Fritz Reinöhl: Ergänzungsband 7. Geschichte der k.u.k. Kabinettskanzlei (1963)
I. Die Entwicklung der Kabinettskanzlei - 4. Die Vereinigung des Kabinetts Josephs II. mit jenem Maria Theresias und die Entwicklung der Kabinettskanzlei 1780 bis 1918 .
36 eine „K abinetts- und Staatskontrolle“ ein und übertrug diese dem Sekretär der Bankalgefällendirektion August von Leon und dem Hofsekretär der Hofkanzlei Joseph von Mährenthal. Beide wurden zu Regierungsräten ernannt und bei der Staatskanzlei eingeteilt. Diese „kontrollierenden Regierungsräte“, seltener auch als „Staatskontrolleure“ bezeichnet, hatten sich täglich beim Kabinett und beim Staatsrat einzufinden, um die an die Stellen ergangenen Aufträge des Herrschers in dem von ihnen zu führendem ,,K. K. Kabinets(Staats- rats)diarium über sämtliche an die verschiedenen k. k. Hofstellen erlassene Allerhöchste Resoluzionen und derselben Befolgung“ vorzumerken. Bei jeder Hofstelle hatten sie sodann längstens vierzehn Tage nach dem ergangenen Auftrag, bei dringlichen spätestens am dritten Tag darauf, zu untersuchen, ob, wann und wie diese befolgt wurden. Zu diesem Zwecke hatten sie das Recht der Einsicht in alle Geschäftsbücher und alle bezüglichen Akten der Hof stellen. Alle vierzehn Tage hatten sie durch Vorlage ihrer Diarien dem Kabinett bzw. dem Staatsrat Bericht zu erstatten24). Diese Staatskontrolle war sowohl den Präsidenten der Hofstellen als auch diesen selbst lästig; sie wurde, wie Hatzfeld vorausgesagt hatte, als unliebsame Überwachung, als Ausdruck fehlenden Vertrauens gewertet. Kaiser Franz II. entschloß sich daher bald nach Antritt seiner Regierung sie mit Handschreiben vom 11. Mai 1792 wieder aufzuheben25). Beim Übergang der Regierung von Kaiser Leopold II., der am 1. März 1792 starb, auf seinen Sohn Franz zeigte sich wie 1790 die Auffassung, daß die Beschäftigung im Kabinett als persönlicher Dienst beim Monarchen gewertet wurde. Von den acht Kabinettsbeamten Leopolds übernahm Franz nur vier: die zwei Offiziale Young und Streinsberg sowie die beiden Brüder N e u b e r g, von welchen Andreas zum Offizial vorrückte, und besetzte das Kabinett mit einem Kabinettssekretär, drei Kabinettsoffizialen, sechs Kabinettskanzlisten, vier Kabinettsboten und zwei Kabinettskanzleidienern2e). Dieser Status war während der Regierung Franzens verschiedenen Schwankungen unterworfen und zwar sowohl der Zahl der Angestellten nach als auch nach seiner Zusammensetzung. Die Zahl der Angestellten schwankte zwischen achtzehn und vier24) StR. ZI. 5406/1791, Hock-Bidermann, a. a. O., S. 635. 18. 1. 1792 gab Leopold jedem der beiden einen Kanzlisten bei, u. zw. Leon den bisherigen Ingrossisten der Tabakbuchhalterei in Klagenfurt Josef von Puchberg, Mährenthal den bisherigen Beamten des Generalhoftaxamtes Vinzenz Pittrich, (StR. ZI. 48, 243). Die von Leon und Mährenthal nach Beendigung ihrer Wirksamkeit am 15. Mai 1792 der staatsrätlichen Registratur übergebenen Kabinetts- und Staatsratsdiarien (StR. ZI. 1293) sind nicht erhalten. Über die Arbeitsweise der Staatskontrolle und über ihre Heranziehung zu Arbeiten des Staatsrates s. StR. ZI. 293, 295, 5562/1792, OAKA., 1 A: Denkschrift Leons 31. 1. 1792. 25) StR. ZI. 1293, Hock-Bidermann, a. a. O., S. 637 f. 25) Staatshandbuch 1793 bis 1835, siehe auch meine Auszüge zu den Biographien der Kabinettsangestellten Arch. Beh. 315 d 2/a, b.