Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)

I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 4. Die Vereinigung des Kabinetts Josephs II. mit jenem Maria Theresias und die Entwicklung der Kabinettskanzlei 1780 bis 1918 .

45 Länder berufenen Behörden bediene, wurde zugleich ausdrücklich ver­fügt, daß, was bisher schon so geübt wurde, die Mundierung und Proto­kollierung der Resolutionen dem Kabinett obliege, von welchem deshalb stets ein Sekretär bei den unter des Kaisers Vorsitz abzuhaltenden Sit­zungen anwesend zu sein habe, und daß die Beförderung der kaiserlichen Entschließungen, die bisher durch den Staatsrat erfolgte, in Hinkunft Auf­gabe des Kabinettes sei61). Die neue Einrichtung bewährte sich trotz aller Versuche ihr eine taugliche Ausgestaltung zu geben nicht. Vor allem blieben die seit ihrer Schaffung bestehenden Hauptmängel, daß das Verhältnis des Ministers des Inneren zu den Hof stellen ungeregelt blieb, wie die Abgrenzung des Wirkungskreises des Departements des Inneren gegenüber den Hofstellen, unbehoben. Sowohl der Kaiser als die Minister strebten danach den Wirkungskreis der unteren Behörden immer mehr einzuengen, möglichst viel der Entscheidung des Monarchen vorzubehalten. Die Aktenmenge, die dem Ministerium zuging, schwoll un­geheuerlich an; überlastet waren trotz aller Personalvermehrung all des­sen Mitglieder, war der Kaiser; die Geschäfte blieben liegen. Die Ar­beitslast des Kabinettes war so gewachsen, daß ihm 1803 die Beförderung der Entschließungen vom Staatsrat wieder abgenommen werden mußte62). Dazu kam die Abneigung des Kaisers gegen Erörterungen in großem Kreis, so daß seit 1803 Konferenzen zu größter Seltenheit wurden. Die Verhältnisse waren 1805 so weit gediehen, daß der im Departement des Inneren, das auch als Staatsrat in inländischen Angelegenheiten bezeich­net wurde, arbeitende Minister Karl Graf Zinzendorf von dem „zu nicht geringem Nachteil der ganzen öffentlichen Verwaltung desorganisirten geheimen Staatsrath“ sprach63). Der Kaiser entschloß sich daher endlich am 4. Jänner 1807 auf Rat des Staats- und Konferenzrates Baldacci die Departements für das Auswärtige und für das Kriegs- und Marinewe­sen aufzulösen. Im nächsten Jahr, am 7. Juni 1808, hob er das auf das Ministerium des Inneren eingeschrumpfte Ministerium auf, ließ einen „Staats- und Konferenzrat für die inländischen Geschäfte“, dessen Leitung er Zinzendorf übertrug, an seine Stelle treten und gab ihm eine straffe Ordnung. Wie seine Vorgänger pflegte auch Kaiser Franz fallweise die Staats­minister und je nach den zu beratenden Gegenständen auch die Chefs der Hof- und Länderstellen zu Konferenzen zu versammeln. 1809 dürfte diese Konferenz der obersten Staatsbeamten eine festere Organisation erhal­ten und in dem Staats- und Konferenzminister Karl Grafen Zichy ihren 61) Handschreiben an Kolowrat 31. 8. 1801, StR. ZI. 4624, Resolution auf Vor­träge Kolowrats 5. 9. u. 11. 9. 1801, StR. ZI. 4624, 4564, Hock-Bidermann, a. a. O., S. 651 ff., mit irrigen Behauptungen in Anm. S. 652. 62) Instruktionen für die Glieder des Departements des Inneren und für den Direktor der Staatsratskanzlei 30. 1. StR. ZI. 465. 63) StR. ZI. 4804.

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