämmerer R u- dolf Grafen Wrbna und Freudenthal79). Er wirkte in dieser Stellung, bis ihn am 6. Februar 1883 der Tod ereilte. Mit ihm endeten auch Oberleitung und Kabinettsreferat. Eine „Direktion der a. h. Privat- und Familienfonde“ wurde nun zur Besorgung dieser Geschäfte errichtet80). Vereinzelt zog Kaiser Franz Joseph auch noch später einzelne Personen, denen er in der betreffenden Sache besondere Kenntnisse beimaß, zur Begutachtung heran: so 1873 und später den Präsidenten des Obersten Rechnungshofes Franz Graf Mercandin in Angelegenheiten des Familienfondes 81), 1874/75 Bischof Dr. Johann Kutschker über konfessionelle Gesetzesvorlagen und eine Bitte des Methodistenvereins in Wien um Protektoratsübernahme durch den Kronprinzen82) und 1883 den Hofrat und Kanzleidirektor des Obersthofmarschallamtes August Ritter von Battioli in der Verlassenschaftssache nach Erzherzogin Antoinette 83). Als Kaiser Ferdinand am 2. März 1835 zur Regierung kam, schob sich im Sinne des politischen Testamentes Kaiser Franz I. 84) zwischen diese drei Organe, Staatsrat, Konferenz, Kabinettsreferenten, und den Träger der Krone noch eine Mittelsperson, die für den schwer leidenden, eigener Entschließungen nicht fähigen Monarchen in die Bresche zu springen hatte. Es war das des Kaisers Oheim Erzherzog Ludwig. Als wahrer, wenn auch nicht formell durch den Kaiser beauftragter Stellvertreter trug er die ganze Last der Verantwortung. Ihm oblag es nun für die Geschäftsführung im Zentrum zu sorgen. Wie früher die Monarchen, war nunmehr er der oberste Leiter des Kabinettes, ihm oblag die Zuweisung der Geschäftsstücke an die obgenannten drei Organe. Die Konferenz wurde am 31. Oktober bzw. 12. Dezember 1836 umgestaltet; sie erhielt die Bezeichnung Staatskonferenz; als permanente Mitglieder wurden die Erzherzoge Ludwig und Franz Karl, ferner Metternich und Kolowrat bestellt 85). Metternich, der durch das Testament Kaiser Franzens etwas in 78) S. meine Ausführungen über die „Separatakten und Separatbillete der Kabinettskanzlei“ in Gesamtinventar, Bd. 2, S. 156 ff. 7») Sep. 207, B. 32 s. 80) S. die Ausführungen von W. Kraus über die „Generaldirektion der a. h. (kaiserlichen) Privat- und Familienfonde“ im Gesamtinventar, Bd. 2, S. 385. 81) Direktionsakt 12/1873 vgl. auch Wiener Zeitung 1877, Nr. 257, S. 3. 82) Direktionsakt 3/1874, 12/1875. 83) Direktionsakte 3/1883. 84) S. F. Reinöhl, Das politische Vermächtnis Kaiser Franz I. in Histor. Blätter, 7. Heft (1937), S. 71 ff. insbes. S. 78. 8*) Siehe meine Ausführungen „Staatskonferenz“ im Gesamtinventar, Bd. 2, S. 251 ff.